Studie: Agrarpolitik der EU bis 2028 droht zur Nullnummer fürs Klima zu werden
Untersuchung des Öko-Instituts zeigt: 35 Milliarden Euro EU-Agrarsubventionen pro Jahr würden ohne deutliche Änderungen nichts zu Klimaschutz beitragen. Gemeinsame Agrarpolitik muss mit Eco-Schemes neu gestaltet werden.
Die bis 2028 gültige Gemeinsame EU-Agrarpolitik (GAP), die nach jetzigem Stand am 19. und 20. Oktober von den zuständigen Ministerinnen und Ministern verabschiedet werden soll, steht im Widerspruch zu den neuen EU-Klimazielen. Dies zeigt eine heute vorgestellte und im Auftrag der Entwicklungs- und Umweltorganisation Germanwatch erstellte Studie des Öko-Instituts (Freiburg).
Demnach würden auch künftig jährlich 35 Milliarden Euro an Direktzahlungen fließen, ohne dass klimaschädliche Emissionen verringert würden. Diese stammen vor allem aus industrieller Tierhaltung, Überdüngung und klimaschädlicher Moornutzung. Damit würden die Agrarsubventionen trotz der geplanten ehrgeizigeren Klimaziele der EU keinerlei Beitrag zur Emissionsverringerung leisten. Die EU-Kommission will die EU-Klimaziele für 2030 von 40 auf mindestens 55 Prozent Reduktion verbessern, das Europäische Parlament gar auf 60 Prozent.
Ausgaben müssten an verbindliche Umwelt- und Klimastandards geknüpft werden
Die Studie berechnet auch, welche Wirkungen verschiedene Nachbesserungen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) hätten. Sie zeigt, dass die EU dazu beitragen könnte, bis zu ein Fünftel der Emissionen aus der Landwirtschaft einzusparen. Dazu müsste ein großer Teil der Ausgaben für die GAP durch sogenannte Eco-Schemes an verbindliche höhere Umwelt- und Klimastandards geknüpft werden. Die wichtigsten Maßnahmen für das Klima sind demnach, die Rinder wieder auf der Weide zu halten, Moore klimaschonend zu nutzen und die Überdüngung zu verringern. Die Maßnahmen würden auch den Tier- und Artenschutz in der Landwirtschaft fördern. Wie viel Geld in Eco-Schemes fließen soll, ist unter den Ministerinnen und Ministern noch umstritten.
„Die verpflichtenden Bedingungen für die Direktzahlungen – die sogenannte Konditionalität – werden nach derzeitigem Kenntnisstand nicht zu spürbar geringeren Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft führen“, so Margarethe Scheffler vom Öko-Institut, Mitautorin der Studie. „Das liegt vor allem daran, dass die größte landwirtschaftliche Emissionsquelle, also die Tierhaltung, von der Konditionalität gar nicht erfasst werden soll.“
Tierhaltung an Futter- und Weidefläche binden – Wasserstände in Feuchtgebieten heben
Tobias Reichert, Leiter des Teams Welternährung bei Germanwatch, erläutert: „Die 35 Milliarden Euro an Direktzahlungen pro Jahr dürfen nicht weiter ohne Klimaschutzvorgaben vergeben werden, sondern müssen unter wirksamen Umweltauflagen und für Eco-Schemes verwendet werden. Am wichtigsten wären dabei Anreize, die Tierhaltung in Regionen mit hoher Viehdichte konsequent an die Futterfläche und besonders die von Wiederkäuern an die Weidefläche zu binden.“
Scheffler ergänzt: „Eine weitere wichtige Maßnahme ist, die Wasserstände in Mooren und bewirtschafteten Feuchtgebieten anzuheben und damit die Emissionen aus organischen Böden zu senken.“ Die Eco-Schemes sind für die Betriebe nach jetziger Planung jedoch freiwillig. Reichert: „Der EU-Agrarrat muss nachbessern und Bauern und Bäuerinnen Planungssicherheit geben, indem alle Staaten einen festen Anteil der Subventionen verpflichtend für klimaschützende Maßnahmen einsetzen müssen. Die Ankündigung der EU-Kommission, dass mindestens 40 Prozent der Ausgaben einen Beitrag zum Klimaschutz erbringen sollen, darf kein leeres Versprechen bleiben.“
Eine klimafreundlichere Landwirtschaft werde aber nicht allein durch die Umschichtung von Subventionen erreicht, so Reichert. „Notwendig sind darüber hinaus die Abkehr vom Export großer Mengen Schweinefleisch und Milchpulver in andere Kontinente, weniger Konsum tierischer Erzeugnisse und – ganz zentral – Preise, die die Kosten für eine nachhaltige und klimafreundliche Erzeugung auch tatsächlich decken und den Landwirten eine Zukunft geben.“