Sonnen: Elektroautos als Abo-Modell an Photovoltaik- und Speicherkunden
Allgäuer Unternehmen stellt ein Geschäftsmodell vor, das den Umstieg auf Elektroautos erleichtert, die Beladung mit Solarstrom fördert und den Speichermarkt voranbringt.
Mit dem Modell erreicht Sonnen einen der fünf Gigawatt-Gewinner-Plätze der Energy Storage-Highlights, die wir unter den Ausstellern Energy Storage Europe in Düsseldorf vergeben. Jetzt fehlt nur noch die Verbindung mit dem virtuellen Kraftwerk aus dezentralen Heimspeichern, das das Unternehmen inzwischen auch betreibt.
Darf eine Einreichung unter den Top 5 der „Storage Highlights“ stehen und damit einer der „Gigawatt-Winners“ sein, die mit Energiespeichern nur indirekt zu tun hat? Und was zeigt uns das? Sonnens Angebot, in Deutschland Elektroautos in ähnlicher Weise wie Photovoltaik und Speicher in einem Abo-Model anzubieten, fand viel Gefallen bei unserer Jury. Sogar noch mehr als das virtuelle Kraftwerk, das auf den vielen verteilten Heimspeicherbatterien des Herstellers aufbaut und mit dem sich Sonnen auch beworben hat.
Wer ein Elektroauto nach dem neuen Angebot mit dem Namen „sonnenDrive“ abonniert, spart sich die Investitionskosten, genauso wie wenn er die Photovoltaikanlage mit dem Speicher mietet statt kauft, was unter dem Namen „sonnenNow“ angeboten wird. Sonnen-Geschäftsführer Christoph Ostermann will damit die Hürden für den Einzelnen senken, durch seine Handlungen die Energiewende voran zu bringen. Daher sollen bei den Mietmodellen die monatlichen Kosten vergleichbar sein, als wenn man als Endkunde einfach nicht nichts unternimmt, also nach wie vor den gesamten Strom vom Energieversorger bezieht und den alten Benziner weiterfährt. „Wer bei unserem neuen Angebot nicht umsteigt, der will einfach nicht“, sagt er nun.
Beim dem Geschäftsmodell beträgt die Mindestlaufzeit für Elektroautos nur sechs Monate im Vergleich zu zwei Jahren und mehr bei Leasingverträgen. Man kann es also auch einfach mal ausprobieren. Voraussetzung ist allerdings, dass man der Sonnen Community beitritt und darüber seinen Strom bezieht. Das ist wiederum nach Sonnen-Angaben zu einem großen Teil Solarstrom.
Das Abo-Modell für die Photovoltaik-Anlagen mit Speichern läuft über 20 Jahre, wobei man die Anlage jederzeit kaufen könne und nach 20 Jahren geschenkt bekomme. Es unterscheidet sich von den weit verbreiteten Mietangeboten für Photovoltaik-Anlagen dadurch, dass es zusammen mit der Flatrate kommt, so dass der gesamte Strombezug des Hauses damit abgedeckt wird.
Wie verallgemeinerbar die Modelle auf verschiedene Länder sind, lässt sich nicht allgemein beantworten, da sie sehr von Einspeisetarifen und Fördermodellen abhängen. In den USA haben die Mietmodelle für Photovoltaik in der Vergangenheit einen großen Erfolg gehabt. Das lag unter anderem daran, dass die Investitionskosten sehr hoch waren und Endkunden nicht voll von den Steueranreizen und Vergünstigungen profitiert haben, was das Mietmodell beflügelte, sagt Florian Mayr von Apricum, einem der Juroren für die storage highlights. Umgekehrt, da es in Deutschland immer noch eine Einspeisevergütung gibt und der Eigenverbrauch bei Anlagen unter zehn Kilowatt von Umlagen befreit ist, können Endkunden eine Anlage auch relativ einfach selbst betreiben.
Auch Ostermann sagt, dass bei jedem Mietmodell ein Zins mit eingerechnet sei. Wenn man ausreichend Geld zur Verfügung hat, für das man bei der Bank sowieso kaum Zinsen bekomme, könne man auch selbst investieren. Aber gerade bei jungen Familien, deren Haus noch nicht abbezahlt ist, sei das Abo-Modell attraktiv.
Das virtuelle Kraftwerk
Sonnen hatte sich auch mit dem virtuellen Kraftwerk beworben, das es aus den vielen Heimspeicher-Batterien aufgebaut hat. Inzwischen durch die Übertragungsnetzbetreiber in Deutschland präqualifiziert, nimmt es seit Frühjahr 2019 an Auktionen im Primärregelenergiemarkt teil (auf Englisch: primary balancing power (FCR)). Die Erlöse, so Sonnen, kommen den Besitzern der Heimspeicher zugute, die die Sonnen-Flatrate gebucht haben. Prinzipiell benötigt die Primärregelleistung, die aus Batteriespeichern angeboten wird, wenn man die konventionellen Kraftwerke eines Tages abschalten will. Derzeit bieten diese noch einen Teil der Primärregelleistung an.
Für das virtuelle Kraftwerk muss Sonnen die Heimspeicher entsprechend der Anforderungen im Stromnetz steuern. Nach Aussage des Unternehmens ist solch ein System gegenüber größeren Batteriespeichern durchaus konkurrenzfähig, die bereits viel Leistung auf dem Primärregelleistungsmarkt anbieten. Zum einen sei der Hauptzweck der kleinen Heimspeicher die Eigenverbrauchserhöhung im Haushalt und die Vermarktung als virtuelles Kraftwerk mehr ein Zusatzerlös, wodurch sie günstig anzubieten sei. Zum anderen spare man sich bei Heimspeichern Planungs- und Bauphasen und das Land, das für industrielle Großspeicher benötigt werde. Außerdem hätten sie den Vorteil, dass die Umweltauswirkungen geringer seien als bei Großspeichern. Es kommt wohl auch kaum zu größeren Eingriffen in die Ladung und Entladung der Speichersysteme selbst. Dadurch, dass viel mehr Speicher im Pool zusammengefasst sind als Leistung vermarktet wird, sei statistisch immer genug Energie im Kraftwerk abrufbar.
An sich eine große Leistung, so ist das virtuelle Kraftwerk nach Ansicht etlicher Experten doch nicht so neu. Das Konzept ist schon einige Jahre alt und auch Sonnen arbeitet entsprechend lange daran. In Deutschland sei die Herausforderung vor allem die schwierige Regulierung und daraus folgend die Präqualifizierung gewesen, so die Juroren. In anderen Ländern lasse sich ein solches Konzepte leichter umsetzen und existiere daher schon länger. Auch Sonnen betreibt zum Beispiel in Australien ein virtuelles Kraftwerk. Dort wird es anders als in Deutschland auch dazu eingesetzt, Preisunterschiede auf dem Spot-Energiemarkt auszugleichen.
Das dem virtuellen Kraftwerk nun das Geschäftsmodell für Elektroautos für die Storage Highlights den Rang abgelaufen hat zeigt auch, wie verwoben die Segmente und damit auch Verkehr und Erzeugung inzwischen sind. Am Ende kann ein schlüssiges Angebot für die Kombination von Elektromobilität, Photovoltaik und Batteriespeicher auch dazu führen, den Speichermarkt voran zu bringen und Elektroautos mit Solarstrom zu laden, so die Juroren. Außerdem könnte auch noch der nächste Schritt kommen, der das Elektroauto-Angebot und das virtuelle Kraftwerk von Sonnen miteinander verbindet: im Prinzip lassen sich die Batteriespeicher der Elektroautos in einem virtuellen Kraftwerk zur Stabilisierung des Stromnetzes nutzen. Das Potenzial dieser Verbindung schätzen viele Experten als sehr hoch ein.
pv magazine energy storage highlights 2020 (englische Ausgabe)
Quelle
Der Bericht wurde von der Redaktion „pv-magazine“ (Michael Fuhs) 2020 verfasst – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung von Michael Fuhs weiterverbreitet werden! | Mehr Artikel von Michael Fuhs | „pv magazine“ 04/2019 | Online bestellen!