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© pixabay.com | RitaE | Bei der kurzen Lebensdauer vieler Produkte bleibt der Klimanutzen von CCU überschaubar.

Studie zur Klimaneutralität: Gutes und schlechtes CO₂ als Rohstoff

Gegenüber dem Slogan vom CO2 als „Super-Rohstoff“ ist Skepsis angebracht, macht eine Arbeit des Akademieprojekts „Energiesysteme der Zukunft“ deutlich. Solange das CO2 weiter aus fossilen Quellen stammt, ist der Nutzen fürs Klima eng begrenzt.

Wollen Medienleute übers Treibhausgas CO2 eine gute Nachricht verbreiten, verkünden sie gern die Botschaft, der Klimakiller sei doch auch ein Rohstoff – oder gar ein Super-Rohstoff.

Das ist, wie so oft bei guten Nachrichten, nicht ganz falsch, aber nur ein Teil der Wahrheit. Gemessen am Ziel Klimaneutralität gibt es, genau genommen, schlechtes und gutes CO2. Das zeigt ein gestern veröffentlichtes Impulspapier des Akademienprojekts „Energiesysteme der Zukunft“ (Esys). Auf den knapp 40 Seiten geht es um die Frage, wie der Klimakiller CO2 zum Baustein einer klimaneutralen Kohlenstoffwirtschaft werden kann.

Erstmal halten die Forscher fest: Auch künftig wird für viele nützliche Dinge wie Kunststoffe, Waschmittel oder Kosmetika jede Menge Kohlenstoff nötig sein. Bisher stammt dieser vor allem aus fossilem Erdöl und Erdgas.

Die daraus hergestellten Chemieprodukte – oder was nach Benutzung übrig ist – landen im Müll, werden in Deponien verkippt oder verbrannt, fließen ins Grundwasser oder verschmutzen die Weltmeere. Über kurz oder lang gelangt der „eingebaute“ fossile Kohlenstoff meist in Form von CO2 in die Atmosphäre und befeuert den Klimawandel.

Über 50 Millionen Tonnen CO2 aus Chemieprodukten

Diese sogenannten End-of-Life-Emissionen chemischer Erzeugnisse waren 2020 für fast acht Prozent der deutschen Treibhausgasemissionen verantwortlich, schreibt der Chemieverband VCI in seiner „Roadmap Chemie 2050“.

Das sind rund 57 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent – ungefähr halb so viele Emissionen, wie sie jährlich durch die Verbrennung deutscher Braunkohle entstehen.

Fossile Energieträger wie Kohle, Öl und Gas lassen sich dank der erneuerbaren Energien weitgehend CO2-frei ersetzen. So eine einfache Alternative gibt es in der Rohstoffwirtschaft nicht. Wie kann der als Rohstoff eingesetzte Kohlenstoff klimaneutral werden? Die Frage ist kompliziert.

Die erste Antwort, die sich auch den Esys-Fachleuten aufdrängt, lautet: In der Industrie ohnehin anfallendes fossiles CO2 wird nicht mehr einfach an die Luft gelassen, sondern abgeschieden und aufgefangen, dann wird das „C“ im Molekül für chemische Produkte oder synthetische Kraftstoffe genutzt. In der Fachsprache nennt sich das Verfahren Carbon Capture and Utilization (CCU), CO2-Abscheidung und -Nutzung.

Über so eine Weiterverwendung wären besonders Branchen wie Zement, Kalk oder Müllverbrennung ganz glücklich. Zum einen können sie das Entstehen von CO2 im Industrieprozess nicht oder nur schwer verhindern, zum anderen wissen sie nicht so recht, wohin mit dem Klimagas. Bisher gibt es nur die Idee, es irgendwo tief unterirdisch einzulagern, auch bekannt als Carbon Capture and Storage (CCS).

Da hat das Weiternutzen mittels CCU deutlich mehr Charme. Dabei sehen die Esys-Fachleute aber mehrere Probleme. Ein erstes: Wird das CO2 in Produkten gebunden, ist es zwar erstmal „weg“, seine Freisetzung ist aber nur hinausgeschoben.

CO2-Bindung in Produkten nicht vor 2030

Auch eine hundertprozentige Kreislaufwirtschaft würde da keinen Ausweg bieten, stellt die Esys-Ausarbeitung klar. Denn würde ständig neues fossiles CO2 in den Kreislauf eingebracht, müsste der Bestand an Produkten immer weiter zunehmen, um das zusätzliche CO2 zu binden.

Quelle

Der Bericht wurde von der Redaktion „klimareporter.de“ (Jörg Staude) 2024 verfasst – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung (post@klimareporter.de) weiterverbreitet werden! 

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