Getreideabkommen ausgesetzt – Hungersituation könnte noch dramatischer werden
Oxfam warnt vor sich zuspitzenden Hungerkrise am Horn von Afrika
Russland hat eine Verlängerung des Getreideabkommens abgelehnt. Die bisherige Vereinbarung läuft heute aus. Die Nothilfe- und Entwicklungsorganisation Oxfam sieht in der Abkehr eine Gefahr vor allem für einkommensschwache Länder. Bereits vor dem Krieg in der Ukraine waren Millionen Menschen von Hunger betroffen und nun verschärft diese Entscheidung die ohnehin prekäre Situation. Oxfam fordert deswegen dringend zu überdenken, wie die weltweite Ernährungssicherheit gewährleistet werden kann.
In Teilen von Somalia und im Südsudan ist eine Hungersnot nicht weit entfernt. Das Scheitern des Getreideabkommens könnte die Weltmarktpreise weiter steigen lassen. Das bekämen diejenigen, die schon jetzt unter Hunger leiden, am stärksten zu spüren.
Zwar ging bisher nur ein kleiner Teil der ukrainischen Getreideexporte nach Ostafrika. Dennoch sind Äthiopien und Somaliland/Somalia bei ihren Weizenimporten Großteils von Russland und der Ukraine abhängig. Diese Abhängigkeiten sind gefährlich für das Überleben der Menschen.
„Bei meinem Besuch in Äthiopien und Somaliland habe ich gesehen, wie ernst die Lage vor Ort ist. Mehrere Regenzeiten sind ausgeblieben und die Menschen haben nicht genug zu essen“, berichtet Serap Altinisik, CEO von Oxfam Deutschland von ihren Eindrücken. Oxfam ist am Horn von Afrika aktiv, leistet humanitäre Hilfe und treibt Unterstützungsprogramme für lokale Gemeinden voran, die ihre Widerstandsfähigkeit erhöhen.
Das Getreideabkommen hat zwar zur Beruhigung der explodierenden Lebensmittelpreise beigetragen, ist aber weder der einzige Grund für die Krise am Horn von Afrika noch ein Allheilmittel gegen den Hunger in der Welt. Hunderte Millionen Menschen hungerten, bevor Russland die Ukraine angriff, und Hunderte Millionen hungern auch heute noch.
Das Scheitern des Abkommens zeigt umso deutlicher, dass es einen neuen Ansatz in den Ernährungssystemen braucht. Der Hunger in der Welt wird nicht dadurch besiegt, dass in wenigen Ländern Getreide in großem Stil angebaut wird. Statt dieser ungesunden Abhängigkeiten müssen Kleinbäuer*innen gestärkt und die Produktion vielfältiger und nachhaltiger werden. Dies muss auch der Maßstab für die deutsche Entwicklungszusammenarbeit werden.
„Die Auswirkungen der Klimakrise betreffen die Menschen, die am wenigsten dazu beigetragen haben, am stärksten. Ebenso wird der befürchtete Preissprung an den Getreidemärkten diejenigen treffen, die schon jetzt nicht genug zu essen haben“, so Altinisik.
- Welternährung: Hungerzahlen bleiben auf Rekordhoch | UN-Bericht: 735 Millionen Menschen leiden an chronischem Hunger; 30% der Weltbevölkerung von mittlerer bis schwerer Ernährungsunsicherheit betroffen. Hunger bleibt auf zu hohem Niveau: Enorme Herausforderungen durch Kriege, Konflikte, Preissteigerungen und Klimawandel.
- Letzte Woche wurde der FAO-Bericht zum Stand der Ernährungssicherheit veröffentlicht. Daraus geht folgendes hervor:
- 2021 konnten sich 3,1 Milliarden Menschen – oder 42 Prozent der Weltbevölkerung – nicht ausreichend ernähren.
- 2022 waren 2,4 Milliarden Menschen (29,6 Prozent der Weltbevölkerung) von Ernährungsunsicherheit betroffen.
- Aufgrund von anhaltenden Dürren ist in Somalia jeder dritte Mensch von akutem Hunger betroffen. Und das, obwohl das Land zu den Ländern gehört, die am wenigsten für die Klimakrise verantwortlich sind.
- Allein in Ostafrika leiden über 8 Millionen Kinder unter fünf Jahren an akuter Unterernährung.
- Den kompletten Bericht finden Sie hier: https://www.fao.org/3/cc3017en/cc3017en.pdf