Höhenwind-, Strömungs-, Osmosekraftwerke u.a. brauchen endlich politische Unterstützung
Seit Jahrzehnten gibt es Ideen, Forschungsergebnisse, Startups in vielen erfolgversprechenden Technologien, die CO2-freien Strom in großen Mengen erzeugen könnten. Doch nur wenige schafften einen Marktdurchbruch.
Dabei würden alle gebraucht, um den Klimawandel zu stoppen und die Energieversorgung auf 100% Erneuerbare Energien umzustellen. Denn viele von ihnen haben große Potentiale für heimische CO2-freie Stromerzeugung. Drei Beispiele neben vielen anderen sind Osmosekraftwerke, Strömungskraftwerke, Höhenwindkraftwerke. Sie alle sind nicht nur ein Beitrag zum Klimaschutz, sondern auch zur heimischen Energieversorgungssicherheit und sind sehr umweltfreundlich. So lassen sie zum Beispiel auch die Fließgewässerökologie unberührt, Fische werden in ihrem Lebensraum nicht behindert.
Osmosekraftwerke
Osmosekraftwerke, auch Salzgradientenkraftwerke genannt, nutzen den osmotischen Druckunterschied von Süß- und Salzwasser an Flußmündungen um Strom zu produzieren.
Eine erste Pilotanlage 2009 in Norwegen hat längst den Betrieb eingestellt, da es keine politische Unterstützung, z.B. mit einer eigens darauf abgestimmten Einspeisevergütung gibt, die der Betreiber Statkraft vom norwegischen Staat erhoffte.
Immerhin könnte mit Osmoskraftwerken an Flussmündungen weltweit soviel Strom erzeugt werden, wie halb Europa braucht. Und gerade an Flußmündungen liegen viele der großen Megacities der Welt.
Strömungskraftwerke
Die Strömung von Flüssen zu nutzen um ohne Aufstauungen Energie zu erzeugen hat eine lange Tradition in der Menschheitsgeschichte. Schon in der Antike wurden solche Strömungskraftwerke an Flüssen genutzt.
Ein riesiges CO2 freies Strompotential liegt brach. Man denke nicht nur an Flüsse, wie den Rhein, Donau oder Elbe in Deutschland, wo perlschnurartig große Mengen an solchen kleinen Strömungskraftwerken aufgebaut werden könnten. Insbesondere an den großen Flüssen der Welt, Nil, Jangtsekiang, Mississippi, Amazonas, Wolga oder Lena läßt ahnen welche gigantischen CO2-freie Energiemengen die Menschheit bis heute ungenutzt läßt und statt dessen mit Kohle, Erdgas, Erdöl und Atomkraft Klima und Umwelt verschmutzt und Geld zur Kriegsfinanzierung z.B. in die Arabischen Länder sendet.
Jüngere Forschungen und Pilotprojekte gibt es viele. Allesamt schafften sie bis heute den Durchbruch nicht. Sogar für langsam fließende Flüsse wurden Technologien entwickelt.
Vielleicht gelingt es endlich der Technologie Strom Boje der Firma Aqua Libre GmbH den Durchbruch zu schaffen. Sie hat nun eine technologische Neuheit angekündigt und geht an Donau und Rhein erste Projekte an.
Höhenwindkraftwerke
Höhenwindenergie (HWE), auf Englisch „Airborne Wind Energy (AWE)“, ist eine revolutionäre Technologie, die mittlerweile bereit für den Markteintritt ist. Höhenwindenergieanlagen erzeugen Strom mittels automatisierter, an einem Seil befestigter Fluggeräte oder Drachen. Sie erschließen zusätzliche Windressourcen in Höhen von bis zu 800m und dies bei 90% weniger Materialeinsatz und gleichzeitig einem hohem Kapazitätsfaktor. Die Anlagen passen in Standardcontainer, was die Logistik bei der Aufstellung erheblich vereinfacht und in Zukunft eine Massenproduktion ähnlich wie im Automobilbereich ermöglicht.
Bisher gibt es außer Forschungsförderung keine Markeinführungsunterstützung der Politik. So ist Höhenwindenergie im EEG nicht definiert, weshalb es keine spezifische Vergütung gibt. Zudem berücksichtigen auch die Regularien zum Luftraum und zur Luftverkehrssicherheit die Technologie Höhenwindenergie noch nicht ausreichend.
Höhenwindenergie ins EEG
Höhenwindenergieanlagen (HWE) sollten daher als eigenständige Windenergietechnologie ins EEG aufgenommen werden, da sie nicht unter das gängige Verständnis einer Windenergieanlage mit Turm und Rotor fallen. Die ersten kommerziellen Höhenwindenergieanlagen liegen im Bereich von 150 kW; in den nächsten Jahren werden sie in die MW-Klasse skaliert. Damit sind sie bereits größer als Kleinwindanlagen (<50 kW), aber noch deutlich kleiner als etablierte dreiflügelige Windenergieanlagen und daher passen sie auch nicht in das im EEG vorhandene Vergütungsschema für Windkraft.
Der europäische Verband des Höhenwindenergiesektors (Airborne Wind Europe) hat nun einen Vorschlag unterbreitet, wie die Höhenwindkraftwerke mit einem eigenen Vergütungssatz im EEG berücksichtigt werden könnten.
Er schlägt für die Jahre 2024 und 2025 20 Cent/ pro kWh vor, was schon deutlich niedriger liegt, als am Anfang für die Solarstromerzeugung nötig war. Diese lag im EEG 2000 bei ca. 50 Cent/kWh.
Eine schnelle Degression mit Markthochlauf könnte die Höhenwindtechnologie in einigen Jahren mit heutigen Windkraftanlagen wettbewerbsfähig machen. Das kürzlich ermittelte Potenzial in Deutschland liegt bei mehreren Dutzend Gigawatt, wobei die hohe Anfangsvergütung wohl nur für die ersten, wenigen Megawatt anfallen würde.
Vereinbar mit Luftverkehr
Auch für die Risikominderung für Kollisionen mit Flugzeugen hat der Verband kluge Vorschläge einwickelt.
Generell sollten andere Luftverkehrsteilnehmer eine HWE-Anlage als Hindernis betrachten, welches – wie herkömmliche Windparks auch – zu umfliegen ist. HWE sollten daher mit einem speziellen Symbol in Luftraumkarten gekennzeichnet werden. Zudem sollte für alle Systeme in allen Entwicklungsphasen eine spezielle Markierung und Befeuerung des Flugkörpers und der Bodenstation definiert werden.
Zur Verminderung des Kollisionsrisikos können HWE-Systeme zudem abtauchen oder landen, um anderen Luftraumnutzern auszuweichen. Voraussetzung ist allerdings, dass diese über Transponder „kooperieren“ und identifizierbar sind. Ähnlich wie bei der bedarfsgesteuerten Nachtkennzeichnung (BNK) würden HWE-Systeme diese taktischen Manöver automatisch einleiten.
Der Verband Airborne Wind Europe und seine Mitglieder fordern nun die Abgeordneten des Deutschen Bundestags, das BWMK sowie das BMDV auf, diese Forderungen zeitnah zu prüfen und umzusetzen, um den Markthochlauf der Technologie zu erleichtern.
Kontakt: Airborne Wind Europe, Brüssel, info@airbornewindeurope.org
Ich halte diese Forderungen für klug und nicht nur berechtigt, sondern sogar notwendig, sie schnell umzusetzen. Die Katastrophenentwicklung im irdischen Klima und die zunehmenden Spannungen und Kriege infolge von Energieabhängigkeiten lassen uns keine andere Chance mehr, als schnell alle emissionsfreien Energieerzeugungstechnologien hochzufahren, was am besten mit einem eigenen Vergütungssatz im EEG gelingt. Zudem könnte dies ein wirksamer Beitrag sein, neue Industrien in Deutschland aufzubauen, was zwingend erforderlich ist, weil Deutschland schon den Anschluss an die wichtigen emissionsfreien Industrien wie Solar, E-Autos und Batterien längst an China verloren hat.
Höhenwindkraftwerke, Flußtrömungskraftwerke und Osmosekraftwerke gehören wegen ihren hohen Potentialen eindeutig zu den neuen förderungswürdigen emissionsfreien Technologien und können eine Basis sein, große für die Welt nutzbare emissionsfreie Industrieproduktionen auch wieder in Deutschland zu schaffen.
Quelle
Hans-Josef Fell 2023 | Präsident der Energy Watch Group (EWG) und Autor des EEG