COP29: Fossil ausgerichtete Weltklimakonferenz
Nach Dubai setzt auch der diesjährige Gastgeber der Weltklimakonferenz Aserbaidschan offen auf fossile Expansion und autoritäre Praktiken. Keine guten Vorzeichen für die COP29, kritisieren Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen.
Die Weltklimakonferenz (COP29) tagt Mitte November in Aserbaidschan. Das autoritäre Land in Vorderasien verfügt über erhebliche Ölreserven, die vor allem der staatliche Öl- und Gaskonzern SOCAR ausbeutet. Die Auswahl des Austragungsorts wurde seit Bekanntwerden von Akteuren der Zivilgesellschaft scharf kritisiert. Die Umwelt- und Menschenrechts-NGOs urgewald und CEE Bankwatch beleuchten in einem Bericht den fossilen Staatskonzern und seine Verstrickungen.
Fossile Gegenwart, fossile Zukunft
Fossile Energieträger sind die Grundlage der aserbaidschanischen Wirtschaft. Einnahmen aus Fossilen machen 90 Prozent der Exporteinnahmen, 60 Prozent der Staatseinnahmen und 30 bis 50 Prozent des Bruttoinlandprodukts aus. Das autoritäre Regime Aserbaidschans setzt auf die Ausbeutung der fossilen Ressourcen, in der Gegenwart wie in der Zukunft.
Die Ölquellen in Aserbaidschan haben einen niedrigen Schwefelanteil und sind damit qualitativ hochwertig. Seit 2014 ist die Ölförderung zwar leicht rückläufig. Übertroffen wird sie jedoch von einer stetig steigenden Gasproduktion.
Die Öl- und Gasvorkommen bezeichnete Aserbaidschans Machthaber Ilham Alijew beim Petersberger Klimadialog im April 2024 als „Geschenk Gottes“ und betonte, er werde das Recht seines Landes, in Fossile zu investieren und sie zu produzieren, weiter verteidigen. In den vergangenen zwei Jahren investierte das SOCAR über 300 Millionen US-Dollar in die Exploration von Gasreserven.
Von der grünen Wende keine Spur
Von einer grünen Wende ist in Aserbaidschan kaum etwas zu sehen. In den nächsten 10 Jahren will der Staat rund 411 Milliarden Kubikmeter Gas fördern, schätzt die Menschenrechtsorganisation Global Witness. Dies würde 781 Millionen Tonnen Kohlendioxid freisetzten. Zum Vergleich: Die Gesamtemissionen Deutschlands im Jahr 2023 lagen bei 674 Millionen Tonnen.
Mit der Unternehmenstochter SOCAR Green plant der fossile Staatskonzern zwar, Solar- Wind- und Wasserstoffprojekte umzusetzen. Die Erneuerbare Stromerzeugung aus Solar- und Windparks soll bis 2030 von 1,3 auf 5 Gigawatt ausgebaut werden. Ein Rückgang der Gasförderung ist jedoch nicht geplant. Vielmehr soll mehr Erdgas für den Export zur Verfügung gestellt werden.
Allein die Gasexporte nach Europa sollen bis 2027 verdoppelt werden. Eine Pipeline, die in Zukunft aserbaidschanisches Gas nach Italien und weiter nach ganz Europa transportieren soll, wurde von multilateralen wie europäischen Banken massiv gefördert.
Klimakrise diskutieren
Zum Präsidenten der diesjährigen COP wurde Mukhtar Babayev ernannt, der Minister für Ökologie und natürliche Ressourcen Aserbaidschans. Vor seinem Amtsantritt arbeitete er über mehr als zweieinhalb Jahrzehnte in leitender Funktion für SOCAR.
„Es ist fatal, dass sich erneut ein auf fossilem Wohlstand erbautes Regime anschickt, den Ton bei den Klimaverhandlungen vorzugeben. Die Länder mit Klima Ehrgeiz müssen umso stärker ihren Einfluss geltend machen, sonst wird es eine verlorene COP.“, kritisiert Regine Richter, Energie-Expertin der Umwelt- und Menschenrechtsorganisation urgewald und eine der Autor:innen des Berichts.
Gastgeber der diesjährigen Klimakonferenz ist Aserbaidschan. Wieder ein autoritäres Land, das seinen Reichtum auf fossile Energien aufbaut und seine Gasproduktion in den kommenden Jahren erheblich steigern will.
Wieder abhängig von Autokraten
Nicht zuletzt stützen die fossilen Einnahmen ein autoritäres Regime. Die aserbaidschanische Regierung zeige null Toleranz gegen über Andersdenkenden und sei nicht an einem zivilen Dialog interessiert, kommentiert Manana Kochladze, Regionalkoordinatorin bei der Organisation CEE Bankwatch und Co-Autorin des Berichts. „Der Staat begegnet Widerstand mit brutaler Gewalt und Verfolgung, sowohl im Inland als auch international.“ Das Alijew-Regime schikaniere systematisch Umwelt- und Menschenrechtsaktivist:innen. „Diese Bedingungen wecken nicht gerade Zuversicht für die bevorstehenden Verhandlungen in Baku.“
Das Alijew-Regime steht offen an der Seite Russlands. Global Witness wirft SOCAR unter anderem vor, Russland geholfen zu haben, EU-Sanktionen zu umgehen.
- „GHG emissions of all world countries“ 2024 report | Seit Beginn des 21. Jahrhunderts haben die weltweiten Treibhausgasemissionen (THG) eine steigende Tendenz, was vor allem auf die Zunahme der Emissionen aus China und anderen Schwellenländern zurückzuführen ist. Infolgedessen ist die Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre erheblich gestiegen, was den natürlichen Treibhauseffekt verstärkt und sich negativ auf das Leben auf der Erde auswirken kann.
- Aserbaidschan macht Spagat im Klimaschutz | Aserbaidschan richtet die diesjährige COP29 aus. Die Wirtschaft des Landes fußt zu großen Teilen auf fossilem Gas. Eine Rundreise zeigt ein Land zwischen fossilen Exporten und dem eigenen Ausbau Erneuerbarer Energien, Emissionen und Klimaschutz.
- Fossile Expansion des kommenden COP-Gastgebers | Gastgeber der diesjährigen Klimakonferenz ist Aserbaidschan. Wieder ein autoritäres Land, das seinen Reichtum auf fossile Energien aufbaut und seine Gasproduktion in den kommenden Jahren erheblich steigern will.
Quelle
Der Bericht wurde von der Redaktion “energiezukunft“ (jb) 2024 verfasst – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung weiterverbreitet werden! | energiezukunft | Heft 36/2024 | „Strategien in der Klimakrise“ | Download