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Fische sind keine Kartoffeln!

NABU lehnt Düngung des Bodensees vehement ab.

Eine klare Absage erteilt der Naturschutzbund NABU Baden-Württemberg den Forderungen der Fischerei, den Bodensee durch eine Reduktion der Klärleistungen zu düngen, um die Fischereierträge zu steigern. „Dank aufwändiger Klärung des Wassers ist der Bodensee endlich wieder kristallklar und wie von Natur aus nährstoffarm. Das ist einer der größten Erfolge des Umweltschutzes“, sagt der NABU-Landesvorsitzende Dr. Andre Baumann. „Es macht mich fassungslos, dass die Fischerei die Erfolge der Phosphatklärung zurückschrauben möchte.“

Der NABU befürchtet, dass sich die Fischereiverwaltung dieser seit Jahren immer wieder aufkommenden Forderung anschließt. Einmal mehr zeige diese Debatte um die Düngung, dass die Fischereiverwaltung als Teil der Landwirtschaftsabteilung im Ministerium für Ländlichen Raum nicht länger für den Fischartenschutz in öffentlichen Gewässern zuständig sein darf. „Wie bei den Tier- und Pflanzenarten über der Wasserlinie muss zukünftig auch unter Wasser die Naturschutzverwaltung zuständig sein. Das muss Minister Bonde schnellstmöglich ändern“, fordert Baumann.

„Es darf bei den Fischen nicht nur darum gehen, die Erträge zu steigern. Der Bodensee ist ein komplexer, vielfältiger Lebensraum und kein Kartoffelacker, auf dem man mit Dünger die Ernte vergrößert. Fische sind keine Kartoffeln!“ Der NABU sieht auch die Kehrseite der Rückkehr zur Nährstoffarmut: viel weniger Fische für die überwinternden Wasservögel. Bis zu einer Viertelmillion Wasservögel überwintern am Bodensee und sind auf große Nahrungsmengen angewiesen.

Während der Phosphatgehalt des Bodensees aus Sicht des NABU inzwischen im grünen Bereich angekommen ist, machen andere Schadstoffe den Naturschützern größte Sorgen: Die Rückstände von Medikamenten können die Tierwelt im See schädigen. „Die Rückstände der Anti-Baby-Pille etwa hemmen die Fortpflanzung der Fische. Vor allem aus Flüssen gibt es erschreckende Forschungsergebnisse, wonach stellenweise nur noch weibliche Fische schlüpfen.“ Dabei gäbe es bereits erste technische Lösungen, Medikamentenrückstände aus Abwässern zu entfernen. Der NABU fordert das Land auf, diese Technologien weiterzuentwickeln und einzusetzen.

Besorgt nimmt der NABU auch die immer wieder aufflammenden Angriffe gegen den Kormoran wahr. Dabei hat der NABU vor Gericht bewiesen, dass die Fischerei und Fischereiverwaltung falsch lag mit ihrer Behauptung, der Kormoran sei für den Rückgang der Fischbestände verantwortlich. „Die Fischbestände gehen wegen der sinkenden Phosphatgehalte zurück. Der Kormoran ist unschuldig“, betont der NABU-Landeschef.

Hintergrund: Phosphate im Bodensee

Von Natur aus ist der Bodensee ein phosphat- und damit nährstoffarmes (oligotrophes) Gewässer. Ab den 1950er-Jahren stieg der Phosphatgehalt stetig an. Vor allem die Industrialisierung, die intensive Landwirtschaft und das Bevölkerungswachstum im Einzugsgebiet sorgten für zunehmende Phosphateinträge. In den 1970er Jahren war die Phosphatbelastung des Bodensees auf dem Höhepunkt (bis zu 90 Mikrogramm pro Liter) und führte zu einem explosionsartigen Algenwachstum. Auf dem See trieben Schaumwolken, das Wasser war eine grüne Algen-Brühe. Mit den Algen wuchsen auch die Bestände von Kleinkrebsen an und aufgrund dieses überreichen Futterangebotes auch die Fischbestände. Höchste Fischfangerträge waren die Folge.

Die konsequente Abwasserklärung hat den Phosphateintrag seither deutlich reduziert. Heute ist der Bodensee wieder ein nährstoffarmes Gewässer und so sauber wie in den 1950er-Jahren: Der Gesamtphosphorgehalt des Obersees liegt derzeit unter 10 Mikrogramm pro Liter. 2011 lag das Jahresmittel bei 6,3 Mikrogramm. Im Vergleich zum Obersee ist der flachere Untersee produktiver: Da dort aus den Sedimenten Phosphor freigesetzt wird, liegt der Gehalt im Untersee noch bei 15 bis 20 Mikrogramm pro Liter.

Das saubere Wasser erfreut die vielen Millionen Menschen, die Bodenseewasser trinken und im See baden. Auch für viele bedrohte Pflanzenarten ist das saubere Wasser überlebenswichtig. Die Folge ist aber auch, dass die Fischbestände auf ein natürliches Maß gesunken sind und viele Fischer wirtschaftliche Einbußen verkraften müssen.

Quelle

NABU Baden-Württemberg 2013

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