Fraunhofer ISE präsentiert farbiges Solar-Autodach auf der IAA in Frankfurt
Die Nachfrage nach Elektrofahrzeugen steigt weltweit stark an. Um die Reichweite von Elektrofahrzeugen weiter zu verbessern, hat das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE ein PKW-Solardach mit hocheffizienten Solarzellen entwickelt.
Das Dach lässt sich in beliebigen Farben individuell beschichten, wobei die Solarzellen unsichtbar in das vorgeformte Solardach integriert sind. Mit einer Nennleistung von etwa 210 W/m² kann das Dach an einem sonnigen Tag Strom für etwa zehn km Fahrtstrecke bei einem E-Auto der Mittelklasse liefern. Über ein Jahr gerechnet kann die Fahrzeugreichweite um etwa 10 Prozent verlängert werden. Auf dem Gemeinschaftsstand der Fraunhofer-Gesellschaft (Halle 4.1, Stand C 12) auf der Internationalen Automobil Ausstellung IAA präsentiert das Fraunhofer ISE zwei Solarautodächer in verschiedenen Farben.
»Um eine CO2-freie Energieversorgung in allen Sektoren zu realisieren, müssen wir den Ausbau der Photovoltaik massiv vorantreiben, auch jenseits von Hausdächern und Freiflächen. Solarmodule werden künftig noch mehr in unsere bereits bebaute Umwelt integriert werden, zum Beispiel auch in Fahrzeuge«, erklärt Dr. Andreas Bett, Institutsleiter des Fraunhofer ISE.
Für die Integration der Photovoltaik in das Solardach setzen die Freiburger Forscher auf die Schindelverschaltung: die monokristallinen Siliciumsolarzellen werden dabei überlappend angeordnet und in einem Klebeverfahren mit einem leitfähigen Kleber verschaltet. So entstehen keine inaktiven Flächen durch Zell-Zwischenräume, die Modulfläche lässt sich maximal für die Stromerzeugung nutzen und bietet ein homogenes, ästhetisches Gesamtbild. Weiterhin sorgen geringere Widerstandsverluste und der Wegfall der Verschattung durch aufliegende Zellverbinder sowie eine besonders hohe Verschattungstoleranz für eine um bis zu zwei Prozent höhere Moduleffizienz im Vergleich zu konventionellen Solarmodulen. Die Solarzellenmatrix wird in einem Folienlaminator zwischen die Gläser eines handelsüblichen, sphärisch gewölbten Panorama-Autodachs laminiert. Mit Hilfe einer speziell gefertigten Form kann das Laminieren auch in einem herkömmlichen Laminator erfolgen.
Eine weitere Besonderheit des Solardaches: Die Solarzellen sind komplett durch eine individuelle Farbbeschichtung verborgen und somit unsichtbar. Der Effizienzverlust durch die Morpho-Color® -Glasbeschichtung beträgt nur sieben Prozent relativ. Der vom Morpho-Schmetterling inspirierte Effekt wird durch spezielle Oberflächenstrukturen erreicht, die eine hohe Farbsättigung bei guter Blickwinkelstabilität ermöglichen. »Die Farbmöglichkeiten sind dabei nahezu unendlich«, sagt Dr. Martin Heinrich, Leiter PV for Mobility am Fraunhofer ISE. Die Funktionalität des Solardachs entspricht der eines Standard-Metallautodachs: Die Solarzellen wandeln einfallende Sonnenstrahlung in Strom um, was hilft, Überhitzung im Auto zu reduzieren. Durch die Schindelverschaltung liegt die Modulspannung höher als bei einem konventionellen Modul, wodurch sich die Spannung leichter auf die Batteriespannung transformieren lässt. Auch die großen thermischen und mechanischen Belastungen auf Verkehrswegen können die geklebten Schindelzellen gut kompensieren.
Die integrierten Solarzellen des PV-Autodaches haben eine Leistung von ca. 210 W/m² und können nachhaltigen Strom für täglich ca. 10 km Autostrecke an einem sonnigen Sommertag liefern. Dies entspricht einer jährlichen Verlängerung der Fahrtstrecke um ca. 10% oder einer gleichwertigen Verbrauchsreduzierung. Die Berechnung basiert auf der unverschatteten Sonneneinstrahlung in Freiburg im Breisgau, einem Verbrauch des Elektroautos von 17 kWh auf 100 km und einer jährlichen Fahrleistung von 15.000 km. Auch für Verbraucher, die sonst die Reichweite eines Elektrofahrzeuges einschränken könnten (z.B. Klimaanlage, Heizung) kann der Solarstrom genutzt werden. Forschungspotenzial sieht das Fraunhofer ISE bei der Integration von Photovoltaik in zusätzliche Fahrzeugflächen für eine weitere Reichweitenverlängerung.
Welches Potenzial auf Fahrzeugdächern schlummert, hat das Fraunhofer ISE in Zusammenarbeit mit mehreren Speditionen bereits in einer Messkampagne 2016-2017 erforscht: 6 LKW wurden mit Einstrahlungs- und Temperatursensoren sowie GPS ausgestattet und ihre Routen im Osten der USA sowie in Mittel- und Südeuropa aufgezeichnet. Für Europa wurden 5000-7000 Kilowattstunden jährliches Stromerzeugungspotenzial auf einem typischen LKW-Dach ermittelt, das entspricht einer Fahrleistung von 5000- 7000 Kilometern. Im geplanten Citizen Science- Projekt »PV2Go« wollen die Forscher des Fraunhofer ISE mit Unterstützung interessierter PKW-Besitzer das Einstrahlungspotenzial für PKW ermitteln.