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Wind & Sonne günstiger als Kohle & Atom

Umweltschäden eingerechnet, ist Wind- und Sonnenstrom aus neuen Anlagen in Europa günstiger als der aus neuen Kohle- und Atomkraftwerken. Diese Gesamtbilanzen finden aber bisher kaum Beachtung. Wie teuer ist die Strom aus der Steckdose wirklich? Ein Bericht von Gero Rueter

Nicht nur in Deutschland fällt den Verbrauchern der Durchblick schwer. Sonderabgaben, Steuern und Subventionen und Gewinne beeinflussen die Preise und darüber hinaus verursacht die Stromproduktion auch noch Umwelt- und Gesundheitskosten, die im Strompreis nicht enthalten sind und an anderer Stelle bezahlt werden.

Forscher vom Fraunhofer-Institut und Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) haben jetzt auch diese Neben- und Folgekosten, die der Gesellschaft entstehen, genauer unter die Lupe genommen und verglichen.

Windstrom ist der Gewinner

Demnach ist heute Windstrom weltweit am billigsten. Im Durchschnitt kostet eine Kilowattstunde (kWh) Windstrom an der Küste oder auf dem Land sieben Eurocent. Und durch die stark gefallenen Modulpreise ist inzwischen auch Solarstrom günstig. Neue Solaranlagen produzieren in Mittel- und Südeuropa den Strom im Durchschnitt für 14 Cent pro kWh, auf dem Hausdach in Deutschland für 18 Cent, in südeuropäischen Solarparks schon unter für zehn Cent pro kWh.

Demgegenüber ist Strom aus neuen Kohle-, Öl- und Atomkraftwerken teurer, vor allem, wenn die Gesundheits- und Umweltkosten einbezogen werden, die bisher von der Gesellschaft bezahlt werden.

So kostet unter Berücksichtigung der aktuellen Studien der Strom in der Gesamtbetrachtung aus neuen Kohlekraftwerken heute etwa doppelt so viel wie der aus Wind und etwa gleich viel wie der aus neuen Solarmodulen. Im Jahr 2020, so die Prognosen, sind Wind- und Sonnenstrom durch weitere Innovationen und steigende Energiekosten klar die günstigsten Arten der Stromerzeugung.

Kosten von C02 und Luftschadstoffen

Hohe volkswirtschaftliche Kosten entstehen nach Berechnungen der Wissenschaftler bei der fossilen Stromerzeugung, vor allem durch C02 und die damit verbundenen Folgen der globalen Klimaerwärmung. Nicolas Stern, ehemaliger Chefökonom der Weltbank, bezifferte in seinem umfangreichen und viel beachteten Bericht von 2006 diese globalen Folgekosten auf mehr als fünf Billionen Euro bis zum Ende dieses Jahrhunderts.

Aber auch der Feinstaub aus den fossilen Kraftwerken verursacht Kosten, vor allem durch Atemwegserkrankungen. Leidet zum Beispiel ein Kind infolge von Feinstaub an Atemwegserkrankungen, bezahlen die Eltern für Medizin und Arztbesuch oder die Gesellschaft mit dem Gesundheitssystem.

Hohe Kosten durch Kohlekraft

Nach Berechnungen von Barbara Breitschopf vom Fraunhofer-Institut verursachen bei der fossilen Stromerzeugung Kohlekraftwerke die höchsten Umweltschäden. Derzeit wird nur ein kleiner Teil dieser Kosten von den Kraftwerksbetreibern für Verschmutzungsrechte, die so genannten C02-Zertifikate bezahlt. Noch rund neun Cent pro Kilowattstunde zahlen derzeit die europäischen Bürger bei der Kohleverstromung für Gesundheits- und Umweltschäden hinzu.

Bei der Windkraft entstehen nach Berechnungen der Forscher nur wenig Treibhausgase und Luftschadstoffe, auch wenn die Produktion der Windkraftanlagen einberechnet wird. Bei der Sonnenenergie, der Photovoltaik, sieht die Bilanz nach Berechnungen von Breitschopf schon etwas anders aus. Solarmodule brauchen bei der Produktion viel Strom, und dieser Strom verursacht ebenfalls Emissionen. Aus diesem Grund fallen in der Gesamtbilanz auch beim Solarstrom externe Gesundheits- und Umweltschäden von umgerechnet einem Cent pro kWh an.

Risiken machen Atomstrom teuer

Schwierig ist die Preisberechnung für Atomstrom. Wird ein Atomkraftwerk neu errichtet, so muss nach Angaben der kalifornischen Energiekommission heute mit Kosten von umgerechnet rund 20 Eurocent pro kWh kalkuliert werden. Demgegenüber wird der Strom aus alten abgeschriebenen Atomkraftwerken in Deutschland zum Preis von zwei bis drei Cent pro kWh vergleichsweise günstig produziert.

Allerdings müssen bei der Atomkraft in der Gesamtbetrachtung Kosten hinzugerechnet werden, die von den Kraftwerksbetreibern nicht getragen werden und vor allem durch Atomunfälle entstehen könnten. Auf mehrere hundert Milliarden Euro werden die Kosten der Atomunfälle von Fukushima und Tschernobyl geschätzt. Bezahlt werden auch diese Schäden vor allem von der Gesellschaft.

Bettina Meyer vom Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) wertet in ihrer aktuellen Dokumentation Studien zu diesen externen Kosten aus. Nach Neuberechnung der Daten beziffert die Volkswirtin die zusätzlichen Kosten für Atomstrom auf 11 – 34 Cent pro kWh. Würden diese Kosten auf den Strompreis umgelegt, koste eine kWh Atomstrom aus neuen Kraftwerken heute zwischen 31 und 54 Cent und aus alten Atomkraftwerken zwischen 13 und 36 Cent pro kWh.

Quelle

Mit freundlicher Genehmigung des Autors Gero Rueter 2012Fachredakteur für Klima, Umwelt und EnergieHintergrundredaktion Umwelt & Wissen Deutsche WelleErstveröffentlichung Deutsche Welle | 12.09.2012

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