Seehofers Regierung will die Atomkraftwerke länger laufen lassen
Bayern ist heute noch zu 50 Prozent auf Atomstrom angewiesen.
Jahrzehntelange politisch verheerende Entscheidungen der Staatsregierungen haben dies verursacht. Nach Beginn der Fukushimakatastrophe vor dreieinhalb Jahren wollte dann auch Bayerns Regierung die Energiewende. Jetzt läßt sie jedoch fünf von sechs entscheidende Baustellen der Energiewende absaufen: Energieeffizienz, PV-Ausbau, Windkraftausbau, Netzumbau, Speicherausbau. Auf der sechsten Baustelle, dem Lastmanagement, ruht leider ohnehin die Arbeit.
Vor drei Wochen diskutierte in Augsburg der Wirtschaftsbeirat Bayerns, also der offene CSU Wirtschaftsarbeitskreis, unter Leitung des früheren Wirtschaftsministers O. Wiesheu über Bayerns Energiepolitik. Und die Stimmen wurden lauter: „Wir sind ja für die Energiewende, aber unsere Kernkraftwerke werden wir doch länger laufen lassen müssen.“ Ähnlich äußert sich seit Jahren Professor Sinn vom Ifo-Institut, der als Einflüsterer der CSU gilt.
Die Strom-Fakten Bayerns
Verbrauch: In Bayern bewegt sich der Stromverbrauch zwischen 5.500 und 12.500 Megawatt (MW).
Fossile und nukleare Erzeugung: Ein Atomreaktor liefert etwa 1.300 MW. Noch vier laufen in Bayern. In Baden-Württemberg weitere zwei. Bayern hat Steinkohlekraftwerke mit 850 MW. Die teuren und auch klimaschädlichen Strom liefernden Erdgaskraftwerke haben 4.100 MW. Sie stehen meistens still, weil ihr Strom zu teuer ist.
Erzeugung mit Erneuerbaren Energien: 10.600 MW Photovoltaik, 2.000 MW Laufwasserkraft (darunter auch österreichische KW, die ins bayerische Netz einspeisen), 1.300 MW Windkraft und 1.200 MW Bioenergiestoffe.
Speicher + Leitungen: 600 MW Pumpspeicherkraftwerke, 3.300 MW Leitungen nach Nord- und Ostdeutschland.
Nachdem jetzt Bayern auf Bundesebene mitgeholfen hat, durch Verschlechterungen im EEG den PV-Zubau auf etwa ein Drittel abzudrosseln und Fortschritte bei der Energieeffizienz weiter zu blockieren, erzeugt es Sachzwänge für ein Weiterlaufenlassen der Atomkraftwerke. Und Bayern alleine will jetzt mittels 10H-Regel den Windkraftausbau stoppen und den Umbau des Stromnetzes und Aufbau von Speichern verhindern und blockiert so die Energiewende und begünstigt Atom- und Kohleenergie.
Wir Gesundheits- und Umweltschützer sind empört: Täglich erzeugt ein laufender Atomreaktor etwa eineinhalb Mal so viel Atommüll neu, wie in allen 126.000 Fässern der Asse zusammen stecken. Und über 50 Jahre nach Beginn von Atomstrom- und Atommüllproduktion weiß niemand wohin damit. Alles wird gefährlich oberirdisch zwischengelagert. Auch ist die Ursache für die erhöhte Zahl der Krebserkrankungen von Kleinkindern um die AKW-Orte bis heute nicht aufgeklärt.
Und die AKW sind sehr riskant: Weil die Risiken so groß und unbezahlbar sind, haben sie noch nicht einmal eine risikogerechte Haftpflichtversicherung. Und dennoch will H. Seehofer sie zum Schaden Bayerns und seiner Menschen weiter laufen lassen. Hemmungslos nutzt er aus, dass in einigen Landstrichen Bayerns scheinbar der Strom „aus der Steckdose kommt“ und die Menschen weder die Atom- noch die Klimagefahren sehen, sondern sich nur an geplanten Windrädern oder Strommasten stören.
Wer stoppt endlich den energiepolitischen Amoklauf von H. Seehofer?
Quelle
FORUM Gemeinsam gegen das Zwischenlager und für eine verantwortbare Energiepolitik e.V. | Raimund Kamm 2014