Angela Merkels Märchenstunde zum Klimaschutz
Die Rede von Bundeskanzlerin Merkel beim derzeit laufenden Petersberger Klimadialog hätte widersprüchlicher nicht sein können.
Zum einen fordert sie für die Einhaltung des 2-Grad-Ziels, dass „jeder Einwohner dieser Erde etwa zwei Tonnen CO2 emittieren dürfte“. Ein paar Absätze weiter gibt sie aber schon zu, dass so das 2-Grad Ziel nicht erreichbar sei: „Wir wissen spätestens seit Kopenhagen – das hätte man auch schon vorher sehen können –, dass wir, wenn sich alle Industrieländer dazu verpflichten würden, ab morgen kein CO2 mehr auszustoßen, selbst dann das Zwei-Grad-Ziel nicht erreichen könnten.“ Ja was gilt denn nun Frau Kanzlerin?
Zwei Tonnen CO2-Emissionen pro Einwohner würde bei einer Weltbevölkerung von 9,5 Milliarden Einwohnern (aktuelle Schätzung für 2050) 19 Milliarden Tonnen CO2-Emissionen pro Jahr bedeuten. Im Vergleich zu 34 Milliarden emittierten Tonnen CO2 in 2012, wäre das nur eine Reduzierung um die Hälfte, was weitaus weniger ist, als die allseits angestrebte Senkung der CO2-Emissionen um 80 Prozent bis 2050.
Diese naturwissenschaftlich gravierenden Fehleinschätzungen in ihrer Rede sind symptomatisch für die heutige Klimaschutzdiskussion. Sicherlich haben die Klimaschutzfachleute im Kanzleramt diese Rede vorbereitet, was aufzeigt, dass in weiten Teilen der politischen Beratung die naturwissenschaftlichen Grundlagen der Klimaproblematik nicht wirklich präsent sind. Geredet wird vielfach von der Notwendigkeit eines wirksamen Klimaschutzes, dass man ihn aber nur mit Nullemissionen und gleichzeitigen Kohlenstoffsenkungen hinbekommen kann, hat kaum jemand im Blick.
Die Notwendigkeit auch Kohlenstoffsenke in den Mittelpunkt zu rücken, zum Beispiel mit neuen Technologien wie der Biokohle oder eine biologischen Landwirtschaft, statt der klimaschädlichen Intensivlandwirtschaft, scheint die Klimakanzlerin nicht wirklich wichtig zu nehmen, genauso wenig, wie die Umstellung unserer Energieversorgung auf 100 Prozent Erneuerbare Energien, wie es viele in unserer Gesellschaft anstreben.
Und während sie behauptet, dass Deutschland bei den CO2-Emissionen „auf einem recht guten Weg“ sei, verschweigt sie den Zuhörern, dass Deutschland erstmals im letzten Jahr, also unter ihrer Kanzlerschaft, eine Erhöhung des Kohlendioxidausstoßes zu verzeichnen hatte und es ihre Fraktion im europäischen Parlament war, die eine notwendige Reform des Emissionshandeln, das so genannte backloading, angelehnt hat.
Ein Machtwort der Kanzlerin hätte gereicht, um die Reform auf den Weg zu bringen. Die Bewegründe hinter dem Nein gegen eine Reform spricht sie dann aber selbst an, eine Reform gegen die „geballte deutsche Wirtschaft“ sei ihrer Meinung nicht machbar.
Obwohl sie „persönlich“ der Meinung sei, dass backloading „kein Tabu sei“, koppelt sie eine Reform des Emissionshandels in ihrer Rede an eine Reform des EEGs in Deutschland: „Wenn es uns gelingt, das Erneuerbare-Energien-Gesetz zu reformieren, was sich im Augenblick sehr schwierig gestaltet – nicht nur, weil wir bald eine Wahl haben werden, sondern weil natürlich viele in die erneuerbaren Energien investiert haben oder investieren wollen und sich deshalb nicht so gern bereit erklären, sich jetzt für das Gesamtsystem zu interessieren –, werden wir uns sicherlich auch noch einmal dem Backloading zuwenden können.“
Diese Denkweise ist völlig verkehrt und gefährlich für den Klimaschutz: Es sind doch die Erneuerbare Energien, die mit 130 Millionen Tonnen CO2-Reduktion seit 1990 den zweitgrößten Posten, nach dem Niedergang der Ostdeutschen Wirtschaft, zur deutschen Emissionssenkung beigetragen haben. Der Emissionshandel hat aber nur 18 Millionen Tonnen geschafft.
Offensichtlich denkt auch sie daran die Erneuerbaren Energien zu drosseln, um damit die Zertifikatspreise etwas anheben zu können. Denn je mehr Erneuerbare Energien im Markt, desto weniger Emissionen werden emittiert, womit die Zertifikatspreise sinken, wenn nicht gleichzeitig das Cap gesenkt wird.
Merkel täuscht mit solchen Reden über den Klimaschutz die Öffentlichkeit, denn in Wirklichkeit stützt ihre Regierung das fossile Wirtschaftssystem. Aber mit einem behält die Kanzlerin recht, mit einer Kanzlerin wie Merkel stellt sich „der Pfad zur Eindämmung des Klimawandels als ein komplizierter Weg“ heraus.
Die Rede von Bundeskanzlerin Merkel anlässlich des Petersberger Klimadialogs
Quelle
Hans-Josef Fell MdB 2013