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Markus Fischer/Paul Scherrer Institut | Juliette Billaud, Mit-Erstautorin der neuen Studie, und Claire Villevieille, Leiterin der Forschungsgruppe für Batteriematerialien am Paul Scherrer Institut.

© Markus Fischer/Paul Scherrer Institut | Juliette Billaud, Mit-Erstautorin der neuen Studie, und Claire Villevieille, Leiterin der Forschungsgruppe für Batteriematerialien am Paul Scherrer Institut.

So halten Akkus länger und laden schneller

Materialforscher des Paul Scherrer Instituts PSI in Villigen und der ETH Zürich haben ein sehr einfaches und kostengünstiges Verfahren entwickelt, um die Leistung herkömmlicher Lithium-Ionen-Akkus deutlich zu steigern.

Ob Armbanduhr, Smartphone, Laptop oder Auto, für alle Anwendungsbereiche lassen sich so die Akkus optimieren – das Verfahren ist in der Grösse skalierbar. Demnach hält eine Ladung nicht nur deutlich länger, auch das Aufladen erfolgt schneller. Über ihre Ergebnisse berichten die Forschenden in der neuesten Ausgabe des Fachjournals Nature Energy.

Um die Leistung von Akkus zu verbessern, muss man sie nicht unbedingt neu erfinden: Die meisten Forscher konzentrieren sich in diesem Wettbewerb auf die Entwicklung neuer Materialien, sagt Claire Villevieille, Leiterin der Forschungsgruppe Batteriematerialien am Paul Scherrer Institut PSI. Sie und ihre Mitarbeiterin Juliette Billaud sind in Kooperation mit Kollegen der ETH Zürich einen anderen Weg gegangen: Wir haben geschaut, wie viel Potenzial noch in den bestehenden Komponenten steckt. Allein, indem sie die Grafit-Anode einer herkömmlichen Lithium-Ionen-Batterie, also deren Minuspol, optimiert haben, erzielten die Forschenden einen Leistungssprung: Unter Laborbedingungen konnten wir die Ladekapazität teilweise verdreifachen. Diesen Wert wird man in kommerziellen Batterien wegen der Komplexität ihres Aufbaus womöglich nicht ganz erreichen. Aber die Leistung wird auf jeden Fall deutlich besser sein, vielleicht um 30 bis 50 Prozent – mit weiteren Experimenten werden wir da präzisere Prognosen liefern können.

Bestehende Komponenten zu verbessern habe den grossen Vorteil, dass für die industrielle Umsetzung weit weniger Entwicklungsarbeit nötig sei als für ein völlig neues Batteriedesign mit neuen Materialien: Alles, was es dazu braucht, gibt es bereits, sagt Villevieille. In ein oder zwei Jahren wären solche Akkus einsatzbereit, wenn ein Hersteller sich dessen annimmt. Das Verfahren sei einfach, kostengünstig und für Akkus in allen Grössenordnungen anwendbar – von Armbanduhr über Smartphone und Laptop bis zum Auto. Ausserdem, so Villevieille, sei es auf andere Materialien und Anode-Kathode-Batterien übertragbar – etwa solche, die auf Natrium basieren.

Flocken ordnen

Der Clou besteht in diesem Fall in der Fabrikation der Anode. Der Grafit, also der Kohlenstoff, aus dem sie besteht, liegt in dicht gepackten, winzigen Flocken vor – man kann sich eine solche Anode wie dunkelgraue Cornflakes vorstellen, die kreuz und quer zu einem Müsli-Riegel gepresst sind. Wenn ein Lithium-Ionen-Akku aufgeladen wird, wandern von der aus Lithium-Metalloxid bestehenden Kathode, dem Pluspol, Lithium-Ionen als Ladungsträger durch eine Elektrolytflüssigkeit zur Anode und lagern sich in dem Grafit-Riegel ein. Beim Gebrauch der Batterie fliessen die Ionen wieder zurück zur Kathode. Dabei allerdings müssen sie in dem dicht gepackten Wirrwarr aus Grafitflocken viele Umwege gehen, was die Leistung der Batterie beeinträchtigt.

Diese Umwege lassen sich grossteils vermeiden, wenn man die Flocken schon bei der Herstellung der Anode vertikal ausrichtet, so dass sie alle parallel zueinander von der Elektrodenebene in Richtung Kathode zeigen. Das Verfahren zu dieser Ausrichtung haben Forscher um André Studart an der ETH Zürich, die Experten in der Nanostrukturierung von Materialien sind, von einer bereits bekannten Methode zur Herstellung synthetischer Kompositmaterialien übernommen: Zunächst werden die Grafitflocken mit Nanopartikeln aus magnetischem Eisenoxid ummantelt und in eine Ethanolsuspension gegeben; sie sind nun also magnetisch und schwimmen in Alkohol. Die Suspension wird dann einem Magnetfeld von 100 Milli-Tesla ausgesetzt – das ist nicht stärker als das eines handelsüblichen kleinen Magneten, mit dem man etwa Fotos an den Kühlschrank heftet. Den Magneten lassen wir dabei rotieren, erklärt André Studart. Denn dann richten sich die Plättchen nicht nur alle vertikal aus, sondern sie drehen auch ihre Flächen parallel zueinander – wie Bücher im Regal. So sind wirklich alle fein geordnet und die Wege für die Lithium-Ionen so kurz wie möglich.

Kürzere Wege für die Ionen

Wie man auf Mikroskopaufnahmen sehen kann, behalten die Plättchen ihre neue Orientierung auch nach Trocknen der Suspension bei, wenn der Magnet bis zum Ende des Trockenvorgangs angeschlossen bleibt. Statt kreuz und quer zueinander liegen die Flocken in dem gepressten Grafitriegel nun also in Reih und Glied. So können die Lithium-Ionen nicht nur viel leichter und schneller fliessen, auch die Ladekapazität steigt – es können mehr Ionen andocken. Bei alldem bleibt die chemische Zusammensetzung der Batterie die gleiche, betont Claire Villevieille. Die verbleibenden Nanopartikel aus Eisenoxid seien zu vernachlässigen und hätten auf die Funktion keinerlei Einfluss. Wir haben nur den Aufbau der Anode optimiert.

Originalveröffentlichung
Magnetically aligned graphite electrodes for high rate performance Li-ion batteries |J. Billaud, F. Bouville, T. Magrini, C. Villevieille, A.R. Studart – Nature Energy 4. Juli 2016 (online) DOI: 10.1038/nenergy.2016.97

uliette Billaud, Florian Bouville, Tommaso Magrini/Paul Scherrer Institut, ETH Zürich | Die Grafitflocken in einer herkömmlichen Anode liegen kreuz und quer zueinander (oben links und mitte). Lithiumionen, die dort andocken oder wieder zurück zur Kathode wandern wollen, müssen Umwege gehen (oben rechts). Setzt man den Grafit jedoch einem rotierenden Magnetfeld aus (unten), so richten sich die Flocken in der Suspension alle vertikal und parallel zueinander aus. Diese Orientierung behalten sie auch nach Trocknen der Suspension bei (unten mitte). Die Ionen haben kürzere Wege (unten rechts).
Quelle

Paul Scherrer Institut PSI 2016 | Jan Berndorff

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