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Jedem das was er erträgt

Unsere Volkvertreter fällen immer wieder strategische Fehlentscheidungen. Dies hat zur Folge dass unsere gemeinsame Zukunft, ökologisch wie ökonomisch, schon seit längerem auf’s Spiel gesetzt wird. So wird die Energiewende an die Wand gefahren, die Sozialkassen geplündert, Steuereinnahmen verschwendet und vieles mehr. Zudem arbeiten manche Behörden jahrelang fahrlässig, geben das dagegen nur zögerlich zu. Ob nun in der Asse Grundwasser verseucht wird, man die NSU nicht erkennen will oder nur wenig gegen das Ausspionieren der Bürger und Einschränkungen der Persönlichkeitsrechte unternommen wird: Großartige Konsequenzen folgen meist nicht. Das erzeugt bisweilen Unmut, Online-Petitionen und Aufrufe unterstreichen das. Die Lage ist angespannt, die Bevölkerung geht auf die Barrikaden? Weit gefehlt. Kommentar von Matthias Hüttmann

Zufriedenheit überall

Die Bundesbürger sind derzeit so glücklich wie seit 2001 nicht mehr. Das hat eine Studie zur Lebenszufriedenheit herausgefunden. Demnach kommen die Deutschen auf eine Skala von Null bis Zehn auf einen Glückswert von 7,0. Zufrieden mit sich selbst und augenscheinlich auch zufrieden mit den Regierenden. Das wird deutlich, wenn man fragt, ob denn die aktuelle Koalition ihre Arbeit gut oder schlecht macht. Im Januar lag die Zustimmung (Note gut) bei 60 %. Gerade mal ein Viertel der Befragten waren unzufrieden und vergaben ein „schlecht“. Anfang Mai hat sich die Stimmung noch weiter aufgehellt. Mittlerweile würden der Bundesregierung 73% eine Zwei ins Zeugnis schreiben, nur noch 22% sind nicht zufrieden. So lässt sich bequem regieren. Schaut man sich die Probleme an, die es zu lösen gibt rangiert im Übrigen die Energiewende sehr weit unten. Es scheint alles richtig zu laufen. In den aktuellen Umfrageergebnissen taucht sie erst unter den „weiteren wichtige Problemen in Deutschland“ auf. Gerade mal 8% halten sie für wichtig. Das soziale Gefälle in Deutschland (12%) sowie Löhne/Kosten (11%) sind da bedeutsamer. Dass eine verfehlte Energiepolitik bereits mittelfristig zur Erhöhung der Lebenserhaltungskosten und somit zu einem größeren sozialen Gefälle führen wird, scheint im Bewusstsein der Menschen wenig verankert zu sein. Im Übrigen: Der gerne als „sozial schwach“ titulierte Bevölkerungsteil sollte wohl treffender als „ökonomisch schwach“ bezeichnet werden. Unter den „ökonomisch starken“ gibt es einen deutlichen Anteil „sozial schwacher“ 1).

Demokratie und Fatalismus

Eine beliebte Fragestellung ist bekanntlich die, ob sich ein Volk seine Regierung sucht, oder ob es vielmehr umgekehrt ist und sich eine Regierungen vielmehr sein Volk formt. Schließlich bekäme jeder die Regierung die er verdient, man hat sie ja auch gewählt. Auch wird gerne argumentiert, es handelt sich hier um einen klassischen Fall von „selbst Schuld“. Folglich hat man das auch zu ertragen. Diese Einstellung ist vermehrt zu erkennen. Ein derart fatalistisches Demokratieverständnis führt jedoch immer mehr zu der Einstellung „Man kann ohnehin nichts ändern“. Wenn Demokratie jedoch nur noch bedeutet wählen zu gehen um dann untertänigst alles zu ertragen, ist es nicht weit her mit der Mitbestimmung und zu der gern geäußerten Pseudoweisheit „Jeder bekommt das, was er verdient!“. Sollte dies zutreffen, gäbe es eine Art Vorherbestimmung bzw. das jeder die gleichen Chancen erhält und Armut für „Arm an Mut“ stehen würde. Eine durchaus arrogante wie auch überhebliche Sichtweise. Meist geäußert von denen, die glauben mehr verdient zu haben als andere. Dabei steht das Prinzip „Jedem das Seine“ für etwas ganz anderes. In der Antike verstand man darunter, dass jedem Mitglied   eines Gemeinwesens das zugeteilt wird (bzw. werden soll), was ihm gebührt, etwa durch gerechte Güterverteilung. Für eine solidarische Gesellschaft ist diese Maxime mehr als zweckmäßig. Wie leicht sich man mit Sprache manipulieren lässt zeigt allerdings die Geschichte. So kehrte man diesen Grundsatz im Nationalsozialismus einfach um. Im Konzentrationslager Buchenwald prangte ein „Jedem das Seine“ (in der Bedeutung von „Jedem, was er verdient“) von innen lesbar über dem Haupttor.

Fast nichts ist alternativlos

Zurück zur aktuellen Situation: Eigenartig leblos wirken die Proteste, der Glauben an ein breites Umdenken scheint nur sehr gering. Jahrelang hatte man für eine nachhaltige Energiepolitik gekämpft. Jetzt, kurz vor dem Durchbruch, wird immer offensichtlicher, dass wir von Strohmännern (im Fall der Energiewende durchaus von „Strommännern“) regiert werden. Die Interessen der Wirtschaft werden über die der Verbraucher gestellt. Auch wenn wir als Bevölkerung genau genommen ebenso die Wirtschaft verkörpern und nach Gewinn und Wohlstand streben sind wir nicht gefragt. Die ausgerufene Energiewende dient augenscheinlich nur der Fortschreibung von Machtstrukturen und Besitzstandswahrung. Selbst auf die, durch den Ukraine-Konflikt deutlich zu Tage tretende Problematik der Energieabhängigkeit, hat man nur Lösungen parat, die vom fehlenden Problembewusstsein zeugen. Die Forderung nach einer anderen Gaspipeline oder dem Bezug von Fracking-Gas aus den USA werden von den „Experten“ ins Spiel gebracht. Das es das US-Gas nur geben soll, wenn im Gegenzug das umstrittene Freihandelsabkommen TTIP zwischen den USA und der EU unterzeichnet wird, ist offenbar weniger dramatisch. Wenn nicht jetzt, wann dann sollte man sich für eine zügige Umsetzung der Energiewende entschließen? Warum findet ihr wesentlicher Bestandteil, die Wärmewende, nur so wenig Beachtung? Würde es Angela Merkel ernst meinen, dann würde sie sagen: „Nur die vollständige, zeitnahe Energiewende ist alternativlos!

Fußnote 1) Prof. Dipl.-Ing. Dipl.-Wirtsch.-Ing. (FH) Jörg Probst, Gertec GmbH, Ingenieurgesellschaft, Essen, Hochschule Bochum

Quelle

Matthias Hüttmann 2014Redaktion SONNENENERGIE | Offizielles Fachorgan der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie e.V.

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