Wie die G20 die globale Energiewende vorantreiben kann
Wissenschaftler des IASS empfehlen Investitionsstopp für fossile Infra-struktur und ambitionierten Ausbau erneuerbarer Energien.
Am 7./8. Juli findet der G20-Gipfel unter deutscher Leitung in Hamburg statt. Auf der Tagesordnung der zwanzig wichtigsten Industrie- und Schwellenländer steht neben der Prävention von Finanzkrisen auch die Klima- und Energiepolitik. Erste Schritte, die die G20 in Richtung nachhaltiger Energieversorgung gegangen ist, reichen für eine grundlegende Transformation der Infrastruktur bei weitem nicht aus. Die G20 muss ambitionierter werden. Wie kann eine nachhaltige Energieagenda konkret aussehen?
Eine starke Energieagenda für Klimaschutz und finanzielle Stabilität
Die G20-Mitglieder sind für mehr als drei Viertel der Energienachfrage und über 80 Prozent der Kohlendioxidemissionen verantwortlich. Als Zusammenschluss üben sie hohen Einfluss auf die Weltbank und andere internationale Organisationen aus. ‘Die G20-Länder könnten die entscheidenden Weichen für die globale Energiewende stellen’, sagt IASS-Energieexpertin Sonja Thielges, ‘und das auch, wenn die USA unter der Regierung Trump nicht mitziehen’.
Um die globale Erwärmung wie in Paris vereinbart auf deutlich unter zwei Grad zu beschränken, muss das Energiesystem vollständig umgebaut werden, ein großer Teil der Kohle-, Öl- und Gasvorkommen darf nicht mehr gefördert werden. ‘Investitionen in fossile Energie stellen nicht nur ein Risiko für unser Klima, sondern auch für die Stabilität unseres Finanzsystems dar’, erklärt Rainer Quitzow, der am IASS die Transformation von Energiesystemen erforscht. Wenn etwa Kohle, wie jetzt schon abzusehen ist, in Zukunft immer weniger zur Energieerzeugung eingesetzt würde, würde der Wertverlust internationale Finanzmärkte destabilisieren.
Die Potsdamer Forscher sprechen sich für ein entschiedenes Ja zum Ausstieg aus fossilen Energien aus. ‘Gerade die deutsche Regierung könnte hier beispielhaft mit dem Abbau von Subventionen für fossile Energieträger vorangehen und dies auch im G20-Kontext verstärkt auf die Agenda setzen’, sagt IASS-Energieexpertin Sonja Thielges.
Nachhaltige Entwicklung bedeute, Herausforderungen wie den Klimawandel und Energiearmut gemeinsam anzugehen, ergänzt R. Andreas Kraemer, Senior Fellow am IASS: ‘Die G20-Mitglieder sollten sich eine ambitionierte positive Agenda setzen und erneuerbare Energien auch dorthin bringen, wo die Leute heute noch keine Elektrizität haben’.
Erneuerbare schaffen Arbeitsplätze und zukunftsfähige Geschäftsmodelle
Mit einem gemeinsamen Vorgehen in Sachen globaler Energiewende könnte die G20 ein wichtiges Signal für die ökologischen, aber auch ökonomischen Chancen erneuerbarer Energien für Gesellschaft und Wirtschaft setzen, erklärt Sebastian Helgenberger, Leiter eines Projektes zu sozialen und wirtschaftlichen Potentialen erneuerbarer Energien am IASS: ‘Der Wandel hin zu Windkraft und Solarenergie schafft Jobs und zukunftsfähige Geschäftsmodelle, verbessert die Luftqualität, entlastet damit das Gesundheitssystem und stärkt mit dem schnellen Zugang zu eigener Energie die kommunale Wertschöpfung.’
Gerade südlich des Mittelmeers könnten sich die G20-Länder stärker nachhaltig engagieren, empfehlen die IASS-Experten. Mit Deutschland, Japan, Frankreich und den USA gehören die mit Abstand größten bilateralen Geber internationaler Entwicklungszusammenarbeit im Energiesektor zu den G20. China ist mittlerweile auch im afrikanischen Energiesektor stark engagiert. Chinesische Unternehmen stemmen heute etwa ein Drittel der Energieinvestitionen auf dem Kontinent. ‘Der afrikanische Kontinent bietet enormes, aber kaum genutztes Potenzial für Sonnen-, Wind- und Wasserkraft’, sagt IASS-Forscher Rainer Quitzow, der gemeinsam mit dem T20-Netzwerk ein Papier mit Empfehlungen für die G20 verfasst hat.
Darin stellen die Forscher fest, dass Subventionen in fossile Energien in Afrika entscheidende Hürden für den kostspieligen Aufbau nachhaltiger Infrastruktur darstellen. ‘Wer Treibhausgase ausstößt und damit den Klimawandel ankurbelt, wird zurzeit auch noch bezuschusst. Die G20-Mitglieder sollten afrikanische Staaten deshalb dabei unterstützen, Subventionen in fossile Energien abzubauen und über Kohlendioxidbepreisung die richtigen Anreize zu schaffen’, erklärt Rainer Quitzow.
Quelle
Institute for Advanced Sustainability Studies Potsdam e.V. (IASS) 2017