Der Africa Climate Summit – Wegweiser für ein klimafreundliches Wohlstandsmodell?
Relevanz und Zielsetzung des afrikanischen Klimagipfels
Vom 4. bis 6. September 2023 lädt der kenianische Präsident William Ruto zum Africa Climate Summit in Nairobi ein. Ziel ist es, eine alternative Klima-Entwicklungsagenda zu gestalten, die dem afrikanischen Kontinent den Weg ebnet, um in Zeiten der Klimakrise Wohlstand und menschliches Wohlergehen zu schaffen.
Der Africa Climate Summit findet vor dem Hintergrund einer sich stetig verschärfenden Klimakrise statt. Besonders der afrikanische Kontinent ist unverhältnismäßig stark betroffen und steht vor großen klimabedingten Herausforderungen. Dazu zählen etwa Dürren, Wüstenbildung, Starkregen und Wirbelstürme, die wiederum zu Vertreibung, Migration und Nahrungsmittelkrisen führen können.
Um eine weitere Verschärfung der Klimakrise zu verhindern und den globalen Temperaturanstieg auf 1,5°C zu beschränken, müssen laut dem 6. Sachstandsberichts des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) die globalen Emissionen bis 2030 um mindestens 43 % gegenüber 2019 sinken. Länder wie Deutschland, die sich auf der Grundlage fossiler Brennstoffe entwickelt haben, tragen eine besondere Verantwortung dafür, ihre Emissionen schnell zu reduzieren. Außerdem sollten sie andere Länder bei einem klimafreundlichen Entwicklungspfad unterstützen. Denn die außerordentlichen Herausforderungen der Klimakrise können nur durch globale Zusammenarbeit bewältigt werden.
Klimaschutz und Anpassung als Chance für Afrika
Die Einladung des kenianischen Präsidenten und der Afrikanischen Union zu einem Klimagipfel in Afrika setzt hierfür ein wichtiges Zeichen. Der Gipfel hat das Ziel, Länder im Rahmen einer ambitionierten Klimapolitik zusammenzuführen und neue Allianzen für gemeinsames Handeln unter Anerkennung des Prinzips der gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortung zu schaffen. Neben Nord-Süd-Allianzen sind hier auch eine vertiefte Süd-Süd-Kooperation und sowohl regionale als auch panafrikanische Zusammenarbeit entscheidend. Der Gipfel in Nairobi zeigt, dass sich Kenia als wichtiger Teil der Lösung der Klimakrise sieht. Das Selbstverständnis ist, dass die Bekämpfung der Klimakrise eine Chance darstellt, auch wenn der Kontinent bereits jetzt erheblich unter den Auswirkungen leidet.
So verfügt der afrikanische Kontinent zum Beispiel über ein enormes Potenzial für Erneuerbare Energien. Anders als bei fossilen Brennstoffen, kann Strom aus Erneuerbaren Energien dezentral produziert werden und besonders effizient, verlässlich und günstig Zugang zu Elektrizität schaffen, insbesondere in ländlichen Regionen. Die dezentrale Energieerzeugung bringt außerdem neue Geschäftsmöglichkeiten mit sich, wie zum Beispiel Energiegenossenschaften und andere Gewerbe. Damit schafft sie mehr Arbeitsplätze pro investiertem Dollar als fossile Brennstoffe. Durch die Nutzung dieses Potenzials können afrikanische Staaten also eine Zukunft schaffen, in der nachhaltige Lösungen gemeinsamen wirtschaftlichen Wohlstand und menschliches Wohlergehen fördern. Der Africa Climate Summit möchte genau diese Chancen hervorheben und positive, befähigende Narrative für eine grüne, nachhaltige Wirtschaftsentwicklung in Afrika entwickeln.
Klimakrise als Herausforderung nicht unterschätzen
Die Herausforderungen sollen dabei allerdings nicht außer Acht gelassen werden, sondern immer in Zusammenhang mit Lösungsmöglichkeiten und Entwicklungspotenzial betrachtet werden. Afrika ist unverhältnismäßig stark von den Auswirkungen der Klimakrise betroffen. So bleiben Regenfälle in Ostafrika bereits das fünfte Jahr in Folge aus. Andere Regionen haben mit starken Überflutungen zu kämpfen. Oft haben Menschen nicht die Möglichkeit, sich schnell genug an die Klimakrise anzupassen. Die durch Umweltkatastrophen erlittenen Schäden und Verluste reduzieren die Anpassungs- und Resilienzfähigkeit weiter – und damit gesamtgesellschaftliche Entwicklungschancen.
Fehlende Resilienz ist nicht nur eine makroökonomische und fiskalische Herausforderung, sondern ein Querschnittsthema, das sich auf alle Lebensbereiche auswirkt, einschließlich Ernährungssicherheit, menschliches Wohlbefinden, sicherer Lebensunterhalt sowie Frieden und Stabilität. Es ist wichtig, dass Lösungen zur Förderung einer resilienten Gesellschaft über Ansätze zur Stärkung der finanziellen und wirtschaftlichen Resilienz, die zum Beispiel Klimarisikoversicherungen verfolgen, hinausgehen. Resiliente Gesellschaften werden nicht allein dadurch aufgebaut, dass mehr Geld ausgegeben und mobilisiert wird, sondern vielmehr dadurch, dass die Ursachen mangelnder Resilienz verstanden und bekämpft werden. Um dies zu erreichen, ist es wichtig, dass alle betroffenen Akteur:innen, insbesondere die Zivilgesellschaft, die Möglichkeit haben, am Gipfel teilzunehmen und sich aktiv in die Debatten einzubringen. Gleichzeitig soll der Gipfel finanzielle Ressourcen aus öffentlichen und privaten Töpfen mobilisieren, damit die entwickelten Lösungen tatsächlich umgesetzt werden können.
Erwartungen an Deutschland
Das Veranstaltungsland Kenia ist eines der wichtigsten Partnerländer Deutschlands auf dem afrikanischen Kontinent. Kenia hat sich als Vorreiter in Sachen Klima und Erneuerbare Energien positioniert, indem es sich verpflichtet, (1) bis 2030 den Sprung zu 100 % Erneuerbaren Energien zu schaffen und (2) seiner gesamten Bevölkerung den Zugang zu Energie zu ermöglichen. Damit zeigt Kenia die Bereitschaft, tiefgreifende Veränderungsprozesse anzustoßen und geht mit gutem Beispiel voran. Auch die Ausrichtung des Africa Climate Summits zeigt Kenias Führungsrolle auf dem afrikanischen Kontinent und international. Für Deutschland sind Partnerschaften mit solchen Vorreiterländern wichtig, denn sie zeigen auf, dass ambitionierter Klimaschutz überall auf der Welt möglich ist.
Die Zielsetzung des Gipfels stellt einen klaren Handlungsauftrag an die deutsche Regierung. Um zum Erfolg des Gipfels beizutragen, muss Deutschland umfassende Unterstützung für Maßnahmen, die resilienten und entwicklungsorientierten Klimaschutz voranbringen, zusagen. Dies ist auch vor dem Hintergrund wichtig, dass Bundeskanzler Olaf Scholz zum vierten G20-Investitionsgipfel „Compact with Africa“ am 20. November 2023 in Berlin einlädt. Auch auf diesem Gipfel stehen Investitionen des Privatsektors im Vordergrund, die die wirtschaftliche Entwicklung des afrikanischen Kontinents nachhaltig voranbringen sollen. Deutschland sollte eng mit Kenia zusammenarbeiten und die Ausrichtung des „Compact With Africa“-Gipfels von den Ergebnissen des Africa Climate Summits abhängig machen.
Quelle
Germanwatch.org 2023 / Leonie Beaucamp (Germanwatch), Joachim Fünfgelt (Brot für die Welt), Kerstin Opfer (Germanwatch), Madeleine Wörner (Misereor)