Cyber-Krieg im Nahen Osten
Auch die jüngste Attacke auf den Ölkonzern Saudi Aramco zeigt die Verletzlichkeit unserer Wirtschaftsstrukturen. Die Angriffe haben eine globale Bedeutung, denn das Produkt, welches Saudi Aramco täglich in großen Mengen auf den internationalen Markt wirft, gilt als Blut der Weltwirtschaft: Öl. Auffällig ist, dass sich Angriffe auf Energie-Infrastrukturen im Nahen Osten häufen, im Iran sind es nicht nur die Nuklearanlagen, sondern auch Bereiche der Ölförderung, in Katar steht der Gasförderer RasGas im Fadenkreuz. Die Angreifer setzen an den sensibelsten Stellen der Weltwirtschaft an: an den Quellen der Energiezufuhr. Von Norbert Rost
Saudi-Arabien ist dieser Tage nicht im nur Gespräch wegen einer CitiGroup-Studie, laut derer der weltgrößte Ölförderer bis 2030 vom Öl-Exporteur zum Öl-Importeur werden könnte und sein heutiger Beitrag zur globalen Energieversorgung versiegen könnte. Zu diesem Schluss kommt man, schreibt man die jüngsten Wachstumsraten des saudischen Eigenverbrauchs an Öl fort. Von 1999 bis 2011 hat sich der Eigenverbrauch des 28 Millionen Einwohner zählenden Königreichs verdoppelt: siehe Grafik 1 – linker Container!
Saudi-Arabien ist auch im Gespräch wegen einer Attacke auf die IT des weltgrößten Ölförderers: Am 15. August wurde der saudische Ölkonzern Saudi Aramco Opfer eines Cyber-Angriffs. Ein Virus habe die Windows-basierten Business-Computer infiziert, die Steuerungssysteme für die Förderförderung selbst seien nicht betroffen bzw. wurden zu diesem Zeitpunkt bewusst vom restlichen Netz getrennt. Bis zum 26. August hatte die Firma die 30.000 betroffenen Workstations wiederhergestellt, berichtet das Unternehmen auf seiner Facebook-Seite. Die gemachten Erfahrungen wurden nun am 5. September in einem IT-Workshop dargestellt, wohl auch, um die Geschäftspartner der Firma und vor allem die globalen Ölmärkte nicht in Aufruhr zu versetzen.
Saudi Aramco dürfte zu den strategisch wichtigsten Knotenpunkten des weltweiten Wirtschaftsnetzes gehören. Etwa 10% des weltweit verbrauchten Erdöls werden von dem Staatskonzern gefördert und auch für das Land selbst wäre eine Einschränkung der Ölförderung ein Desaster: 86% des Staatshaushaltes werden durch Petrodollars gefüllt, nur 14% kommen aus anderen Quellen, z.B. Steuern. Doch ein Ausfall der Ölproduktion hätte weltweite Verwerfungen zur Folge, ist der tägliche Ölzufluss doch zur Aufrechterhaltung des globalen ökonomischen Systems notwendig. 8 Millionen fehlende Fass Öl würden den Ölpreis in Höhen katapultieren, die einen Literpreis von 1,75 Euro an deutschen Tankstellen als günstig erscheinen ließen.
Quelle
Mit freundlicher Genehmigung Norbert Rost 2012Regionalentwicklung.de 2012Erstveröffentlichung Telepolis 09.09.2012