IG Metall-Umfrage in Solarfirmen
Sie freuen sich, eine sinnvolle Arbeit zu machen, aber sind mit ihren Arbeitsbedingungen oft sehr unzufrieden.
Das zeigt eine Umfrage der IG Metall bei Beschäftigten in Solarfirmen. Jetzt plant die Bundesregierung, die Fördermittel zu kürzen. Vielen Solarfirmen droht die Pleite, Beschäftgte bangen um ihre Jobs.
Eigentlich gilt die Solarindustrie als Zukunftsbranche. Der „Rohstoff“ Sonne geht nie aus und Energie, die aus Sonne gewonnen wird, schont die Umwelt. Trotzdem kriselt es in der Branche zurzeit heftig. Viele der rund 100 000 Beschäftigten bangen um ihre Arbeitsplätze. Ein Grund ist die starke internationale Konkurrenz, vor allem aus Asien. Ein weiterer: Die Bundesregierung hat die Energiewende zwar vollmundig verkündet, aber dann keine Taten folgen lassen. Dabei gibt es viel zu tun, zum Beispiel, die Stromkosten für Verbraucher und Industrie in erträglichen Grenzen und berechenbar halten und Stromnetze und Speicherkapazitäten ausbauen.
Doch stattdessen will die Bundesregierung die Fördermittel kürzen. Die Folgen wären dramatisch, wenn umgesetzt wird, was die Minister Röttgen und Rösler planen: „Quasi über Nacht wird der deutsche Markt zusammenbrechen und Unternehmen und Arbeitsplätze gefährden“, warnt Detlef Wetzel, der Zweite Vorsitzende der IG Metall. Schon jetzt gibt es in vielen Betrieben Kurzarbeit, stehen einige Firmen vor der Insolvenz.
Politik muss Energiewende fördern
Kein Wunder, dass in einer aktuellen Umfrage der IG Metall unter Solar-Beschäftigten 77,6 Prozent sagen: Die derzeitige Energiepolitik trägt „wenig“ bis „gar nichts“ zum Erhalt ihrer Arbeitsplätze bei. Das muss sich schnellstens ändern. Investitionen in die Solarindustrie sind Investitionen in die Zukunft des Industriestandorts Deutschland. „Die darf die Politik nicht aufs Spiel setzen“, sagt Wetzel. Die Politik müsse die Energiewende nutzen, um die Photovoltaik zu erhalten und zu stärken. Zum Beispiel mit einem Nothilfe-Programm aus Bürgschaften und zinsgünstigen Darlehen. Außerdem fordert die IG Metall eine Nationale Plattform zur Energiewende, in der alle, die sie zu stemmen haben – wie Regierung, Gewerkschaften, Arbeitgeber und Wissenschaftler – zusammen Lösungen erarbeiten.
Ökologisch, aber unsozial – geht nicht
Die Arbeit in der Solarbranche ist nicht nur unsicher geworden, sie ist meist auch schlecht bezahlt. Nur 5,8 Prozent der Solar-Beschäftigten in der Produktion geben in der Umfrage der IG Metall an, sie können von ihrem Verdienst gut leben.
Bei den Leiharbeitnehmern sagen das sogar nur 3,7 Prozent. Nur etwa jeder Zehnte (11,3 Prozent) hat bei der Einstellung einen festen Vertrag erhalten. Befristete Verträge und Leiharbeit sind offenbar der Normalfall.
Statt in Forschung und Entwicklung zu investieren und den Weltmarkt durch gute, innovative Produkte zu erobern, versucht die Solarbranche es mit der Billignummer, obwohl sie mit dieser Strategie im Wettbewerb zum Beispiel mit asiatischen Ländern von vornherein chancenlos ist.
„Nachhaltig“ heißt auch sozial
Während die befragten Solar-Arbeiter und -Angestellten mit dem Arbeitsschutz in ihren Betrieben sehr zufrieden sind (79,3 Prozent geben das an), sieht das bei den Arbeitszeiten ganz anders aus. Mehr als ein Viertel (27,6 Prozent) leistet regelmäßig bis zu fünf Überstunden pro Woche. Das ist überdurchschnittlich viel. 13,3 Prozent sogar bis zu zehn Stunden. Auch mit den Schichtplänen sind fast drei Viertel (72,5 Prozent) unzufrieden.
„Nachhaltig“ sein darf sich nicht nur auf ökologisch sein beschränken. Sondern dazu gehört auch sozial verantwortliches Handeln.
Gute Arbeitsbedingungen und Mitsprache – ein Muss
Anders als in den „alten“ großen Industriezweigen, wie Stahl und Autohersteller, sind die Gewerkschaften in den jungen, oft kleinen Betrieben im Bereich der erneuerbaren Energie noch schwach vertreten. Wer einen Betriebsrat, also eine gewählte Interessenvertreter der Beschäftigten, gründen will, hat es meist schwer. Oft behindern die Geschäftsleitungen solche Initiativen.Das ist der Grund dafür, dass die Arbeitsbedingungen in der Solarbranche zu wünschen übrig lassen.
Die IG Metall appelliert an die Solarbranche, sich am Erfolgsmodell der Metall- und Elekroindustrie zu orientieren. Die Metallbranchen stehen im Großen und Ganzen wirtschaftlich glänzend da. Und das liegt auch an den Tarifverträgen mit der IG Metall und der Mitsprache der Betriebsräte.
Gute Arbeitsbedingungen in Tarifverträgen festschreiben und den Beschäftigten mehr Mitspracherechte geben – das funktioniert auch in der Solarbranche. Und vor allem: Es sorgt für motivierte Belegschaften – auch ein wichtiger Erfolgsfaktor. Die Umfrage der IG Metall hat gezeigt, dass 54 Prozent der Solar-Beschäftigten meinen, mit ihrer Arbeit einen wichtigen Beitrag zur Energiewende zu leisten. Sie arbeiten eigentlich gern in ihrer Branche.
Quelle
IG Metall 2012