Deutscher Umweltpreis mahnt
Natürliche Rohstoffe besser schützen und nachhaltiger nutzen. „Problemen die Stirn zu bieten, ist entscheidende Triebfeder für den Erfolg beim Umweltschutz,“ so Bundespräsident Joachim Gauck bei der Preisverleihung.
Der Deutsche Umweltpreis der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) ist zum 24. Mal vergeben. Aus den Händen von Bundespräsident Joachim Gauck und der DBU-Kuratoriumsvorsitzenden und Parlamentarischen Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, Rita Schwarzelühr-Sutter, nahmen heute in Würzburg der Unternehmer Bas van Abel (39, Amsterdam) sowie die Wissenschaftlerin Prof. Dr.-Ing. Angelika Mettke (64, Cottbus) und der Unternehmer Walter Feeß (62, Kirchheim/Teck) den höchstdotierten, unabhängigen Umweltpreis Europas in Empfang. Die DBU will mit der Auszeichnung der Pioniere und kreativen Wegbereiter für den Schutz und die nachhaltige Nutzung natürlicher Rohstoffe darauf hinweisen, dass entschlossenes Handeln zwingend nötig ist, um die Lebensgrundlagen des Planeten auch für zukünftige Generationen zu sichern. Die Erde werde in Teilen schon jetzt über ihre Belastungsgrenzen hinaus strapaziert. Van Abel erhält 250.000 Euro. Die zweite Hälfte des Preisgeldes teilen sich Mettke und Feeß.
Längerer Lebenszyklus für Smartphones und Beton
Die DBU würdigte den Gründer und Geschäftsführer von Fairphone B.A., Bas van Abel, weil er in der Informations- und Kommunikationsbranche neue Wege gefunden habe, um dem übersteigerten Verbrauch von Handys und Smartphones entgegenzutreten. Angelika Mettke von der Brandenburgischen Technischen Universität (BTU) Cottbus-Senftenberg und Walter Feeß, Geschäftsführer der Heinrich Feeß GmbH & Co. KG, trieben den Einsatz von wiederverwertbaren Betonteilen und Recycling-Beton voran. In beiden Branchen zerstöre der Abbau von Rohstoffen flächendeckend wertvolle Lebensräume. Es gebe aber Möglichkeiten, diese Nutzung zu drosseln, indem auf einen längeren Lebenszyklus der Produkte – seien es Smartphones oder Beton – gesetzt werde.
Van Abel: Sozial-, Arbeitsschutz- und Umwelt-Standards vor Ort verbessern
Van Abel verfolge das Ziel, ein nach ethischen Grundsätzen produziertes Smartphone mit möglichst geringem Schaden für die Umwelt und ohne Ausbeutung von Menschen herzustellen. Einzelbauteile des reparaturfreundlich konstruierten Fairphones wie Akku oder Display seien austauschbar, so dass Rohmaterialien durch längere Lebenszyklen geschont und Kreisläufe durch Recycling geschlossen würden. Sozial-, Arbeitsschutz- und Umwelt-Standards sollten vor Ort verbessert werden, damit die Menschen in Konfliktregionen zu fairen Konditionen beschäftigt würden und der Einfluss auf die Umwelt so gering wie möglich ausfalle. Für die gesamte Wertschöpfungskette habe Fairphone Strategien entwickelt, um die derzeit vorherrschenden Bedingungen zu verbessern. Damit setze Fairphone bewusst ein Zeichen gegen die heute gängigen Mobiltelefone, die mit wertvollen und oft nur unter großen Umweltbelastungen zu gewinnenden Metallen und Komponenten bestückt seien und nach wenigen Jahren ausgemustert oder weggeworfen würden, obwohl sie noch voll funktionstüchtig seien.
Mettke und Feeß: Eingefahrene Strukturen in der Rohstoffwirtschaft durchbrechen
Mettke und Feeß hätten eingefahrene Strukturen in der Rohstoffwirtschaft durchbrochen, dem sorglosen Umgang mit Ressourcen einen Riegel vorgeschoben und dem Grundsatz „Verwerten vor Deponieren“ eine neue Qualität verliehen. Hinzu komme das Problem des Flächenverbrauchs. Denn für konventionellen Beton würden Schotter und Kies in großen Gruben abgebaut und über lange Wege zwischen Abbaugebiet und Baustelle transportiert. Der Flächenverbrauch sei immens und hinterlasse karge Landschaften, die aufwändig für die Natur wieder hergestellt werden müssten. Außerdem gingen wertvolle land- und forstwirtschaftlich genutzte Flächen verloren.
Umweltprobleme aus Abriss- und Rückbauprozesse für Öffentlichkeit zugänglich gemacht
Altbeton aus Abbruch-Bauten für Recycling-Beton zu verwenden, sei ein wichtiges Standbein, um den Flächenverbrauch einzudämmen und Deponien zu entlasten. Mettke habe Umweltprobleme aus Abriss- und Rückbauprozessen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht, Stoffkreisläufe neu gestaltet und damit viele neue qualifizierte Arbeitsplätze möglich gemacht. Als Wegbereiter für Recycling-Beton habe Feeß mit unternehmerischem Mut einen florierenden Baustoffhandel aufgebaut. Beide stellten die zentralen Fragen nach der Herkunft, der Herstellung und der Kreislaufwirtschaft und versuchten so, an den Systemen etwas zu ändern, zu verbessern.
Unternehmen müssen Umgang mit Ressourcen bewusster angehen
Die Preisträger selbst machten in Filmen, die während des Festaktes eingespielt wurden, ihre Positionen und Einstellungen noch einmal deutlich. Van Abel unterstrich, seine Vision sei, dass Unternehmen ihre Geschäftsmodelle und ihren Umgang mit Ressourcen bewusster angingen: „Jetzt ist es doch leider so: ökonomisch geht es aufwärts, ökologisch geht’s aber den Bach runter. Wir müssen das ins Gleichgewicht bringen. Wirtschaft und Ökologie müssen sich zusammentun, Hand in Hand gehen. Das ist für mich die Zukunft.“ Wir wüssten zwar um die schlimmen Arbeitsbedingungen, unter denen verschiedene Mineralien, die für Smartphones benötigt werden, gewonnen würden. Wir wüssten „um die ganz alltägliche Kinderarbeit“, dass es keine faire Mine im Kongo gebe, dort Krieg herrsche und Menschen nichts zu essen hätten, „aber wir sehen die Verbindung zwischen den Produkten und diesem Elend nicht mehr“. Deshalb sei es für ihn das Wichtigste gewesen, auf diese Zusammenhänge hinzuweisen. Van Abel: „Unsere Kunden sollen ihr Fairphone kennen und sich dafür verantwortlich fühlen. Und ihr Mobiltelefon so lange nutzen, wie es nur geht. Denn: bei einer fünfjährigen statt einer zweieinhalbjährigen Nutzung müssen nur halb so viele neue Smartphones hergestellt werden. Und das ist dann ein riesiger Beitrag für den Umweltschutz.“
Jährlich zwei Millionen Tonnen Bauschutt vermeidbar
Mettke forderte, es müsse bei den Menschen ein Umdenken einsetzen. Die Ressourcen, die nicht unendlich verfügbar seien, müssten viel sorgfältiger und besser genutzt werden. Sie habe einmal überschlagen, dass jährlich zwei Millionen Tonnen Bauschutt vermieden werden könnten, wenn die Betonplatten wieder eingesetzt würden. Nur: Von diesen potenziellen Material-, aber auch den Energieeinsparungen spreche niemand. Auch die Qualität der Betonelemente werde immer wieder in Frage gestellt. Dabei habe sie „über tausend Betonelemente geprüft, unterschiedliche Bautypen“ und „sensationelle Festigkeitswerte feststellen können“.
Verantwortung gegenüber kommenden Generationen gerecht werden
Auch Feeß kritisierte, dass er sich „oft alleine gelassen“ fühle und immer kämpfen müsse. Die Akzeptanz von Recycling-Material und -Beton sei nicht so leicht zu erreichen. Dabei lägen die Vorteile auf der Hand. Sein Unternehmen bereite Abfälle wieder auf, wo sie anfallen. Das spare „enorm viele Lkw-Kilometer“ und verringere Transportwege, Lärm, Kohlendioxid- und Feinstaubausstoß. Feeß: „Ein Riesenvorteil für unsere Umwelt.“ Er hoffe und wünsche sich, dass der Staat seiner Vorbildfunktion öfters gerecht werde und seine Gebäude in Recyclingbeton baue, denn dann „zieht der Privatmann umso schneller nach“. Seine Vision sei, „dass die Leute irgendwann mal infiziert werden und wissen, es gibt keine Alternative. Wenn wir die Klimaschutzziele erreichen wollen, wenn wir die Verantwortung gegenüber unseren kommenden Generationen gerecht werden wolle, dann müssen wir mehr unsere Abfälle verwerten.“