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Depositphotos | kchungtw | Eine CO2-Bepreisung und Varianten ihrer Ausgestaltung bewegen das politische Berlin.

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Regierungsfraktionen sprechen sich für CO2-Bepreisung aus

Das Sondergutachten „Aufbruch zu einer neuen Klimapolitik“, in dem die Wirtschaftsweisen einen CO2-Preis als zentrales klimapolitisches Instrument befürworten, ist in den Fraktionen der Bundesregierung auf durchweg positive Resonanz gestoßen. Kritik äußern vor allem Teile der Opposition.

Das Klimakabinett wird zwar erst am Donnerstag tagen. Aber die Etablierung einer sektorenübergreifenden CO2-Bepreisung scheint innerhalb der deutschen Bundesregierung bereits beschlossene Sache zu sein. „Beim #CO2Preis müssen wir nicht mehr über das Ob reden, wir können jetzt entscheiden, wie wir ihn am besten einführen“, twitterte Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD), nachdem der Sachverständigenrat zur Begutachtung der wirtschaftlichen Entwicklung am Freitag sein Sondergutachten „Aufbruch zu einer neuen Klimapolitik“ vorgestellt hatte. Aus ihrer Sicht liegen die wissenschaftlichen Erkenntnisse auf dem Tisch. „Wichtig: Ein sozial gerechter CO2-Preis ist möglich, wenn der Staat das Geld den Bürgern zurückgibt“, so die SPD-Politikerin in ihrem Tweet.

„Wer den Koalitionsvertrag erfüllen will, hat nun alle Instrumente auf dem Tisch“, sagt auch SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch und fordert ein schnelles Eintreten des Klimakabinetts „für das Klimaschutzgesetz, den Kohleausstiegspfad der Kohlekommission, die gesetzliche Verankerung des 65 Prozent Ziels der Erneuerbaren Energien und für die Einführung einer sozialverträglichen CO2-Bepreisung“. Dabei dürfe nicht vergessen werden, „dass ein marktwirtschaftliches Instrument alleine keine Lösung ist.“

„Wir teilen die Auffassung der Gutachter, dass die Ausweitung des europäischen Emissionshandelssystems auf die Sektoren Wärme und Verkehr der Königsweg ist“, erklärt die Beauftragte für Klimaschutz der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Anja Weisgerber: „Die Einnahmen aus dem Verkauf der Zertifikate können einerseits zur Entlastung der Bürger, andererseits zur Finanzierung von Instrumenten verwendet werden, die zum Umstieg auf klimafreundliche Technologien anreizen. Deutschland allein könne zwar das Klima nicht retten, müsse aber eine wichtige Vorbildfunktion übernehmen: „Wir werden zeigen, dass wir die Klimaziele volkswirtschaftlich sinnvoll und sozial ausgewogen erreichen können.“ Der Staat dürfe sich nicht die Taschen vollpacken, sondern müsse Steuern und Abgaben dort senken, wo CO2 eingespart werde. Es dürfe zu keiner Mehrbelastung der deutschen Bürger kommen. Weisgerber weiter: „Die Mobilität im ländlichen Raum darf nicht unterdrückt und die Pendler dürfen nicht benachteiligt werden. Und es darf nicht zu einer Verlagerung von Arbeitsplätzen der energieintensiven Industrie ins Ausland kommen.“

Die Wirtschaftsweisen hatten sich in ihrem Gutachten insgesamt mit Reformoptionen für die deutsche Klimapolitik befasst, die sie zurzeit als kleinteilig, teuer und ineffizient bewerten. Eine Neuausrichtung bietet laut Gutachten die Chance, Wirksamkeit und volkswirtschaftliche Effizienz zu verbinden und international anschlussfähig zu sein. „Kernelement dieses Neuaufbruchs sollte die Entscheidung für einen CO2-Preis als zentrales klimapolitisches Instrument sein“, schreibt der Rat: „Ein einheitlicher Preis für den Ausstoß von Kohlenstoffdioxid (CO2) würde sicherstellen, dass Emissionen immer dann unterlassen werden, wenn ihre Vermeidung günstiger ist als der Preis.“ Kleinteilige Zielvorgaben, insbesondere solche für einzelne Sektoren, würden hingegen einer effizienten Lösung im Weg stehen.

Für die FDP-Fraktion wäre ein Emissionshandel mit einem strikten CO2-Limit das mit Abstand sinnvollste Instrument zum Klimaschutz. „Die Große Koalition muss nun umgehend aktiv werden und schnellstmöglich alle CO2-Verursacher in den EU-Emissionshandel miteinbeziehen“, sagt der klimapolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Lukas Köhler: „Die Einführung einer CO2-Steuer wäre hingegen ein gefährliches klimapolitisches Glücksspiel. Mit einer CO2-Steuer gibt es im Gegensatz zum Emissionshandel kein CO2-Limit und somit keine Garantie, dass wir die Klimaziele sicher erreichen.“

Lisa Badum, Sprecherin für Klimapolitik der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, sieht die Bundesregierung am Zug. Diese müsse sich bei der Sitzung des Klimakabinetts auf einen wirksamen und sozial verträglichen CO2-Preis einigen. Skeptisch sei die Partei gegenüber der Idee, weitere Sektoren in einem nationalen oder in den europäischen Emissionshandel (ETS) zu integrieren. „Denn das würde bedeuten, dass die Bundesregierung wissentlich das Problem nach Europa abschiebt, statt jetzt die Chance für sofortigen und wirksamen Klimaschutz zu ergreifen. Unsere europäischen Nachbarstaaten machen uns vor, wie ein nationales CO2-Preisinstrument funktioniert.“

Lorenz Gösta Beutin, klima- und energiepolitischer Sprecher der Fraktion Die Linke, bezeichnete den Ansatz, eine CO2-Bepreisung in den Mittelpunkt aller klimapolitischen Anstrengungen zu stellen, als enttäuschend. „Dass der Klimawandel sich nicht dadurch aufhalten lässt, dass man auf Verschmutzungsrechte ein Preisschild klebt, haben die letzten Jahre zur Genüge gezeigt“, so Beutin. Ohne vernünftige Alternativen anzubieten, habe es keinen Sinn, Menschen für klimaschädliches Verhalten bezahlen zu lassen: „Die Bahn wieder komplett in öffentliche Hand, kein Bahnticket über 50 Euro, ein Verbot von Inlandsflügen, sofortiger Beginn des Kohleausstiegs, Tempolimit auf Autobahnen, Ausbau eines kostenlosen ÖPNV – das sind Beispiele für sofort wirksame Regelungen.“

Quelle

Der Bericht wurde von der Redaktion „pv-magazine“ (Petra Hannen) 2019 verfasst – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung von Petra
Hannen 2019
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Artikel von Petra Hannen
 |   „pv
magazine“ 02/2019
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