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Netzentwicklungsplan soll zentralistische Strukturen konservieren

Gerade der dezentrale Ausbau der Erneuerbaren Energien bietet die Chance, Strom genau dort zu erzeugen, wo er benötigt wird.

Die deutsche Bundesregierung, die Bundesnetzagentur und die Übertragungsnetz-betreiber suggerieren den deutschen Bürgern, dass der Bau von 4.000 km neuen Stromtrassen eine unausweichliche Notwendigkeit sei, ohne die die Energiewende nicht zu realisieren ist. Doch dem ist nicht so.

Was als unvermeidbar dargestellt wird, ist in Wirklichkeit eine ganz bewusste Entscheidung, genau diejenigen Versorgungs- und Machtstrukturen zu bewahren und sogar auszubauen, die durch den dezentralen Ausbau der Erneuerbaren Energien in den vergangenen Jahren zurückgedrängt worden sind.

Aber schon der Szenariorahmen für den Netzentwicklungsplan im vergangenen Jahr war ganz auf zentralistische Strukturen ausgerichtet. Es ist sehr bedauerlich, dass schon damals berechtigte Kritik nicht aufgenommen wurde und reale Entwicklungen beim Ausbau der Erneuerbaren Energien einfach übersehen wurden.

Viele Bundesländer betreiben inzwischen eine Raumordnung, die es erlaubt, die lokalen und regionalen Potenziale zur regenerativen Stromerzeugung besser und systematischer auszuschöpfen. Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, aber inzwischen auch Bayern und Baden-Württemberg machen durch ihre Ausbaupläne den Entwurf des nationalen Netzentwicklungsplans schon jetzt obsolet.

„Gerade der dezentrale Ausbau der Erneuerbaren Energien bietet die Chance, Strom genau dort zu erzeugen, wo er benötigt wird. Unnötig große Distanzen zwischen dem Ort der Erzeugung und dem Ort des Verbrauchs lassen sich so vermeiden und die erforderliche Länge neuer Stromtrassen deutlich reduzieren“, so Peter Droege, Präsident von EUROSOLAR.

Dies gilt insbesondere für den Einsatz der Photovoltaik. In den deutschen Großstädten, Metropolregionen und Industriezentren, deren Netze große Mengen Solarstrom aufnehmen können, besteht noch ein enormer Nachholbedarf beim Ausbau der Photovoltaik, die es in nur wenigen Jahren geschafft hat, ihre Kosten deutlich zu senken und signifikante Strommengen zu liefern, wie es jüngst das Pfingstwochenende deutlich gezeigt hat.

Dies gilt aber auch für den Ausbau der Onshore-Windenergie. Moderne Windstromanlagen erbringen an vielen Standorten im Binnenland hervorragende Erträge, ihre Stromgestehungskosten sind bereits heute nicht mehr höher als die von neu errichteten Stein- und Braunkohlekraftwerke, die darüber hinaus enorme externe Kosten und Klimaschäden verursachen.

„Windstrom aus dem Hunsrück, Westerwald oder Taunus in die Metropolregion Rhein-Main-Neckar, vom Niederrhein und dem Münsterland in das Ruhrgebiet oder von der Schwäbischen Alb in die Lastzentren Baden-Württembergs zu transportieren, ist eine ungleich geringere Herausforderung als gigantische Stromtrassen von der Nordsee bis in den Süden Deutschlands zu errichten und ermöglicht gleichzeitig eine breite regionale Wertschöpfung. Die vielen 100%-Erneuerbare-Energien-Regionen in Deutschland zeigen deutlich, dass man vor Ort lieber aktiver Teilhaber der Energiewende sein möchte und nicht nur Hinterland für Stromtrassen“, so Axel Berg, Vorstandsvorsitzender der EUROSOLAR-Sektion Deutschland.

Es ist auffallend, dass bei der Debatte um die Photovoltaik ständig deren angeblich so hohe Kosten ins Feld geführt werden, während hier ganz bewusst eine Richtungsentscheidung getroffen wird, die ohne Notwendigkeit zu hohen Kosten überkommene Strukturen konserviert.

„Der nun vorliegende Entwurf des nationalen Netzentwicklungsplans ist unter einer falschen Prämisse entstanden. Denn das Ziel ist eben nicht die Wahrung der privatwirtschaftlichen Interessen von Stromkonzernen und Übertragungsnetzbetreibern, sondern eine erfolgreiche Energiewende. Nun liegt es an den betroffenen Bundesländern, eine Revision des Netzentwicklungsplans einzufordern“, schlussfolgert Irm Scheer-Pontenagel, Geschäftsführerin von EUROSOLAR.

Quelle

EUROSOLAR e.V. 2012

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