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11,5 Prozent für die Grünen in Bayern nötig

Hans-Josef Fell, Grünen-Abgeordneter und Vorkämpfer für die Energiewende, steht vor dem Aus, wenn die Grünen nicht mindestens 11,5 Prozent Zweitstimmen in Bayern bekommen.

Für viele, die im Bereich der erneuerbaren Energien tätig sind, ist Hans Josef Fell das Gesicht der Grünen zum Thema Energiewende, nicht zuletzt, weil er ein einfach zu erreichender Ansprechpartner ist, über den man den Kontakt zur Politik leicht findet.

Sein Bundestagsmandat scheint bei der derzeitigen Entwicklung jedoch alles andere als sicher. Auf der Landesliste in Bayern hat Fell nur Platz 12. Um damit wieder in den Bundestag einzuziehen, sind somit 11,5 Prozent Zweitstimmen nötig. Dies sind fast drei Prozent mehr als bei Landtagswahl vergangenen Sonntag. Fell selber sieht noch Chancen, wenn es gelingt, alle Anhänger der Energiewende zu mobilisieren, denn diese seien sehr zahlreich. „Viele wiegen sich in Sicherheit, aber das ist falsch“, sagt er.

CSU und CDU treten in der Öffentlichkeit zwar vollmundig für die Energiewende ein. Wer sich jedoch ansieht, wie sie handeln, hat durchaus Anlass, sich zu wundern. Das betrifft auf Bundesebene die Art, wie das Erneuerbaren-Energien-Gesetz in der letzten Legislaturperiode geändert und Diskussionen losgetreten wurden, die hauptsächlich zu Verunsicherung in Wirtschaft und nicht etwa zu einer besseren Umsetzung der Energiewende geführt haben dürften. Nach Fells Einschätzung gingen dadurch in der Solarbranche seit 2012 bereits rund 50.000 Arbeitsplätze und in der Biogasbranche etwa 20.000 Arbeitsplätze verloren.

Windenergieausbau blockiert

Auf Landesebene in Bayern behindert die CSU nun den offiziell auch von der Regierung favorisierte Ausbau der Windenergie an Land. „Hinter den Kulissen sabotieren sie die Abkehr von Kohle- und Atomenergie“, sagt Hans-Josef Fell. In Bayern würden aktuell keine Genehmigungen mehr für Windkraftanlagen erteilt, was rechtswidrig sei. Das sei die Folge einer Anweisung durch den bayerischen Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) an die Behörden.

Fell bezieht sich dabei auf einen Brief des bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Gesundheit vom  7. August, in dem es auf einen Gesetzentwurf des Landes Bayern im Bundesrat „hinweist“. Der Gesetzentwurf beinhaltet einige Maßnahmen, mit denen der Bau von Windkraftanlagen eingeschränkt werden soll. So sollen die Abstände zu Wohnhäusern vergrößert und die „Umzingelung“ verringert werden. Außerdem sollten Genehmigungsbehörden die Wirtschaftlichkeit zwar nicht prüfen, aber „ob wegen der tatsächlichen Begebenheiten ein wirtschaftlicher Betrieb gar nicht in Betracht kommen kann“.

Zweifel, ob der Autor oder die Autorin wirklich eine gute Umsetzung der Energiewende im Sinn hat, sind da durchaus angebracht. Außerdem ist es kritisch, dass der Brief nahelegt, bereits die Maßnahmen umzusetzen, die noch nicht Bundesgesetz sind.

„Wer wie die Anti-Windkraft-Initiativen billigend in Kauf nimmt, dass es keine Windkraftinvestitionen mehr gibt“, schreibt Fell dazu, „sei so klar als pauschaler Windkraftgegner und damit auch als Gegner der Energiewende insgesamt zu identifizieren.“ Den Haupteinfluss auf diese Entscheidung hat nach  Einschätzung von Fell eine Bürgerinitiative genommen, an der auch der technische Leiter des Grafenrheinfelder AKW maßgeblich beteiligt ist.

„CSU und CDU werden in Zukunft noch mehr subtile Stellschrauben gegen die Energiewende drehen, aber gleichzeitig in der Öffentlichkeit nach wie vor für die Energiewende eintreten – um dann in wenigen Jahren verkünden zu können, dass die Energiewende ‚leider‘ nicht machbar sei“, sagt Fell.

SPD und die Kohlefraktion

Und die SPD? Da sind die Widersprüche offensichtlich. So hat kürzlich auch der SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück das Schlagwort der „Entsolidarisierung“ für sich entdeckt. Er meint damit vor allem Solaranlagenbetreiber und nicht etwa die Industrie, die sich dank etlicher Ausnahmegenehmigungen von der Finanzierung der Strom-Infrastruktur verabschiedet hat. „Auch die SPD bremst die Erneuerbaren Energien aus und spricht sich für neue Kohlekraftwerke aus“, sagt Fell dazu.

Das Engagement von Hans-Josef Fell steht außer Frage. Eine Umfrage des pv magazine unter angesehenen Journalisten und Chefredakteuren zeigte, dass er der einzige energiepolitische Sprecher ist, den alle kennen. In seinem Newsletter informiert er die Branche regelmäßig detailliert über den Stand der Diskussion und Interpretationsfragen zu den Gesetzen, die er durch seine fast 700 parlamentarischen Anfragen soweit aufzuklären half, wie es die von der Regierung im Eiltempo zusammengeflickten Gesetzesnovellen erlaubten. Auch mit der Zahl der parlamentarischen Anfragen steht er übrigens einsam an erster Stelle der energiepolitischen Sprecher.

Weiterführende Links:

Quelle

pv magazine | Michael Fuhs 2013


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