Die Stadt der Zukunft
Städtische Ballungsräume wachsen weltweit rasant.
Neue Infrastrukturen verknüpfen Wasser und Energie. Forscher entwickeln deshalb nachhaltige Konzepte für die Stadt der Zukunft. Elektrofahrzeuge, Solartankstellen und Plusenergiehäuser prägen das visionäre Stadtbild. Aber wie sehen Metropolen künftig unter der Erde aus? Aktuelle Forschungsarbeiten des ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung beschäftigen sich mit neuen Lösungen für „unterirdische“ Abwasserprobleme.
Bereits heute leben zwei Drittel der Menschen in Städten oder Ballungsgebieten. Die Kanalisationssysteme kommen an ihre Grenzen, auch in Deutschland. Im 19. Jahrhundert gebaut und stetig weiterentwickelt, weist die Abwasserentsorgung heute zwar hohe Technik- und Hygienestandards auf. Doch es wird immer schwieriger, mit dem schnellen Bevölkerungsanstieg Schritt zu halten. Auch werden die Auflagen hinsichtlich des Umwelt- und Klimaschutzes steigen. „Den notwendigen Anforderungen an Energie- und Ressourceneffizenz können die herkömmlichen Systeme kaum gerecht werden“, sagt ISOE-Wasserexperte Engelbert Schramm.
Kanalisation der Zukunft: Mit flexiblen Modulen Abwasser als Ressource nutzen
Zukunftsfähige Wasserinfrastrukturen setzen deshalb auf eine nachhaltige Umnutzung der bestehenden Wasser- und Abwasserwirtschaftssysteme. Das bedeutet eine gezielte Umgestaltung der Wasserver- und Abwasserentsorgung in deutlich kleineren Größenordnungen – mit flexiblen Modulen, die intelligent miteinander vernetzt werden können.
„Die Kanalisation der Zukunft sieht nämlich nicht mehr vor, dass alle Haushalte ihr gesamtes Abwasser zusammen abführen“, sagt Schramm, „vielmehr trennen wir nach Abwasserqualitäten und nutzen Wasser somit als Ressource. Je nach Art der Verschmutzung kann es aufbereitet und wiederverwendet werden.“
Konventionell wird aus den Haushalten das gesamte Abwasser zusammen in die Kläranlage geführt. Egal ob stark verschmutztes Toilettenwasser oder gering verschmutztes Wasser aus Küche oder Bad – alles fließt als Gemisch durch die Kanalisation in die entfernt gelegene zentrale Kläranlage, wo es dann erst behandelt wird.
„Wenn wir die unterschiedlichen Wasserströme und -qualitäten aber schon im Gebäude trennen und nahe am Verbrauchsort behandeln, können wir es den Haushalten für einen entsprechenden Gebrauch, etwa für die Toilettenspülung, gleich wieder zuführen“, erklärt Wasserforscher Schramm. Für viele Verbraucher sei das Wassersparen ja nicht nur aus Umweltgründen attraktiv, sondern auch angesichts der Kosten.
Beitrag zur Energiewende: Das energetische Potenzial von Abwasser
Vor allem in kleineren Bebauungseinheiten, die über gemeinsame Systeme zur Wiederaufbereitung von Grauwasser verfügen, ergibt sich laut Schramm ein weiterer Vorteil: Diese Systeme können sich dem Bevölkerungswachstum flexibel anpassen. Die neuartigen, flexiblen Komponenten haben zudem den Vorteil, dass sie ressourceneffizienter betrieben werden können. „Aus Abwasser Energie zu gewinnen, ist natürlich keine ganz neue Idee“, erläutert Engelbert Schramm. „Neu ist die Nutzung des energetischen Potenzials von Abwasser im großen Stil, wie wir sie derzeit in Pilotprojekten erforschen und wie sie für die Energiewende relevant werden kann.“
Schramm ist Leiter des Forschungsschwerpunkts Wasserinfrastruktur und Risikoanalysen am ISOE. Mit seinem Team unterstützt er derzeit die weltgrößte Umsetzung einer neuartigen Frischwasserver- und Abwasserentsorgung im chinesischen Qingdao unter der Leitung der Technischen Universität Darmstadt. Außerdem analysieren die ISOE-Expertinnen und -Experten das Nutzerverhalten der Bewohner des in Deutschland bislang erstmals auf Quartiersdimension umgesetzten Entwässerungs- und Energiegewinnungskonzept HAMBURG WATER Cycle in der Jenfelder Au. Auch in einem neuen Wohngebiet im Frankfurter Stadtteil Bockenheim werden innovative Systemvarianten erprobt. In der Salvador-Allende-Straße ist ein Passivhausneubau mit ca. 70 Wohnungen geplant, in dem die Wärmerückgewinnung aus dem Abwasser als Maßnahme der energetischen Optimierung des Wohnblocks umgesetzt wird.
Mehr zu den einzelnen Projekten in China, Hamburg, Jenfelder Auund Frankfurt am Main
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„Intelligent Cities“ zeigt, wie Leben und Wirtschaften in der Stadt intelligenter gestaltet werden können und anhand von vielen bereits umgesetzten Best bzw. Good Practice-Beispielen wird der Frage möglichst anwendungsorientiert nachgegangen.
Bürgermeister, Kommunalverantwortliche, Stadtplaner oder andere interessierte Leser demonstrieren, dass Maßnahmen oft leichter umzusetzen sind als gedacht.
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Quelle
ISOE – Institut fuer sozial-oekologische Forschung, Melanie Neugart 2014