Die zehn gefährlichsten Umweltgiftquellen weltweit des Jahres 2011
Der Umweltgiftbericht 2011 beziffert erstmals die gesundheitlichen Auswirkungen der gravierendsten Schadstoffprobleme der Welt.
Green Cross Schweiz und das in den USA beheimatete Blacksmith Institute legen eine Liste der zehn weltweit gefährlichsten Umweltgiftquellen vor und veröffentlichen das bisher genaueste Bild der Schadstofffolgen.
Green Cross Schweiz und das in den USA beheimatete Blacksmith Institute legen eine Liste der zehn weltweit gefährlichsten Umweltgiftquellen vor und veröffentlichen das bisher genaueste Bild der Schadstofffolgen. Gestützt auf Forschungsergebnisse, die in den letzten drei Jahren an mehr als 2000 stark verschmutzten Orten erhoben wurden, identifiziert der Umweltgiftbericht 2011 die zehn wichtigsten Umweltgiftquellen und beziffert ihre gesundheitlichen Auswirkungen.
„Toxische Belastungen durch Bergbau und industrielle Prozesse in der ganzen Welt sind ein grosses Gesundheitsrisiko für die betroffene Bevölkerung“, sagt David Hanrahan, Leiter Globales Programm Blacksmith Institute. „Obwohl mindestens so viele Menschen unter umweltgiftbedingten Krankheiten leiden wie an Malaria oder Tuberkulose, unterstützt die internationale Weltgemeinschaft in vielen Ländern kaum Hilfsmassnahmen“, betont Nathalie Gysi, Geschäftsleiterin Green Cross Schweiz.
Toxische Chemikalien gehören zu den schlimmsten Gesundheitsgefahren
Im Umweltgiftbericht 2011 werden erstmals die Auswirkungen der Umweltgifte aufgrund der verlorenen Lebensjahre und der in Krankheit verbrachten Jahre beziffert, während sich die bisherige umweltmedizinische Forschung vor allem auf die Zahl der durch ein Problem verursachten Todesfälle konzentriert. Weil Umweltgifte oft zu schweren Behinderungen ohne tödliche Folgen führen, werden viele Opfer von der Statistik nicht erfasst. Gemäss dem vorliegenden Bericht verliert eine Person, die von den Umweltgiftquellen in der Top-Ten-Liste betroffen ist, durchschnittlich 12,7 Jahre infolge Tod oder Behinderung. Diese Masszahl wird als „Disability-Adjusted Life Year“ (DALY) bezeichnet und steht für die verlorenen oder mit einer Behinderung verbrachten Lebensjahre.
Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge war die Belastung durch toxische Chemikalien 2004 für 4,9 Millionen Todesfälle und 86 Millionen DALY-Fälle weltweit verantwortlich. Der grosse Unterschied zwischen Todesfällen und DALY-Fällen zeigt, dass eine beträchtliche Zahl von Menschen mit Behinderungen lebt, die auf die Belastung durch Chemikalien zurückzuführen sind. Der vorliegende Bericht geht noch einen Schritt weiter und führt die Ursachen und Wirkungen zusammen, indem er die DALY-Fälle für eine bestimmte Gemeinschaft ermittelt, die durch eine wirtschaftliche Aktivität und die damit verbundenen Umweltgifte belastet wird. Dies ermöglicht, die schwerwiegendsten und am weitesten verbreiteten Schadstoffprobleme präzis zu identifizieren und zu isolieren. Aufgrund dieser Erhebungen können Prioritäten für die zukünftigen Ressourcenallokationen und Sanierungen gesetzt werden. „Die internationale Weltgemeinschaft ist aufgefordert, die nötigen Ressourcen und das Engagement aufzubringen, um die Umweltgiftquellen zu beseitigen und die schwerwiegendsten Probleme sofort anzugehen“, sagt Dr. Stephan Robinson, Bereichsleiter Abrüstung, Wasser von Green Cross Schweiz.
Die zehn gefährlichsten Umweltgiftquellen weltweit 2011 sind (Rangliste nach Anzahl gefährdeter Menschen):
- Bergbau und Erzaufbereitung; geschätzte Anzahl gefährdeter Menschen: 7,02 Millionen
- Metallverhüttung; geschätzte Anzahl gefährdeter Menschen: 4,95 Millionen
- Chemische Produktion; geschätzte Anzahl gefährdeter Menschen: 4,78 Millionen
- Bergbau mit einfachen handwerklichen Mitteln; geschätzte Anzahl gefährdeter Menschen: 4,23 Millionen
- Industrieareale; geschätzte Anzahl gefährdeter Menschen: 3,86 Millionen
- Landwirtschaftliche Produktion; geschätzte Anzahl gefährdeter Menschen: 3,27 Millionen
- Deponien mit Industrie- und Haushaltabfällen; geschätzte Anzahl gefährdeter Menschen: 3,21 Millionen
- Schwerindustrie (Giessen, Walzen, Stanzen); geschätzte Anzahl gefährdeter Menschen: 2,77 Millionen
- Petrochemische Industrie; geschätzte Anzahl gefährdeter Menschen: 1,91 Millionen
- Gerbereibetriebe; geschätzte Anzahl gefährdeter Menschen: 1,89 Millionen
Der diesjährige Umweltgiftbericht 2011 basiert auf der geschätzten Zahl der Menschen, die durch die Schadstoffquellen betroffen sind, und der Anzahl weltweit identifizierter Orte, wo Umweltgifte in gesundheitsschädlichen Konzentrationen vorkommen. Er befasst sich in erster Linie mit Umweltgiften, die vom technischen Beratungsausschuss des Blacksmith Institute als „toxisch“ bezeichnet werden. Im Gegensatz zu 2008 sind somit Probleme wie die Luftverschmutzung von Innenräumen, die nicht-toxische Elemente aufweisen kann, ausgenommen. Der Bericht konzentriert sich ausserdem auf Orte mit einer eindeutigen, ortsfesten Schadstoffquelle, auf die Sanierungsarbeiten abzielen können. Von diesem Geltungsbereich ausgenommen sind Schadstoffprobleme, deren Quelle unklar oder räumlich verteilt ist wie beispielsweise Autoabgase, städtische Luftverschmutzung, Wasserverschmutzung aus diffusen Quellen und abfliessendes Regenwasser, allgemeine Haushalts- oder Gewerbeabfälle sowie Öl- oder Chemieunfälle bei Transport und Weiterverteilung.
Der Umweltgiftbericht 2011 kann hier heruntergeladen werden
Zudem zeigt der Bericht auf, dass entgegen der weitverbreiteten Ansicht viele der gravierendsten Schadstoffquellen nicht direkt auf multinationale Unternehmen zurückzuführen sind, sondern auf ungenügend regulierte, kleinräumige Aktivitäten wie Bergbau mit handwerklichen Mitteln, Metallrecycling und stillgelegte Betriebe. Jedoch tragen Länder mit hohen Einkommen indirekt in erheblichem Masse zu diesen Umweltgiftproblemen bei, weil die Nachfrage nach Rohstoffen und Konsumgütern hauptsächlich durch wirtschaftlich starke Länder forciert wird. Dies treibt viele dieser Kleinindustrien an und verschlimmert dadurch die Schadstoffprobleme in einkommensschwachen Ländern.
Im Gegensatz zum Bericht von 2008, der auch Informationen von externen Experten und Quellen enthielt, basiert der diesjährige Bericht ausschliesslich auf Daten, die direkt vom Blacksmith Institute mit Unterstützung von Green Cross Schweiz in den Gebieten mit Umweltgiftquellen erhoben wurden. In den letzten drei Jahren wurden Informationen von mehr als 2000 verschmutzten Orten katalogisiert, darunter Daten über die Konzentration wichtiger Umweltgifte, industrielle Quellen, GPS-Koordinaten, nachgewiesene gesundheitliche Auswirkungen, Übertragungswege, Fotos, Kartenmaterial und Informationen über die potenziell gefährdete Bevölkerung.
Jährliche Umweltgiftberichte
Seit 2006 haben die jährlichen Berichte des Blacksmith Institute wesentlich zum öffentlichen Verständnis der gesundheitlichen Auswirkungen an den am stärksten verschmutzten Orten der Welt beigetragen und in einigen Fällen sogar Sanierungsarbeiten erzwungen. In früheren Berichten wurde auf die grössten toxischen Bedrohungen und die gefährlichsten Umweltgiftquellen eingegangen.Die Berichte des Blacksmith Institute werden seit 2007 in Zusammenarbeit mit Green Cross Schweiz veröffentlicht.
Über das Blacksmith Institute und Green Cross Schweiz
Das Blacksmith Institute ist eine international tätige Non-Profit-Organisation, die sich für die Lösung von lebensbedrohlichen Umweltproblemen in Entwicklungsländern einsetzt. Es befasst sich mit der Bestandsaufnahme und der Sanierung der am stärksten verschmutzten Orte der Welt. Das Blacksmith Institute richtet sein Augenmerk auf Orte, wo die Gesundheit, insbesondere von Frauen und Kindern, am stärksten gefährdet ist. Die in New York ansässige Organisation arbeitet gemeinsam mit Regierungen, der internationalen Gemeinschaft, NGOs und lokalen Stellen an der Entwicklung und Umsetzung von innovativen, kostengünstigen Lösungen, um Leben zu retten. Seit 1999 hat das Blacksmith Institute über 50 Projekte realisiert und ist zurzeit an über 40 Projekten in 20 Ländern beteiligt.
Green Cross Schweiz setzt sich für die Bewältigung der Folgeschäden aus Industrie- und Militärkatastrophen und die Sanierung der Altlasten aus der Zeit des Kalten Krieges ein. Im Vordergrund stehen die Verbesserung der Lebensqualität von Menschen, die durch chemische, radioaktive und andersartige Verseuchungen betroffen sind, sowie die Förderung nachhaltiger Entwicklung im Sinne von Kooperation statt Konfrontation. Green Cross International mit Sitz in Genf wurde 1993 vom ehemaligen Präsidenten der Sowjetunion, Michail Gorbatschow, gegründet. Die Organisation besteht aus einem weltweiten Netz von 32 Tochterorganisationen, die sich für wichtige Themen wie Frieden, Sicherheit, Armutsbekämpfung und Umweltschutz einsetzen.
Quelle
Green Cross Schweiz 2011