COP29 muss Klima-Hilfen für einkommensschwache Länder verzehnfachen
Oxfam: Gerade nach der US-Wahl muss der Rest der Welt zeigen, dass der kooperative Multilateralismus rund um das Pariser Abkommen echte Fortschritte bringen kann.
Mindestens eine Billion US-Dollar pro Jahr als neues Globalziel zur Unterstützung einkommensschwacher Länder und deutliche Signale für ambitioniertere Klimaschutzziele unter dem Pariser Abkommen – das fordert Oxfam von der diesjährigen UN-Weltklimakonferenz COP29, die ab Montag im aserbaidschanischen Baku beginnt. Von der Bundesregierung braucht es auch nach dem Ampel-Aus nun konsequentes Engagement für einen Erfolg der COP29.
Hauptaufgabe der COP29 ist es, ein neues Globalziel für die finanzielle Unterstützung einkommensschwacher Länder zur Bewältigung der Klimakrise festzulegen, um das bisherige 100-Milliarden-Ziel der Industrieländer zu ersetzen. Noch sind wesentliche Schlüsselfragen zur Ausgestaltung des neuen Ziels ungeklärt – etwa hinsichtlich des Umfangs, des künftigen Kreises der Geberländer oder zum Umgang mit unvermeidlichen Klimaschäden.
Jan Kowalzig, Experte für Klimawandel und Klimapolitik bei Oxfam dazu: „2015 wurde in Ergänzung zum Pariser Abkommen beschlossen, die finanzielle Unterstützung für die einkommensschwachen Länder ab 2025 auf eine neue Grundlage zu stellen. Dieses Versprechen gilt es nun in Baku einzulösen, damit auch der Globale Süden ehrgeizig zur Umsetzung des Pariser Abkommens beitragen, sich klimaverträglich entwickeln und seine Gesellschaften vor den Folgen der Klimakrise schützen kann. Dass das gelingt, liegt in unserer vernetzten Welt im ureigenen Interesse auch der Industrieländer.”
Nach Einschätzung von Oxfam braucht es für die künftige Unterstützung als Zielmarke ein Volumen von jährlich mindestens einer Billion US-Dollar. Das entspräche einer Verzehnfachung des bisherigen Ziels. So fordern es auch die einkommensschwachen Länder. „Das Geld dafür wäre da: Über Vermögenssteuern für Reiche und Superreiche, die durch ihren extremen Konsum erheblich zur Klimakrise beitragen, oder über Abgaben auf die Förderung fossiler Energien ließen sich erhebliche Mittel mobilisieren, die in die Bewältigung der Klimakrise gesteckt werden könnten”, so Kowalzig.
Nach den Vorstellungen der besonders gefährdeten Länder soll das neue Globalziel nicht nur die Unterstützung für Klimaschutz und Anpassung an die Veränderungen, sondern auch für die Bewältigung kommender Verluste und Schäden etwa durch Stürme, Dürren oder Überschwemmungen abdecken. Die Industrieländer lehnen diese Ausweitung derzeit ab.
Jan Kowalzig sieht darin politisches Kalkül: „Die Industrieländer wehren sich mit formalen Argumenten, in Wahrheit aber ist die Blockade politisch, denn sie fürchten den hohen Unterstützungsbedarf beim Umgang mit Klimafolgeschäden. Mit dieser Haltung gegen die vom Klimawandel existenziell bedrohten Länder wird sich in Baku kein Erfolg zurechtzimmern lassen.”
Die Rolle der Bundesregierung sieht Oxfam kritisch. Zwar gilt Deutschland bislang als Zugpferd in der Klimafinanzierung, aber noch plant die Bundesregierung den Etat des Entwicklungsministeriums für 2025 so kürzen, dass die deutsche Zusage, die Klima-Hilfen auf jährlich mindestens sechs Milliarden Euro anzuheben, kaum einzuhalten sein wird.
Jan Kowalzig betont: „Wenn ausgerechnet Deutschland seine Finanzzusagen bricht, dürfte das der für die Verhandlungen so wichtigen Vertrauensbasis zwischen den Ländern wenig zuträglich sein. Dass sich der Bundesfinanzminister dafür nie interessiert hat, ist wenig überraschend. Bundeskanzler Olaf Scholz hingegen hat die deutsche Zusage wiederholt bekräftigt und muss nun die geplanten Kürzungen kassieren. Auch und gerade nach dem Ampel-Aus.”
Auch der dürftige Ehrgeiz der Länder beim Klimaschutz wird Thema auf der Konferenz sein. Die bisherigen Klimaschutzziele der Länder machen eine globale Erwärmung von bis zu 3°C möglich. Bis 2030 werden, so ein neuer UN-Bericht, die weltweiten Emissionen um weniger als drei Prozent gegenüber 2019 sinken. Nötig wären jedoch 43 Prozent, um die globale Erwärmung auf maximal 1,5°C zu begrenzen und so die schlimmsten Szenarien der Klimakrise noch zu verhindern. Die COP29 muss hier deutlich mehr Ehrgeiz von den Ländern einfordern, wenn diese nächstes Jahr turnusgemäß ihre neuen Klimaschutzpläne unter dem Pariser Abkommen einreichen werden.
Natürlich ist das Wahlergebnis in den USA ein Rückschlag für die internationale Klimapolitik. „Donald Trump leugnet die Wissenschaft zum Klimawandel, agiert als Frontmann der fossilen Energieindustrie und steht seit jeher dem Multilateralismus feindlich gegenüber”, so Kowalzig. Allerdings gilt auch: Die Klimakrise macht deswegen nicht vier Jahre halt, sondern bleibt eine existenzielle Bedrohung. Weite Teile der USA wissen das und haben längst verstanden, dass ambitionierter Klimaschutz eine wichtige Zukunftsinvestition ist. Auf Bundesstaatenebene wird die zum Teil ehrgeizige Energie- und Klimapolitik weitergehen. Auch wenn die USA unter Donald Trump das Pariser Abkommen verlassen, wird der Rest der Welt die klimafreundliche Transformation fortsetzen. Dass das gelingen kann, muss auch die kommende COP29 beweisen.