Solare Wärme begünstigt auch die Artenvielfalt
Ähnlich wie bei der Photovoltaik können Flora und Fauna auch von solarthermischen Freiflächenanlagen profitieren. Sogenannte Ökopunkte oder perspektivisch Zertifizierungssysteme könnten zudem helfen, dies wirtschaftlich interessant zu machen.
Natur- und Artenschutz kann bei der Planung von Solarthermie-Freiflächenanlagen ein wesentlicher Aspekt sein. Darauf weist eine neue Broschüre des Projekts Solnet 4.0 hin, in dem das Steinbeis Forschungsinstitut Solites, der Fernwärmeverband AGFW, das Hamburg Institut und die Zeitschrift Energiekommune zusammenarbeiten. Positive Effekte für den Natur- und Arten ergäben sich schon deshalb, weil die Flächen zum Zwecke der Energiegewinnung über längere Zeiträume intensiver Landwirtschaft oder sonstiger Nutzung entzogen werden, berichtet Solites.
Gezielte Maßnahmen für ökologischen Mehrwert
Häufig ließen sich auf derselben Fläche, auf der Energie gewonnen wird, Ausgleichsmaßnahmen für den Eingriff in das Landschaftsbild erzielen, den eine solche technische Anlage unweigerlich darstellt. Über die reine Ausgleichsregelung hinaus, die das Genehmigungsrecht vorsieht, könne mit gezielten Maßnahmen neben sauberer Energie auch ein ökologischer Mehrwert in Form einer enormen Artenvielfalt erzielt werden.
In der Solnet-Broschüre wird auf entsprechende Erfahrungen mit Photovoltaikanlagen verwiesen. Demnach wurden auf einem Solarpark der Regionalwerke GmbH im bayerischen Bodenkirchen im Rahmen einer wissenschaftlichen Erhebung 146 Arten von Nachtfaltern und 81 Spinnenarten gezählt. Von Anfang an habe man sich bei dem 2012 errichteten Solarpark um eine besondere Förderung der Tier- und Pflanzenwelt bemüht.
Neuntöter als Brutvogel – genügend große Reihenabstände
Was in punkto Förderung der Artenvielfalt möglich ist, zeigt das Beispiel einer großen Solarthermieanlage der Stadtwerke Crailsheim im Bundesland Baden-Württemberg, die auf einem Lärmschutzwall montiert ist und in das städtische Fernwärmenetz einspeist. Der aus Bauschutt bestehende Damm wurde oberflächlich mit geeigneten Bodenmaterialien abgedeckt, so dass dort Magerwiesen und Trockenrasen angelegt werden konnten. Seit 2011 haben sich dort vielfältige Blühflächen mit vielen seltenen Insektenarten entwickelt. Gefährdete Vögel wie der Neuntöter brüten mittlerweile auf der Fläche und Reptilien wie Zauneidechsen besiedeln extra angelegte Steinhäufen.
Nur knapp 20 Prozent der Fläche der Crailsheimer Anlage sind mit Solarthermiemodulen bedeckt. Genügend große Reihenabstände zwischen den aufgeständerten Modulen sind denn auch laut empirischen Untersuchungen ein wichtiger Faktor für die Artenvielfalt. Kombiniert werden kann dies mit extensiver Mahd, die auch auf Bodenbrüter Rücksicht nimmt. oder Schafbeweidung.
Refinanzierung über Ökopunkte oder Zertifizierung
Um solche zusätzlichen Maßnahmen für die Betreiber ökonomisch attraktiv zu machen, schlägt die Solnet-Broschüre vor, Ökopunkte zu erwirtschaften. Betreiber könnten sich diese gutschreiben lassen und dann in Aufrechnung gegenüber anderen Landschaftseingriffen in einer Kommune refinanziert bekommen. Perspektivisch sei auch ein Zertifizierungssystem für besonders naturverträgliche Solarparks interessant, wie es derzeit mit Unterstützung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt für den Photovoltaikbereich entwickelt werde.
Zudem könnten zusätzliche Naturschutzbemühungen auch dabei helfen, die Akzeptanz für stadtnahe, große Solarthermieanlagen, die ins Nah- und Fernwärmenetz eingebunden sind, zu steigern und geeignete Flächen zu finden. „Wenn der Naturschutz bei der Planung von vornherein adressiert wird, kann sich dies doppelt lohnen: für den Klimaschutz und die Artenvielfalt, deren Bedeutung für eine nachhaltige Zukunft noch zu oft unterschätzt wird”, berichtet Matthias Sandrock vom Hamburg Institut.
Die Broschüre „Solarthermieanlage als Biotop gibt es hier zum Download.
Quelle
Der Bericht wurde von der Redaktion “energiezukunft“ (hcn) 2020 verfasst – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung weiterverbreitet werden! | energiezukunft | Heft 28 / 2019 | „Urbane Energiewende“ | Jetzt lesen | Download