Mobilitätsprämie für alle statt reine Autoprämie
VW-Chef Diess will ein Konjunkturprogramm für die Autoindustrie, um die Wirtschaft nach der Coronakrise wieder anzukurbeln. Ein breites Bündnis warnt jedoch vor weiteren Investitionen für Diesel und Benziner und fordert Startgeld für grüne Mobilität.
Deutschland sei Autoland, sagte Volkswagen-Konzern-Chef Herbert Diess Anfang der Woche in den ARD Tagesthemen. Deswegen sei ein Konjunkturprogramm für die Autoindustrie die wahrscheinlich beste Möglichkeit, die Wirtschaft in Folge der Coronakrise wieder anzukurbeln. Dem widerspricht jedoch der ökologische Verkehrsclub Deutschland (VCD). Eine Studie österreichischen Partnerverbandes VCÖ habe gezeigt, dass Investitionen in die Fahrzeugindustrie die verhältnismäßig geringsten Beschäftigungswirkungen auslösen.
Darüber hinaus leidet nicht nur die Automobilindustrie, sondern die ganze Mobilitätsbranche unter der Krise. Vor allem der öffentliche Verkehr mit Bussen und Bahnen hat einen dramatischen Fahrgastrückgang und hohe Einnahmeverluste zu verkraften. Der Fahrradverkehr zeigt sich indes als als wichtiges Mittel in der Coronakrise, sowohl zur Entlastung anderer Verkehrsträger, als auch für die Gesundheit der Menschen, vor allem im urbanen Raum.
„Wir müssen jetzt die Chance für einen Neustart in die grüne Mobilität nutzen.“
Daher fordern VCD, Allgemeiner Deutscher Fahrradclub (ADFC), Allianz Pro Schiene und weitere ein Startgeld für grüne Mobilität statt einer reinen Autoprämie. „Wir müssen jetzt die Chance für einen Neustart in die grüne Mobilität nutzen. Mit dem Startgeld grüne Mobilität können wir Menschen beim Umstieg auf umweltschonende Verkehrsmittel unterstützen und die Wirtschaft ankurbeln“, sagt Michael Müller-Görnert, verkehrspolitischer Sprecher VCD.
Im Einzelnen sollen sich die Menschen mit einer Mobilprämie für alle entscheiden können, ob sie eine etwaige Autoprämie auch für Alternativen zu einem Auto in gleicher Höhe verwenden. Dazu zählt die Finanzierung von Fahrrädern jeglicher Art, als auch Zuschüsse zu Tickets oder Abos für den öffentlichen Nah- und Fernverkehr, sowie die Finanzierung von Bike- und Carsharing Angeboten. Die Bundesregierung dürfe nicht dieselben Fehler wie vor der Krise machen und Konjunkturprogramme auf das Auto verengen, meint ADFC-Bundesgeschäftsführer Burkhard Stork.
„Auch der Kauf eine E-Lastenrads oder eines ÖPNV-Abos scheitert bei vielen Menschen am Geld.“
„Auch der Kauf eine E-Lastenrads oder eines ÖPNV-Abos scheitert bei vielen Menschen am Geld. Wir wollen nicht, dass die Regierung den Bürgerinnen und Bürgern die Verkehrsmittelwahl diktiert, sondern ihnen alle Optionen ermöglicht“, so Stork. Und Dirk Flege, Geschäftsführer von Allianz Pro Schiene, ergänzt: „Diesmal brauchen wir eine Mobilitätsprämie, die den Verbrauchern die Wahl und die freie Entscheidung überlässt zwischen einem neuen Auto und der Investition in klimafreundliche Verkehrsmittel.“
Die Mobilitätsprämie sei angesichts der im Klimapaket vereinbarten klimafreundlichen Transformation des Verkehrssektors dringend erforderlich, bekräftigt das Bündnis. Auch setze eine reine Autoprämie den falschen Anreiz, immer mehr Wege mit dem Auto zurückzulegen, anstatt je nach Wegezweck das intelligenteste Verkehrsmittel auszuwählen. Schon die Abwrackprämie, die in Folge der Finanzkrise 2009 eingeführt wurde, war aus Sicht von Klima- und Umweltschutz fatal. Statt umweltschonender Modelle, kauften die Menschen vor allem größere und damit umweltschädlichere Modelle. Mit der Mobilitätsprämie für alle hingegen könnte die Bundesregierung die Konjunktur für einen nachhaltigen und intelligenten Verkehrsmix befördern.
Quelle
Der Bericht wurde von
der Redaktion “energiezukunft“ (mf) 2020 verfasst – der Artikel darf nicht
ohne Genehmigung weiterverbreitet
werden! | energiezukunft |
Heft 27 / 2019 | „Europas Energiewende“ | Jetzt lesen | Download