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pixabay.com | RonnyK

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Alice Schwarzer zum Krieg: „Verhandeln und Frieden jetzt!“

Auf beiden Seiten zwangsrekrutierte und zum Krieg verdonnerte Männer. Wo Helden sind, seien Vergewaltigungen und Töten nicht weit.

220331 Alice Schwarzer SRF
Alice Schwarzer © srf

Auf ihrer Emma-Homepage fragt Frauenrechtlerin Alice Schwarzer: «Warum müssen täglich mehr Menschen sterben und Städte zerstört werden – wenn ein Kompromiss unvermeidlich ist? Warum wird der nicht jetzt gemacht? Und was ist mit den zwangsrekrutierten Männern zwischen 18 und 60? Und den flüchtenden Frauen und den Menschenhändlern, die auf sie lauern?»

„Krieg ist Krieg“

Die Bilder der zerstörten Städte und Massaker seien selbst für uns, die wir in Sicherheit sind, kaum zu ertragen. Die Täter seien neben russischen Soldaten wohl ebenso tschetschenische Söldner. Aber auch ukrainischen Soldaten habe man schon die gezielte Tötung russischer Gefangener nachgewiesen: «Krieg ist Krieg».

Die flüchtenden Frauen kämen alleine: «Die Männer sind vom ukrainischen Präsidenten qua Geschlecht zwangsverpflichtet worden.» Kein Mann zwischen 18 und 60 Jahren dürfe das Land verlassen. Alle seien Helden. Allen voran Präsident Selensky selber, der sich bereit erkläre, für sein Land zu sterben, sogar für die Freiheit des ganzen Westens: «Die im Westen, die nicht sterben wollen, sind für ihn ‹Schwächlinge›», schreibt Schwarzer.

Putin überziehe die Ukraine mit einem brutalen Angriffskrieg und rede ebenfalls von einem «wahrhaft grossen Heldentum» seiner Soldaten. Doch viele von ihnen seien arme Socken, schreibt Schwarzer: «Sie werden in ihrer Armee brutalisiert, kriegen nicht genug zu essen und wussten so manches Mal noch nicht einmal, dass sie in den Krieg gegen die Ukraine geschickt wurden. Doch wehe, wenn sie losgelassen. Dann plündern und vergewaltigen sie. Auf eigene Faust? Auf Befehl?»

«Helden? – Nein danke», sagt Schwarzer: «Wo Helden sind, sind die Vergewaltigten und das Töten nicht weit.»

„Längst ist ein Kompromiss fällig“

Um dem Töten und Vergewaltigen ein Ende zu bereiten, wäre «ein sehr früher Kompromiss richtig gewesen». Denn ein solcher müsse zu guter Letzt wahrscheinlich sowieso geschlossen werden. Er würde wahrscheinlich wie folgt aussehen: «Eine nato-freie Ukraine und ein Sonderstatus für den Donbas.» Doch es heisse, die Ukrainer könnten dank ihrer maximalen Wehrhaftigkeit ihre «Verhandlungsposition» verbessern.

«Um welchen Preis?», fragt Schwarzer: «Es gibt schon jetzt tausende Tote, auf beiden Seiten.»

„Heute scheint Putin nicht mehr erreichbar“

Alice Schwarzer vermutet, wie es zur jetzigen Verhärtung und Unmenschlichkeit Putins habe kommen können: «Weil die Nato immer näher an die russischen Grenzen rückte? Weil Selensky im Herbst 2021 den Beitritt der Ukraine zur Nato forderte, die mit Russland eine gemeinsame Grenze von 2’295 Kilometer hat? Man stelle sich nur mal vor, in Mexiko würden an der Grenze zu den USA russische Raketen stationiert …»

Heute scheine Putin nicht mehr erreichbar: «Das ist nicht nur für die Ukraine der Horror. Es zieht auch Russland in den Abgrund. Und es bedroht den Westen. Es gibt darum nur einen Weg: Verhandeln. Jetzt!»

„Zum Glück bleibt der Kanzler noch gelassen“

Für Schwarzer ist es «allerhöchste Zeit für Verhandlungen mit dem Präsidenten der zweitstärksten Atommacht der Welt, mit Putin». Denn längst sei nicht nur die kleine Ukraine bedroht. Schon jetzt bastle auch Deutschland an einem militärischen «Sicherheitsschirm». Die Innenministerin plane die Verstärkung alter Bunker und U-Bahn-Schächte.«Gleichzeitig hören forsche, so genannt kritische JournalistInnen nicht auf, von den PolitikerInnen zu fordern: Mehr Waffen für die Ukraine! Und sofortiger Stopp der Gaslieferungen! Zu unserem grossen Glück bleibt der Kanzler stoisch gelassen. Bisher. Ahnen seine KritikerInnen denn noch nicht einmal, dass wir in einen 3. Weltkrieg stolpern könnten? Wollen sie nicht verstehen, dass wir es besser dabei belassen sollten, maximale menschliche Hilfe zu leisten, für die Ukraine wie für die Flüchtlinge?»

Wie das möglich sei, würden gerade Tausende von Bürgerinnen der Nachbarländer der Ukraine zeigen, inklusive Deutschland: «Wobei es kein Zufall ist, dass an der vordersten Front des Lebens Frauen stehen – und an der vordersten Front des Todes Männer.»


Quelle

Der Bericht wurde von der Redaktion „INFOsperber.ch“ 2022 verfasst – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung weiterverbreitet werden! 

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