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© pixabay.com | paulbr75 | Ob Tanken, Parken oder Autokauf, ob Deutschlandticket oder der Transport von Gütern – Kosten und Preise spie- len eine wichtige Rolle, wenn über Mobilität berichtet und diskutiert wird. Auch die Ausgaben für größere Investitionsprojekte machen immer wieder Schlag- zeilen – etwa für eine neue Bahnstrecke oder für die Instandsetzung einer Autobahnbrücke.

Digitale Mobilität: Die Ampel im E-Check

Im Jahr 2030 sollen in Deutschland mindestens 15 Millionen E-Autos fahren – vor allem aus eigener Produktion. Die neue Regierung hat sich die Transformation der Autoindustrie auf die Fahnen geschrieben. Was ist davon zu halten? Eine Bewertung der Koalitionsvereinbarungen im Bereich der Elektromobilität.

Wie viel oder besser wie wenig Verkehrswende im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung steckt, wurde in den letzten Wochen bereits häufiger beleuchtet. Aber wie sieht es mit der Wende bei der Antriebstechnologie aus? Vollelektrisch oder doch technologieoffen?

Wie groß sind die Umsetzungschancen der in der Koalitionsvereinbarung fixierten Ziele und verabredeten Maßnahmen? Nehmen wir die Elektromobilität als einen Indikator für die Verkehrswende, sieht es eher mau aus.

Die Ampelkoalition würdigt in ihrem Koalitionsvertrag die Bedeutung von Elektroautos in zwei Kapiteln. Im Kapitel zum Automobilsektor steht, dass die Transformation der Automobilindustrie zum Erreichen der Klimaziele im Verkehrsbereich unterstützt werden soll. „Arbeitsplätze sowie Wertschöpfung sollen hierzulande erhalten“ und Deutschland zum „Innovationsstandort für autonomes Fahren“ entwickelt werden. In neun Jahren sollen mindestens 15 Millionen vollelektrische Pkw auf den Straßen Deutschlands unterwegs sein.

Im Kapitel zum Autoverkehr wird das 15-Millionen-Ziel wiederholt, allerdings ist hier dann nur noch von „elektrischen Pkw“ die Rede. Dieser scheinbar geringe Unterschied in der Formulierung kann einen gewaltigen Unterschied machen.

Von den derzeit zugelassenen und geförderten E-Autos ist rund die Hälfte vollelektrisch. Bei der anderen Hälfte handelt es sich um Plug-in-Hybride, bei denen ein positiver Umwelteffekt angezweifelt wird. Trotzdem will die neue Koalition die falsche Förderpolitik sowohl für vollelektrische Pkw als auch für die Plug-in-Hybride bis 2022 verlängern.

Das Argument lautet: Wer 2021 einen Plug-in bestellt hat, wird das Fahrzeug erst 2022 erhalten. Lange Lieferzeiten und Verzögerungen bei der Markteinführung waren tatsächlich bei E-Modellen schon vor der Halbleiter-Krise ein Thema.

Ab 2023 sollen die Hybride nur noch dann eine Förderung bekommen, wenn sie eine elektrische Reichweite von mindestens 80 Kilometern aufweisen. Das sieht aus wie ein letzter – vermutlich sogar untauglicher – Versuch, Plug-in-Hybride noch weiter zu fördern.

Hoher Pkw-Bestand wird ohnehin sinken

Die Ampel geht davon aus, dass ab 2025 staatliche Kaufprämien für E-Autos nicht mehr nötig sein werden. Eine zutreffende Einschätzung. Sinkende Batteriekosten, Skaleneffekte bei der Fahrzeugfertigung und der Markteintritt neuer Hersteller sorgen für Kostenvorteile gegenüber Verbrennern. Nicht Kaufprämien und Vorgaben der Regierung, sondern das Angebot treibt die Zahl der E-Autos nach oben.

Grundsätzlich fällt bei der Festlegung einer Zielmarke von 15 Millionen E-Autos bis 2030 auf, dass die Ampel offensichtlich von einem auch künftig sehr hohen Pkw-Bestand in Deutschland ausgeht. Das passt nicht unbedingt zum Ziel einer zukunftsfähigen Mobilität.

Allerdings sollte man sich nicht zu lange mit der Mengenfrage aufhalten. Nicht politische Opportunitäten, sondern technologische Entwicklungen werden den Autobestand in Deutschland spürbar senken. Autonom fahrende Gefährte revolutionieren die Verkehrswelt und den Automarkt. Diese Entwicklung wird in der zweiten Hälfte dieses Jahrzehnts spürbar werden. Hier wird sich die neue Regierung entscheiden müssen, ob sie bei dieser Entwicklung bremst oder beschleunigt.

Die Ankündigung im Koalitionsvertrag, Deutschland nicht nur zum „Leitmarkt für Elektromobilität“, sondern auch zum „Innovationsstandort für autonomes Fahren“ zu machen, muss schon verwundern. Aus heutiger Sicht werden deutsche Unternehmen in dieser Revolution wohl keine tragende Rolle spielen. Dafür hat man sich hierzulande zu lange auf den Erfolgen der Vergangenheit ausgeruht.

Angesichts des Vorsprungs der neuen Player – nicht nur Tesla, sondern ebenso BYD und Foxtron aus China oder auch Apple – wirkt das Ziel, Deutschland als Leitmarkt in einer neuen digitalen Mobilitätswelt zu platzieren, eher wie ein mutmachendes Pfeifen im dunklen Wald.

Ohnehin wäre es klüger gewesen, die Europäische Union und nicht allein Deutschland als Gebietskulisse für den Leitmarkt zu wählen. Wenn man im alten Europa in der neuen Autowelt nicht nur als Käufer, sondern auch als Produzent auftreten will, dann führt kein Weg an einer engen Zusammenarbeit der europäischen Industrie bei den Fahrzeugen, der Batterie und in der Digitalisierung vorbei.

Kleine Fahrzeuge wurden vergessen

Die Vergangenheit lehrt, dass man auch Koalitionsverträge nachbessern kann. In der E-Mobilität besteht dieser Bedarf in erster Linie bei der Förderung von kleinen Fahrzeugen. Der Trend zu immer größeren Autos muss gebrochen werden.

Kleine Fahrzeuge fahren mit weniger Fahrstrom, benötigen weniger Raum und verbrauchen geringere Ressourcen. Klein- und Kleinstfahrzeuge müssen aus dem Wahrnehmungsloch geholt werden, sie haben viel mehr Aufmerksamkeit verdient.

Es ist schwer zu erklären, warum man viel Mühe und Geld für die Unterstützung von Plug-in-Hybriden verwendet und Leichtfahrzeuge nicht in die Förderung aufnimmt. Hier geht es im Übrigen nicht nur um Kaufprämien, sondern auch um die Schaffung von Produktionskapazitäten innerhalb der EU.

Ziemlich viel Aufmerksamkeit hat hingegen das Mantra von der Technologieoffenheit bei den Antriebstechnologien erhalten. Dieses im Wahlkampf oft geforderte Offenhalten aller Optionen hat auch die Ampel-Verhandlungen offenbar beeinflusst.

Das Koalitionspapier schließt den Einsatz von Wasserstoff im Mobilitätssektor nicht aus und nährt damit die Hoffnung auf das Verbrennen synthetischer Kraftstoffe. Das klingt wie der Startschuss für kostspielige Forschungs- und Modellvorhaben. Diese Mittel können jedoch klima- und industriepolitisch an anderer Stelle sinnvoller eingesetzt werden.

Schon im Jahr 2013 kündigte die damalige Regierung in ihrem Koalitionsvertrag eine Umrüstung der eigenen Fahrzeugflotten an. Eine entsprechende Passage fehlt in den Ampel-Vereinbarungen.

Hier können Sie den Bericht weiterlesen

Quelle

Der Bericht wurde von der Redaktion „klimareporter.de“ (Raimund Nowak) 2021 verfasst – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung (post@klimareporter.de) weiterverbreitet werden!  | Ein Gastbeitrag von Raimund Nowak. Er war von 2009 bis 2020 Geschäfts­führer der Metropol­region Hannover-Braun­schweig-Göttingen-Wolfs­burg. Zuvor war er kommunal-, landes- und europa­politisch in Nieder­sachsen aktiv. Er engagiert sich weiterhin in verschiedenen nationalen Fach­gremien und in der deutsch-französischen Kooperation im Bereich Elektro­mobilität.

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