Daimler droht Umweltschützern
Großspurig verkündet der Autobauer Daimler in seiner Werbung „Das Beste oder nichts“. Die schwäbische Tugend „Bescheidenheit“ war noch nie eine Zier des schwäbischen Autoproduzenten.
So vermeldete auch in der letzten Woche Daimler-Chef Dieter Zetsche vollmundig einen Rekord nach dem anderen: Beim Absatz, beim Umsatz, beim Gewinn, bei den Prämien. Zetsches Ziel: Daimler muss Klassenprimus werden.
Nur bei einem Punkt bleibt der Konzernchef seltsam kleinlaut: beim Umweltschutz und bei der Nachhaltigkeit. Die Konzernbosse wissen, dass nicht nur bei VW mit den Abgaswerten geschummelt wurde.
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) wirft allen deutschen Autobauern, auch Daimler, vor, im Windschatten der VW-Abgas-Affäre ebenfalls gelogen und betrogen zu haben. Inzwischen berufen sich der Konzern in Stuttgart und weitere Autobauer bei ihren nicht mehr bestreitbaren überhöhten Abgaswerten auf eine „Ausnahmeregelung“- etwa bei niedrigen Temperaturen. Doch der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestags hält diese „Begründung“ für nicht zulässig.
Im Auftrag der DUH hat der TÜV Nord schon 2015 massive Abgas-Manipulationen festgestellt. Bei vier von fünf Austausch-Katalysatoren ohne Blauen Engel wurden die Stickoxyd-Grenzwerte um das Mehrfache überschritten. Bei diesem Umweltskandal hat die DUH vom verantwortlichen Bundesverkehrsminister Dobrindt Abhilfe gefordert. Doch das Ministerium blieb bis heute untätig, obwohl etwa eine Million mangelhafte Austausch-Katalysatoren in deutschen PKWs betroffen sind.
Im Auftrag der DUH hat das Bundesumweltamt das Umweltzeichen „Blauer Engel“ für Austausch-Katalysatoren entwickelt, das ab 2013 gültig ist. Aber die Einhaltung der Grenzwerte wird kaum kontrolliert. Und gegen die Anbieter von Betrugs-Katalysatoren wird nicht eingeschritten. Der Betrug wird einfach ignoriert.
Fest steht, dass Stickoxyd und Feinstaub unsere Luft verschmutzen und die Gesundheit von Millionen Menschen gefährden. Dazu der Geschäftsführer der DUH, Jürgen Resch: „Wir fordern Hersteller von Katalysatoren, Werkstätten sowie den Kfz-Teilehandel dazu auf, ausschließlich entweder Blauer Engel Kats oder Originalersatzteile der Fahrzeughersteller zu verkaufen und zu verbauen.“
Doch alle bisherigen Nachfragen des DUH beim Bundesverkehrsministerium blieben ohne Antwort. Die unheilvolle Verbindung von Politik und Auto-Lobby zeigt hier ihre Wirkung: Der frühere Verkehrsminister Mattias Wissmann ist seit Jahren als Präsident des VDA der einflussreichste deutsche Auto-Lobbyist und Eckart von Klaeden wechselte nahtlos vom Bundeskanzleramt in die Lobbyabteilung der Daimler AG. Vor dieser starken Lobby geht die Politik allzu oft in die Knie.
Eine hohe Konzentration von Stickstoffdioxid (NO2) in der Atemluft führt beim Menschen zu Hustenreiz, Atemwegsbeschwerden und zu Augenreizungen. Die Folgen können langfristig Schäden der Atmungsorgane und des Herz-Kreislauf-Systems sein. Allein in Deutschland sterben jedes Jahr 47.000 Menschen vorzeitig aufgrund der zu hohen Luftbelastung – in Europa sind es ca. 430.000, sagt die Europäische Umweltagentur. Alle Bürger können ihr „Recht auf saubere Luft“ einklagen und auch selbst sowohl bei ihrer Mobilität wie auch beim gesamten Konsumverhalten wie auch beim Essen selbst etwas dazu beitragen.
Zurück zum Anfang dieses Kommentars, zu Daimler. Weil die DUH auch Daimler ins Visier genommen hat, droht dieser Konzern nun dem Umweltverband mit einer Klage und einer Schadenersatz-Forderung von 2,7 Millionen Euro oder seinem Geschäftsführer Resch mit einer Gefängnisstrafe. Die ertappte Autoindustrie verspricht nicht etwa eine Besserung ihres manchmal kriminellen Verhaltens, sondern droht denen, die darauf aufmerksam machen.
- Deutsche Umwelthilfe: Eine Million mangelhafte Austausch-Katalysatoren in deutschen Pkws – Bundesverkehrsministerium und Kraftfahrtbundesamt ignorieren seit Jahren alle Hinweise und vorgelegte Gutachten über Betrugs-Katalysatoren im Kfz-Teilehandel.
- Deutsche Umwelthilfe zieht „Dieselgate-Halbjahresbilanz“ – Smart cdi Diesel mit fast viermal so hohen Stickoxid-Werten gemessen wie ein 28-Tonnen Mercedes-Benz-Truck.