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Studie: Wüstenstrom verbindet

Mit Wüstenstrom aus Nordafrika könnte Europa seine Stromkosten nach Angaben der Desertec-Industrie-Initiative (Dii) um rund 40 Prozent senken.

Der Bau von Windparks, Solaranlagen und Stromtrassen würde annähernd 400 Milliarden Euro kosten, aber jährlich 33,5 Milliarden Euro gegenüber der Stromerzeugung in Europa sparen. Dies ist das zentrale Ergebnis der Studie „Desert Power 2050“, die von der Industrieinitiative Dii am 21. Juni 2012 in München vorgestellt wurde.

„Eine CO2-freie und nachhaltige Stromversorgung auf Basis erneuerbarer Energien erreichen wir am besten durch Zusammenarbeit zwischen den Menschen in Europa und auf beiden Seiten des Mittelmeers. Hier muss ein Markt entstehen. Mit Wind und Sonne lassen wir das fossile Energiezeitalter gemeinsam hinter uns und verwirklichen die Desertec Vision“, macht Dii-Geschäftsführer Paul van Son deutlich.

Wind und Sonne spielen 2050 die zentrale Rolle

„Desert Power 2050“ zeigt, dass die reichlich vorhandenen Sonnen- und Windressourcen in der EUMENA-Region einen gemeinsamen Stromverbund mit einem Anteil von über 90 Prozent erneuerbaren Energien möglich machen. Zum Vorteil aller Beteiligten: Die Länder Nordafrikas und des Nahen Ostens (MENA) könnten ihren wachsenden Strombedarf aus erneuerbaren Energien decken und mit dem überschüssigen Strom eine Exportindustrie mit einem Volumen von jährlich über 60 Mrd. Euro aufbauen. Durch den Import von bis zu 20 Prozent seines Stroms aus den Wüsten hat Europa laut Dii die Chance, pro Megawattstunde Wüstenstrom 30 Euro zu sparen. Dadurch können auch die EU-Klimaschutzziele auf eine kostengünstige Weise erfolgreich mit umgesetzt werden.

Nord und Süd würden die Kraftzentren des Stromverbunds, getragen von Wind- und Wasserkraft in Skandinavien sowie Wind- und Sonnenenergie in der MENA-Region. Wind und Sonne spielten im gemeinsamen Energie-Mix mit einem Anteil von rund der Hälfte bzw. einem Viertel die zentrale Rolle. Angebot und Nachfrage ergänzen sich nach den Ergebnissen von „Desert Power 2050“ in idealer Weise sowohl räumlich als auch zeitlich. So wird die MENA-Region mit ihrem über das Jahr stabilen Angebot an Solarenergie den Stromverbrauch während des kalten Winters in Europa mit decken können, ohne dass dort teure Überkapazitäten aufgebaut werden müssen. Ein weiterer Effekt des Stromverbunds ist die verbesserte Versorgungssicherheit für alle beteiligten Länder. In einem auf erneuerbaren Energien basierenden Verbund würde die Selbstversorgung dominieren, ergänzt durch preisgünstige Importe aus Süd und Nord.

Netzausbau dringend notwendig

„Erneuerbare Energie in den Gebieten mit den besten Ressourcen zu erzeugen und von dort in nachfragestarke Regionen zu bringen – das ist die gemeinsame Zukunft der EUMENA-Region und dafür müssen jetzt die Grundlagen geschaffen werden“, betont Dii-Geschäftsführerin Aglaia Wieland und setzt hinzu: „Netzausbau über nationale Grenzen hinaus und die Schaffung eines regulatorischen Rahmens für Wüstenstrom sind die wichtigsten Themen für die nächsten Jahre. Die heute zu treffenden politischen Entscheidungen werden bestimmen, ob der Weg zu einem nachhaltigen Stromverbund erfolgreich beschritten wird. Dass er Sinn macht, zeigt „Desert Power 2050“ mehr als deutlich.“

Methodisch betritt „Desert Power 2050“ Neuland. „Erstmals gibt es einen ganzheitlichen Blick auf die EUMENA-Region, der beispielsweise auch den wachsenden Stromverbrauch in den MENA-Ländern mit einbezieht“, erklärt Mario Ragwitz, Leiter des Geschäftsfeldes Erneuerbare Energien beim Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung (ISI), das wesentlich zu „Desert Power 2050“ beigetragen hat.

So wird sich der Strombedarf in den MENA-Staaten bis 2050 mit über 3000 Terrawattstunden mehr als vervierfachen. Im Gegensatz zu Europa wird dort ebenso die Bevölkerungszahl bis zur Jahrhundertmitte stark anwachsen und somit auch der Bedarf an neuen Arbeitsplätzen. Als Impulsgeber für Wachstum könne Wüstenstrom einen wichtigen Beitrag bei der Bewältigung der sozialen und wirtschaftlichen Herausforderungen in Nordafrika und dem Nahen Osten leisten. In einem zweiten Teil („Getting started“) soll dieses Thema in den nächsten Monaten vertieft und mit den Beteiligten aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft diskutiert werden. Ziel ist es, Handlungsempfehlungen insbesondere zu den erforderlichen regulatorischen Schritten in den nächsten Jahren zu geben.

Dii Referenzprojekte in den Maghreb-Staaten erreichen Volumen von 2,5 GigawattDii bereitet in Marokko, Algerien und Tunesien Referenzprojekte in einer Größenordnung von 2,5 Gigawatt vor. Davon entfallen aktuell 500 Megawatt (MW) auf Marokko. Die Hälfte dieses Vorhabens ist bereits mit 150 MW Solarthermie und 100 MW Photovoltaik und Wind genauer definiert. 2014 soll in diesen Anlagen der erste Strom erzeugt werden. Die Planungen für Algerien und Tunesien belaufen sich auf jeweils 1 Gigawatt. Die Basis für alle Referenzprojekte sind Länderstrategien, die von Dii in enger Zusammenarbeit mit Verantwortlichen und Partnern vor Ort entwickelt werden.

Dii will mit seinen 56 Partnern aus 15 Ländern die Desertec Vision Realität werden lassen. Die Aktivitäten der 2009 gegründeten Industrieinitiative konzentrieren sich darauf, bis 2050 einen Markt für erneuerbare Energien aus den Wüstenregionen Nordafrikas und dem Nahen Osten im industriellen Maßstab zu schaffen. Diese Aktivitäten beinhalten die Entwicklung von integrierten Energiemärkten und die Identifikation von geeigneten Technologien für Energiegewinnung- und Übertragung.

Die Studie steht in mehreren Sprachen als Zusammenfassung (deutsch) und im Original (englisch) als Download zur Verfügung.

Quelle

Dii GmbH 2012

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