Macron ist Frankreichs neuer Präsident
Sicherlich atmen mit der Wahl von Macron zum achten Präsidenten der Fünften Republik auch Umweltschützer erst einmal auf. In Jubelstimmung dürften sie aber kaum verfallen. Ein Kommentar von Susanne Götze
Der Kronprinz von Hollande
„Die Umwelt zieht nicht in die zweite Runde ein“, titelte die linksliberale Zeitung Liberation wenige Tage, nachdem der liberale Emmanuel Macron und die rechtsextreme Marine Le Pen als stärkste Kandidaten aus der ersten Wahlrunde in Frankreich hervorgegangen waren. Macron wird die Politik seines Vorgängers François Hollande fortsetzen wird – mit etwas anderen Akzenten natürlich. Und das ist eben kein Grund zur Freude.
Zwar hat Hollande einige wichtige Projekte wie das erste Energiewendegesetz und das Biodiversitätsgesetz auf den Weg gebracht. Doch Kritiker bemängeln zu Recht, dass den beiden Vorhaben zwar hehre Ziele, aber wenig handfeste Instrumente mitgegeben wurden.
Hollandes pseudogrüne Politik hinterlässt einen Scherbenhaufen
In anderen wichtigen Fragen wie der Schließung des alten Atomkraftwerks Fessenheim oder beim Fiasko um den geplanten – und auch von Experten als überflüssig bezeichneten – Flughafen Notre-Dame-des-Landes bei Nantes ist die letzten fünf Jahre gar nichts passiert. Vorhaben wie eine geplante Ökosteuer auf Lkw-Transporte zugunsten des Zugverkehrs gab Hollande auf.
Der zum 15. Mai scheidende Präsident verlieh seinem Programm vor allem auf Druck der anfangs mitregierenden Grünen (Les Verts) einen umweltfreundlichen Anstrich. Das hatte für den grünen Partner dramatische Folgen: Weil es sich eben nur um einen Anstrich und keine wirklich ökologische Politik handelte, zerstritten und spalteten sich die Grünen.
Heute sind sie in der politischen Landschaft Frankreichs quasi bedeutungslos geworden. Der grüne Kandidat Yannick Jadot spielte zur Präsidentschaftswahl kaum mehr eine Rolle und schloss sich schließlich dem sozialistischen Kandidaten Benoît Hamon an – das ist ungefähr so, als wenn Cem Özdemir sich zugunsten von Martin Schulz zurückziehen würde, damit die SPD noch eine Chance hat.
Es stimmt, dass – wie Liberation schreibt – die Umwelt nicht gewählt wurde. Ökologie ist kein wirkliches Herzensanliegen des ehemaligen Investmentbankers und Politikberaters Macron.
Wird Umwelt ins Parlament gewählt?
Dennoch gab es bei den Wahlen drei Kandidaten, die Klima- und Umweltschutz zu einem Kernanliegen ihrer Programme gemacht hatten: Der Sozialist Benoît Hamon, der Linke Jean-Luc Mélenchon und der Antikapitalist Philippe Poutou. Zusammen haben sie bei der ersten Runde immerhin 27 Prozent der Stimmen eingefahren. Wird Macron einer solchen Opposition im Parlament gegenüberstehen, bleibt das Thema zumindest für die nächsten fünf Jahre auf der Agenda.
Denn schon am 11. und 18. Juni wird in Frankeich ein neues Parlament gewählt. Dessen Kräfteverhältnisse werden darüber entscheiden, ob Macrons neu gegründete Partei „En Marche“ nur eine One-Man-Show ist oder wirklich eine „Bewegung“, wie sie von seinen Befürwortern gern bezeichnet wird, und ob sein Sieg wirklich eine Zäsur in der Geschichte des Parteiensystems der Fünften Republik ist.
Geben die Wähler dem Präsidenten und seiner Partei nicht die nötige Unterstützung im Parlament, bleibt Macron am Ende ziemlich allein auf weiter Flur und sitzt quasi permanent zwischen den Stühlen. Es besteht die Gefahr, dass seiner Politik dann die Struktur fehlen wird, weil er genötigt ist, sich von einem Kompromiss zum nächsten und von einem Klüngel zum nächsten zu hangeln, um überhaupt zu Entscheidungen zu kommen. Große Fortschritte oder gar eine ökologische Transformation der französischen Wirtschaft wird es mit Macron so oder so nicht geben.
Quelle
Der Bericht wurde von der Redaktion „KLIMARETTER.INFO“ (Susanne Götze) 2017 verfasst – das Nachrichten- und Debattenmagazin zu Klima und Energiewende – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung von „Klimaretter.info“ (post@klimaretter.info) weiterverbreitet werden! Susanne Götze, Redakteurin bei klimaretter.info, zur Wahl von Emmanuel Macron zum neuen Präsidenten Frankreichs.