Die sieben Rechtspflichten für den Klimaschutz
Rechtliche Pflichten aus dem Klimaschutzgesetz und dem Kohle-Ausstiegsgesetz werden von den Bundesregierungen teilweise seit Jahren nicht erfüllt. Sieben dieser Vorgaben listet der Klima-Expertenrat jetzt erneut in einer Stellungnahme auf, fünf davon sind nach wie vor offen.
Erinnern Sie sich an den 15. August 2022? Manch ein Politiker, Wissenschaftler oder Umweltschützer tut das schon. Spätestens an dem Tag vor drei Jahren hätte die damalige Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP dem Bundestag einen Evaluationsbericht vorlegen müssen, wie sich der Kohleausstieg auf die Versorgung mit Energie, auf Preise und Klimaschutz auswirkt.
Die Terminvorgabe findet sich im Paragrafen 54 des Kohleverstromungsbeendigungsgesetzes. Der dort verlangte Bericht liegt bis heute nicht vor – eine von mehreren rechtlichen Leerstellen beim Klimaschutz, die teilweise seit Jahren von Bundesregierungen mehr oder weniger ignoriert werden.
Zur ausstehenden Kohle-Evaluation stammt der letzte öffentliche Vorgang aus dem Sommer dieses Jahres. Der Bundestagsabgeordnete Dieter Stier (CDU) fragte, bis wann die Bundesregierung dem Parlament nun den Bericht vorlegen wolle.
Gemäß dem Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD sollten aus dem Kohlebeendigungsgesetz ausstehende Berichte „umgehend vorgelegt werden“, antwortete Wirtschaftsstaatssekretär Frank Wetzel dem Unionsabgeordneten Ende Juni. Ein genaues Datum zur Vorlage der Evaluierung stehe noch nicht fest, schränkte Wetzel wieder ein.
Bericht zum Kohleausstieg weiter nicht in Sicht
Gut ein halbes Jahr später liegt der Bericht zum Kohleausstieg noch immer nicht vor. Die Jahre alte Fehlstelle tauchte dafür im November in einem Papier des Expertenrats für Klimafragen auf. Auf 24 Seiten nimmt der Klimarat Stellung zu den Verfassungsbeschwerden zum Klimaschutzgesetz, die in Karlsruhe anhängig sind.
Die ausstehende Evaluation des Kohleausstiegs ist dabei nur eine von insgesamt sieben Rechtspflichten im Klimaschutz auf Bundesebene, die vom Expertenrat als offener gesetzlicher Handlungsbedarf aufgeführt werden, zu finden auf Seite 13 der Stellungnahme.
Fristgerecht ausführen lässt sich nur noch eine dieser sieben Rechtspflichten: die Vorlage des neuen Klimaschutzprogramms. Dazu lässt das Klimagesetz bis Ende März 2026 Zeit. Nach allem, was zu hören ist, will der Bundesumweltminister den Entwurf für das Programm immer noch in diesem Dezember vorlegen.
Eine weitere, vom Expertenrat im November noch als offen gelistete Aufgabe ist zwischenzeitlich erledigt. Das ist die bis zum 15. Juni 2025 vorzulegende Unterrichtung des Bundestags über die Verfehlung der Ziele in der europäischen Lastenteilung, der sogenannten Effort Sharing Regulation.
Europäische Klimapflichten werden deutlich gerissen
Die vom Umweltministerium erstellte Unterrichtung wurde mit Datum 19. Juni 2025 vom Bundestag veröffentlicht. Darin findet sich die bekannte Prognose, dass Deutschland seine EU-Klimapflichten in den Bereichen Verkehr und Gebäude um mehr als 220 Millionen Tonnen CO2 reißen wird. Wenn Deutschland diese Menge nach 2030 mit zugekauften Emissionszertifikaten ausgleichen muss, könnte das einen zweistelligen Milliardenbetrag kosten.
Eine Nachfrage beim Expertenrat ergab: Dass die im Juni erfolgte Effort-Sharing-Unterrichtung in der November-Liste noch als offen gekennzeichnet ist, liegt daran, dass die Liste unverändert aus dem am 15. Mai 2025 vorgelegten Prüfbericht zu den Treibhausgasemissionen übernommen worden war, dort auf Seite 26 zu finden. Es wäre gut gewesen anzumerken, dass die Unterrichtung inzwischen erfolgte, bedauert das Gremium gegenüber Klimareporter°.
Die restlichen vier Vorgaben, allesamt aus dem Klimaschutzgesetz, sind aber tatsächlich von den wechselnden Regierungen noch nicht erledigt. Zwei davon waren bereits 2024 fällig.
Das betrifft im Klimaschutzgesetz zum einen die Überführung der Jahresziele aus Anlage 3 in Jahresemissionsmengen gemäß Paragraf 4, Absatz 4 sowie die Festlegung von Jahreszielen für die Sektoren aus Anlage 1 Nr. 1‑6 für die Jahre 2031 bis 2040 gemäß Paragraf 5 Absatz 8.
Klimaziele nach 2030 schwierig zu kalkulieren
Hinter dem Paragrafen-Wust verbirgt sich ein entscheidender Punkt dafür, wie nach 2030 der Pfad zur Klimaneutralität 2045 in konkrete CO2-Minderungsmengen umgesetzt werden soll – sowohl was die jährlichen Gesamtemissionen Deutschlands betrifft als auch die einzelnen Sektoren Energie, Industrie, Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft, Abfall und Landnutzung.
Bis 2030 hat sich Deutschland vorgenommen, die CO2-Emissionen gegenüber 1990 um 65 Prozent zu senken. Die Marke wird, einiges Schönrechnen eingeschlossen, wohl knapp bis weniger knapp erreicht werden.
Aber wie geht dann mit der Reduktion weiter?
Quelle
Der Bericht wurde von der Redaktion „klimareporter.de“ (Jörg Staude) 2025 verfasst – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung (post@klimareporter.de) weiterverbreitet werden!







