Syrien-Krise: 2015 war Rekordjahr des Leidens
Die Bilanz zum fünften Jahrestag der Krise ist schockierend. Die Menschen in Syrien leiden größere Not als je zuvor. Kriegsparteien haben schlimmste Verwüstungen angerichtet, Nothilfe verhindert und ganze Städte von jeglicher Versorgung abgeschnitten.
Die Situation in Syrien hat sich verschärft
Oxfam und 29 weitere Hilfsorganisationen zeigen in dem gemeinsamen Bericht „Fuelling the Fire“, wie Russland, die Vereinigten Staaten, Frankreich und Großbritannien, allesamt Mitglieder des UN-Sicherheitsrats und der Internationalen Unterstützungsgruppe für Syrien, zur Verschärfung der Situation beigetragen haben. Sie haben ihre eigenen Resolutionen untergraben, indem sie zu wenig diplomatischen Druck auf ihre Verbündeten ausübten und diese sogar mit Waffen unterstützten oder direkt in den Konflikt militärisch eingriffen. Angesichts des aktuellen Waffenstillstands müssen diese Staaten jetzt alles in ihrer Macht stehende tun, um einen dauerhaften Frieden zu erreichen und alles unterlassen, was die Gewalt wieder anfachen könnte.
Oxfam-Bericht beschreibt dramatische Situation in Syrien
Der Bericht, an dem auch syrische Organisationen wie die Syrian-American Medical Society (SAMS), Big Heart und Syria Relief and Development mitgearbeitet haben, beschreibt zudem, wie im fünften Jahr der Krise Syrien weiter in Zerfall und Chaos gestürzt ist und sich die Lage der Bevölkerung drastisch verschlechtert hat.
Zu den Entwicklungen des Jahres 2015 gehören, dass
- die Gewalt steil angestiegen ist. Dazu trugen auch russische Luftangriffe bei, die Schätzungen der UN zufolge alleine im November etwa 2.300 Menschenleben gekostet haben,
- mindestens 50.000 Menschen getötet wurden,
- zusätzliche 1,5 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen sind,
- knapp eine Million Menschen fliehen mussten,
- sich nach Schätzung der UNO die Anzahl der Menschen, die in belagerten Gebieten leben, auf fast 500.000 verdoppelt hat. Syrische Organisationen setzen diese Zahl wesentlich höher an. Die UNO konnte nur 3,5 Prozent der in diesen Gebieten lebenden Zivilbevölkerung mit medizinischer Hilfe und weniger als ein Prozent mit Nahrungsmitteln versorgen,
- 200.000 Häuser teilweise oder vollständig zerstört wurden – dies ist ein Anstieg von 20 Prozent gegenüber 2014,
- zusätzliche 400.000 Kinder in Syrien nicht zur Schule gehen können, so dass die Gesamtzahl bei über zwei Millionen liegt,
- Angriffe auf Krankenhäuser und andere Gesundheitseinrichtungen um 44 Prozent zugenommen haben. Insgesamt wurden 112 solcher Angriffe registriert – dies ist der höchste Wert seit dem Ausbruch der Krise.
Weite Teile des Landes von humanitärer Hilfe abgeschnitten
Während des vergangenen Jahres ist es immer schwieriger geworden, in Syrien Nothilfe zu leisten. Nur zehn Prozent der UN-Hilfskonvois konnten die Konfliktlinien passieren und ihr Ziel erreichen. Obwohl momentan einige belagerte Orte teilweise wieder zugänglich sind, werden Hilfsorganisationen nach wie vor bei ihrer Arbeit behindert oder angegriffen. Weite Teile des Landes sind weiterhin von humanitärer Hilfe abgeschnitten. So erhalten 200.000 Menschen in der ostsyrischen Stadt Deir Ez Zor nach wie vor keine Hilfe, während nach Madaya und andere belagerte Orte zumindest einige wenige Hilfsgüter gelangen.
Angriffe auf Zivilbevölkerung und Helfer/innen sofort einstellen!
Russland, die Vereinigten Staaten, Frankreich und Großbritannien müssen endlich an einem Strang ziehen und stärkeren Druck auf die Konfliktparteien in Syrien ausüben, damit sie die völkerrechtswidrige Blockade ganzer Städte und Gebiete beenden. Die vier UN-Sicherheitsratsmitglieder dürfen auch selbst keine Waffen mehr an Konfliktparteien liefern, um die Gewalt nicht noch weiter anzuheizen.