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© Depositphotos | TopVectors | Die EU will die enormen Emissionen ihrer Zementindustrie senken. Damit die Branche keine Nachteile gegenüber Herstellern in Drittstaaten hat, kann ein Ausgleich helfen.

Kann die EU klimaschädliche Importe teurer machen?

Ab 2023 will die EU Importe mit einer CO2-Abgabe belegen.

Damit soll die europäische Industrie besser gegen Produkte bestehen, die unter niedrigen Klimaschutzstandards hergestellt wurden. Deutsche Wirtschaftsverbände attackieren das Instrument dennoch, obwohl sich damit weltweit Klimaschutz durchsetzen ließe.

Eigentlich soll das geplante CO2-Grenzausgleichssystem der Industrie helfen. Das Instrument soll europäische Unternehmen vor einem Wettbewerbsnachteil schützen, wenn importierte Produkte außerhalb der EU billiger – weil unter schwächeren Klimaauflagen – produziert wurden.

Für diese Produkte soll nach dem Willen der EU-Kommission künftig ein Ausgleich fällig werden und so verhindern, dass die Produktion in Länder mit weniger Klimaschutzvorgaben abwandert.

„Wer verursachergerechten Klimaschutz will, muss auch die Industrie zur Verantwortung ziehen“, sagt Ulf Sieberg vom Verein CO2-Abgabe. Richtig gemacht, halte ein Grenzausgleich die europäische Industrie langfristig am Leben und bewahre sie vor Klimaschutz-Dumping.

Für Wirtschaftsverbände sind die Pläne zum CO2-Grenzausgleich dennoch ein rotes Tuch: Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) lehnt das Instrument rundweg ab. Ines Zenke vom Wirtschaftsverband der SPD fürchtet Gegenbewegungen anderer Staaten, indem sie der EU verschärfte Exportbedingungen auferlegen.

Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband macht ebenfalls Stimmung gegen die vorgesehene Abgabe, deren Ausgestaltung derzeit noch im Werden ist. Es sei unklar, ob der Ausgleich große Erträge liefern werde und wie er mit den Regeln der Welthandelsorganisation WTO konform gehen könne.

In der vergangenen Woche ließ auch Russland die Muskeln spielen und warnte, das geplante System sei nicht mit den WTO-Regeln in Einklang zu bringen und würde neue Handelsbarrieren schaffen. Fachleute wie die Volkswirtin Susanne Dröge von der Stiftung Wissenschaft und Politik versichern aber, dass die Abgabe WTO-konform gestaltet werden kann.

Unternehmen sollen nicht abwandern

Zudem gibt es durchaus Branchen, die dem Vorstoß der EU-Kommission einiges abgewinnen können. Energieintensive Branchen wie Stahl, Aluminium und Zement fürchten die Konkurrenz aus dem Nicht-EU-Ausland, wenn Energie- und CO2-Preise weiter steigen und wegen verschärfter Vorgaben die Produktion klimafreundlicher werden muss.

Würde beispielsweise ein Unternehmen Zementklinker oder andere Zementprodukte aus dem Ausland importieren, würden diese Importe derzeit nicht dem Europäischen Emissionshandelssystem ETS unterliegen – und damit keinem CO2-Preis.

Die geplante Abgabe an der EU-Grenze würde sich idealerweise danach richten, wie viel CO2 bei der Produktion entsteht und welcher CO2-Preis im ETS gerade aufgerufen wird. „Bei Zement wissen wir ziemlich genau, wie viel CO2 durch die Produktion freigesetzt wird. Es sind grob 0,9 Tonnen CO2 pro Tonne Zementklinker“, sagt Susanne Dröge.

Würde dann also importierter Zement an der Grenze entsprechende Zertifikate nachweisen müssen, wären die Hersteller in der EU und außerhalb einander gleichgestellt. Dass Unternehmen ins Ausland abwandern, weil die Klimaschutzkosten zu groß werden, soll so verhindert werden. Das Risiko des sogenannten Carbon Leakage wäre gebannt.

Bislang mindert die EU-Kommission dieses Risiko, indem sie emissionsintensiven Branchen einen höheren Anteil kostenloser CO2-Zertifikate gewährt als anderen Industrien. Weil die EU aber ihre Klimaziele verschärfen will, muss sie die Menge der Zertifikate im EU-Emissionshandel verringern.

Hier kommt nun das geplante CO2-Grenzausgleichssystem in Spiel, das die europäischen Staats- und Regierungschefs ab 2023 einführen wollen. Noch ist unklar, wie das System ausgestaltet werden soll. Die EU-Kommission hat eine öffentliche Konsultation eingeleitet, die noch bis Herbst läuft. Einen Entwurf will sie frühestens Mitte nächsten Jahres vorlegen.

Zoll, Steuer oder Emissionshandel?

Die Kommission diskutiert drei Möglichkeiten für die Abgabe, wie Dröge in einem Fachbeitrag erläutert: in Form eines Zolls, einer Steuer oder als Verpflichtung für Importeure, sich am Emissionshandel der EU zu beteiligen.
Hier können Sie den Bericht weiterlesen

Quelle

Der Bericht wurde von der Redaktion „klimareporter.de“ (Sandra Kirchner) 2020 verfasst – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung (post@klimareporter.de) weiterverbreitet werden! 

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