Erdwärme kann ganze Regionen erleuchten
Erdwärme bietet ein unerschöpfliches Reservoir zur umweltfreundlichen Energiegewinnung. Geothermie-Anlagen belegen, dass es nicht nur technisch machbar ist, dieses Potenzial zu nutzen, sondern auch hoch effizient. Warum Franz Alt in der Tiefengeothermie große Chancen für alle sieht.
Herr Dr. Alt, kann Erdwärme den Energiebedarf ganzer Städte und Kommunen decken?
Der Bürgermeister von Landau sagte mir 1997: „In 20 Jahren gibt es in meiner Stadt keine einzige Ölheizung mehr. Wir können alle Energie aus Erdwärme gewinnen.“
Die 20 Jahre sind bald um …
Es dauert vielleicht ein paar Jahre länger, aber grundsätzlich ist die Energieversorgung ganzer Städte wie Landau mit 60.000 Einwohnern durch Energie von ganz unten möglich.
Was macht Sie so sicher?
Es gibt viele erfolgreiche Beispiele: In Paris werden seit 30 Jahren etwa 250.000 Wohnungen mit Erdwärme versorgt. San Francisco erzeugt seinen Strom komplett über Erdwärme. In Gegenden vulkanischen Ursprungs wird über Erdwärmekraftwerke der gesamte Stromverbrauch organisiert: zum Beispiel auf den Azoren, in Nicaragua und in El Salvador. Auf den Philippinen liefert Erdwärme bereits 23 Prozent des gesamten Energieverbrauchs, in Neuseeland 10 Prozent des Stromverbrauchs.
Das klingt gut, aber auch weit weg …
Die Geothermische Vereinigung schätzt, dass mit Erdwärme auch in Deutschland ein Viertel des Strombedarfs gedeckt werden könnte – mehrere tausend Jahre lang. Dazu läuft im Elsass, in Soultz-sous-Forêts, z.B. ein umfangreiches Europäisches Forschungsprojekt zur Tiefengeothermie. Dort werden bereits in 5.000 Meter Tiefe Temperaturen von 200 °C angetroffen. Bürgermeister auf beiden Seiten des Rheins setzen ihre Energiehoffnungen auf dieses Projekt. Gelingt es, könnte das im wahrsten Sinne des Wortes die Erleuchtung für uns alle bringen.
Welche Rolle spielt die Geothermie in einem erneuerbaren Energiemix?
Die Geothermie als Grundlast-Energieträger ist die ideale Ergänzung zu Wind, Sonne, Wasserkraft und Biomasse. Geothermische Kraftwerke lassen sich wie herkömmliche gas-, öl- oder kohlebefeuerte Anlagen ohne großen regelungstechnischen Aufwand in das Stromverbundnetz eingliedern. Dafür notwendige Technologien stehen zur Verfügung oder sind kurz vor der Einsatzreife.
Sind Geothermie-Anlagen überall sinnvoll?
Strom- und Wärmegewinnung aus dem heißen Untergrund ist generell an vielen Orten möglich. Der Landkreis Konstanz will bis 2030 zu 100 Prozent auf erneuerbare Energien umsteigen. Etwa 30 Prozent sollen aus der Tiefe kommen. Das ist freilich nur an besonders günstigen Standorten möglich. An anderen wurden die Hoffnungen auch gebremst – z.B. durch zu wenig Wasser im Gestein oder nur schwer zu durchdringendes Gestein. Eine genaue geologische Analyse lohnt sich aber in jedem Fall.
Quelle
HTIperspektiv 2011