Das Dorf der Zukunft
Ein Dorf, das wirklich alles, was die Bewohner zum Leben brauchen, selbst produziert – hört sich nach einer Utopie an. Doch die Zukunft wird in den Niederlanden bereits in diesem Jahr Realität.
Das Essen – wächst in Gewächshäusern vor der eigenen Haustür, der Strom – stammt von regenerativen Energien, das Wasser – wird direkt in der Nachbarschaft gesammelt und der Müll – der ist kaum existent, da es eine nahezu vollständige Kreislaufwirtschaft gibt.
Hört sich nach einer fernen Utopie an, doch es ist das genaue Gegenteil. Denn in den Niederlanden wird der Nähe von Almere bereits daran gearbeitet, dass dieser Traum Realität wird. Hier entsteht seit diesem Sommer ein sogenanntes ReGen-Village – ein regeneratives Dorf, das komplett versorgungsunabhängig ist und in 18 Monaten bezogen werden soll.
Wie funktioniert die Selbstversorgung?
Doch wie funktioniert die Selbstversorgung? Der Erfinder der ReGen-Villages, der US-Amerikaner James Ehrlich hat zusammen mit dem dänischen Architektenbüro EFFEKT, zahlreiche Kreisläufe zu einem komplexen autarken System kombiniert. Grob gesagt gibt es vier Bereiche: Nahrungsmittel-, Wasser- und Energieversorgung und natürlich die Müllentsorgung.
Für das Essen bestehen im Dorf zahlreiche Produktionsstätten: normale saisonabhängige Gärten, über den 120 Quadratmeter Wohnfläche bietenden Gebäuden installierte, beheizte Gewächshäuser, Vertical Farms, Viehhaltung und Aquaponik. Bei Letzterem handelt es sich um eine Fischzucht, die mit Pflanzenanbau in Hydrokultur kombiniert wird, indem die Exkremente der Fische als Dünger für die Pflanzen genutzt werden. Gefüttert werden die Fische mit Fliegenlarven.
An dieser Stelle überschneiden sich die Kreisläufe der Nahrungsmittelproduktion und der Müllentsorgung. Denn die Soldatenfliegen ernähren sich genauso wie die zur Fleischproduktion gehaltenen Nutztiere von kompostiertem Abfall. Der unkompostierbare Bestandteil des Mülls wird dagegen zur Energieproduktion verbrannt – die nächste Überschneidung im Kreislaufsystem der ReGen-Villages. Die restliche benötigte Energie soll durch Solaranlagen und Biogasanlagen gedeckt werden. Überschüssige Energie wird gespeichert und versorgt das Dorf, auch wenn gerade keine produziert wird.
Bleibt nur noch die Wasserversorgung: Nach den Vorstellung von Ehrlich und Effekt soll das Regenwasser als Bewässerung und Trinkwasser gleichermaßen dienen – in einer gefilterten und einer ungefilterten Variante. Auch hier sorgen Speicher für die Versorgungssicherheit.
Keine neuen Erfindungen, doch ein intelligentes System
Mit ReGen-Villages wird das Rad nicht neu erfunden, sondern auf bekannte Technologien zurückgegriffen, die jedoch intelligent kombiniert werden. Mit dem neusten Stand der Agrartechnik wollen die Macher des Zukunftsdorfes einen zehnfachen Ernteertrag mit 90 Prozent weniger Wassereinsatz erzielen. Auch der Flächenverbrauch soll sinken. Lediglich 639 Qudratmeter Land soll zur Versorgung einer dreiköpfigen Familie genutzt werden. Zum Vergleich: nach Angaben der Effekt-Architekten wird aktuell bei herkömmlicher Landwirtschaft mit 8100 Qudratmetern ein Vielfaches davon benötigt.
ReGen-Villages – ein Konzept, das einen Nerv trifft. Nicht nur, dass das Projekt mehrfach ausgezeichnet wurde, auch die Warteliste für die künftigen Bewohner, auf die man sich auf der Dorf-Website eintragen kann, ist vollkommen überfüllt. Über 6500 potenzielle Bürger des ersten ReGen-Village haben per E-Mail Interesse bekundet. Da trifft es sich gut, dass es nicht bei einem Dorf in den Niederlanden bleibt. Denn das Konzept soll auch in Dänemark, Norwegen und Deutschland zum Einsatz kommen.