‹ Zurück zur Übersicht

© Sonnenseite

Bremser der Bürgerenergiewende (Teil 2)

Vor vier Jahren war die öffentliche Debatte ebenso durch ein Energiethema geprägt: Die Atomenergie, zu der trotz bestehenden Ausstiegsbeschlusses, klarer Gesetzeslage und ablehnender Haltung der Bevölkerung lange vor der Bundestagswahl eine gewaltige, wie sich später zeigte, erfolgreiche  Pro-Kernenergie-Kampagne gestartet worden war. Am 28. Oktober 2010, beschloss der Bundestag mit den Stimmen von Union und FDP die Verlängerung der Laufzeiten für die Atomkraftwerke.  Gastkommentar von Tina Ternus (Teil 2)

Diese Entwicklung war kein Zufall, sondern Kalkül im Rahmen einer ausgefeilten Kommunikationsstrategie, für die zwei zugespielte Originaldokumente zweier PR-Agenturen vorliegen

1. PR-Agentur Deekeling Arndt-Advisors (kam zur Ausführung)

Der Auftrag war – ganz im Sinne des Auftraggebers Deutsches Atomforum, in dem sich die vier Betreiber der deutschen Atomkraftwerke – RWE, Vattenfall, Eon und EnBW – zusammengeschlossen haben, “die politische-öffentliche Debatte um die Verlängerung  der Restlaufzeiten deutscher Kernkraftwerke positiv zu beeinflussen“ (Dokument Deekeling Arndt Advisors Teil 1, S. 3). Der Auftragszeitraum ging von Mai 2008 bis zur Bundestagswahl im September 2009.

2. PRGS (Akquisepapier „Kommunikationskonzept Kernenergie“ für e.on)

Die wichtigste Aussage bei den Handlungsempfehlungen für e.on findet man auf S. 93: „ …Politiker bevorzugen wie Journalisten quellenbasiertes Informationsmaterial, das dieNeutralität der Information suggeriert.”

Das gesamte Kapitel 5 des Kommunikationskonzepts Kernenergie (ab S. 81) ist eine Methodenbeschreibung: Die konkreten Ziele hinter einzelnen Maßnahmen sollen nicht zu deutlich werden, externe Studien für mehr Glaubwürdigkeit sorgen, um die eigenen Botschaften und Ziele vermeintlich neutral zu verpacken => „bestellte Wahrheiten“

Diese offensichtliche Meinungsbeeinflussung ist keine Verschwörungstheorie, sondern war praktizierte Realität 2008/2009 im Zuge des Vorhabens “die politische-öffentliche Debatte um die Verlängerung der Restlaufzeiten deutscher Kernkraftwerke positiv zu beeinflussen“ mit dem gewünschten Ergebnis am 28. Oktober 2010.

Im Zuge dieser Bemühungen rechnete bereits Juli 2008 z.B. Manuel Frondel vom Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) eine Entlastung von mindestens 50 Milliarden Euro vor, sollten die Laufzeiten der Atomkraftwerke um 20 Jahre verlängert werden. Dies wurde von dpa, BILD („7 Wahrheiten über Kernkraft“), Welt, focus und anderen Medien breit veröffentlicht.

Das RWI-Institut ist ein wirtschaftsnahes Institut, das jeweils zu etwa einem Drittel durch den Bund, das Land NRW und über Drittmittel finanziert wird, wie z.B. über die Gesellschaft der Freunde und Förderer des RWI. Präsident dieser Gesellschaft war ab 1996 Dietmar Kuhnt(Vorstandsvorsitzender RWE AG 1995-2003), danach bis letztes Jahr (Juni 2012) Rolf Pohlig (Finanzvorstand RWE AG bis Ende 2011).

Der jetzige Präsident der Gesellschaft ist Manfred Breuer. Das „nah“ könnte auch wörtlich genommen werden. Zwischen dem RWE Hauptsitz in Essen und dem RWI-Institut liegen gerade mal 9 Minuten Fußweg durch den Stadtgarten.

Ausschlaggebend für den Beschluss der Laufzeitverlängerung wurde jedoch diese Studie des wirtschaftsnahen Instituts EWI, die parallel zur bereits erwähnten Anzeigenkampagne der 40 Manager veroffentlicht wurde. Das EWI ist ein Institut, das von e.on und RWE gefördert wird, bzw. auch über den „Förderverein Gesellschaft zur Förderung des Energiewirtschaftlichen Instituts an der Universität zu Köln e.V.“, der wiederum von deutschen Energieversorgungsunternehmen und Organisationen der deutschen Energiewirtschaft finanziert wird.

Quelle

Autorin: Tina Ternus 2013 | http://pvbuero.deSozialisiert durch das Thema Energie seit der Kindheit. Physikingenieurin und Energiewirtin. Seit 23 Jahren in der Solarbranche und seit 30 Jahren ehrenamtlich aktiv für eine atomfreie Zukunft und den dezentralen, erneuerbaren Umbau unserer Energieversorgung. Tina Ternus ist Gründungsmitglied der Energieblogger Tagesseminar bei der Solarpraxi:Die PV als Sündenbock: Erfolgreiche Kommunikation im aktuellen Streit um die Kosten der Photovoltaik (4.November 2013)Referentinnen: Dipl.-Ing. Tina Ternus | Antje Radcke Björn-Lars Kuhn 2013 ist einer der Inhaber der Proteus Solutions GbR und Redakteuer dieser Nachrichtenseite.Er ist zudem Gründungsmitglied der Energieblogger

Diese Meldung teilen

‹ Zurück zur Übersicht

Das könnte Sie auch interessieren