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© pixelio.de | Gerd Altmann | Die Zukunft der Menschen auf unserem Planeten steht auf dem Spiel.

Treiber der Erwärmung: Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum

Weniger Konsum und weniger Menschen würden die Klimakrise entschärfen. Das zeigt die Geschichte der CO2-Emissionen.

«Die Entwicklung der Treibhausgasemissionen muss vor dem Hintergrund der zwei hauptsächlichen Antriebskräfte, dem Bevölkerungswachstum und dem Wirtschaftswachstum betrachtet werden.» Das schreibt Stephan Buhofer in seinem neuen Buch «Treibhausgasemissionen verstehen»*. Das Buch ist eine Analyse des Klimawandels im Kontext von Wissenschaft und Politik und enthält in kompakter Form die heutigen Erkenntnisse über Ursachen und Auswirkungen.

Wir fassen im Folgenden vier Aspekte zusammen:

  1. Die ungleiche Verantwortung für die rasche Erwärmung der Erdoberfläche in historisch einmalig kurzer Zeit;
  2. Der Einfluss des Bevölkerungswachstums;
  3. Der Einfluss des materiellen Wohlstands;
  4. Der CO2-Ausstoss, den die Konsumentinnen und Konsumenten in der Schweiz mit den von ihnen gekauften Gütern verursachen.
1. Diese Kontinente sind historisch für die Erwärmung am meisten verantwortlich

An der gesamten CO2-Belastung seit der Industrialisierung, die zur heutigen extrem raschen Erwärmung führt, haben Afrika, der Nahe Osten sowie Mittel- und Südamerika nur einen minimen Anteil. Doch ausgerechnet diese Erdteile bekommen die heutige und künftige Erwärmung am heftigsten zu spüren. Die Hauptverantwortung liegt bei Nordamerika, Asien und Westeuropa, wie folgende Grafik zeigt:

© Quelle der Daten: Gilfillan et al (2020); Analysis Center at Appalachian State University, NC, USA | Kumulierter CO2-Ausstoss seit dem Jahr 1751. | Zum Vergrößern anklicken!
2. CO2-Emissionen im Gleichschritt mit dem Wachstum der Weltbevölkerung
© Buhofer S. 75 | Prozentualer Anstieg der CO2-Emissionen, des weltweiten BIP und der Weltbevölkerung jeweils seit 1970 (letzte Daten von 2018).

Zwischen 1970 und 2018 verdoppelte sich die Bevölkerung auf diesem Planeten. Sie nahm um 105 Prozent zu. Im gleichen Zeitraum stiegen die Treibhausgasemissionen um 110 Prozent. «Die Emissionen nahmen also in etwa demselben Ausmass zu wie die Bevölkerung», stellt Buhofer fest. Allerdings stieg das Wirtschaftswachstum in der gleichen Zeit um 330 Prozent. Der Autor stellt fest, dass der prozentuale Anstieg der CO2-Emissionen global gesehen «fast völlig übereinstimmt» mit der Wirtschaftsleistung (BIP) pro Kopf. Seit 1970 blieben die weltweiten Emissionen pro Kopf mit durchschnittlich fast sieben Tonnen CO2 konstant. Der absolute Zuwachs der CO2-Emissionen werde seit fünfzig Jahren vom Wachstum der Bevölkerung verursacht.

3. Der Einfluss des materiellen Wohlstands

Das Ausmass der CO2-Emissionen hängt also von der Zahl der Menschen ab und davon, wieviel die einzelnen Menschen an materiellen Gütern konsumieren. Weltweit sind die Pro-Kopf-Emissionen heute etwa gleich hoch wie 1970 – mit zwischenzeitlichen Schwankungen. Sie sind allerdings – entsprechend dem extrem unterschiedlichen Konsumniveaus – extrem ungleich verteilt.

© UNEP 2020 | Das reichste eine Prozent der Weltbevölkerung verursachte 2015 15 Prozent aller CO2-Emissionen.

«Das eine Prozent der Weltbevölkerung mit dem höchsten Einkommen verursacht 15 Prozent aller CO2-Emissionen und die obersten 10 Prozent rund die Hälfte», konstatiert Buhofer aufgrund der zugänglichen Statistiken.

Der produzierenden Wirtschaft ist es zwar gelungen, Produkte stets energieeffizienter herzustellen. Die Emissionen nehmen nicht mehr im Gleichschritt zu wie das Wachstum der Wirtschaft. Man spricht von einer «relativen Entkopplung». Um die Klimaziele zu erreichen, wäre es indessen notwendig, dass die gesamten Emissionen abnehmen, selbst wenn die Wirtschaft weiterwächst. Das wäre dann eine «absolute Entkopplung». Von einer solchen sind wir jedoch noch weit entfernt.

4. Der CO2-Ausstoss, den die Konsumentinnen und Konsumenten weltweit mit den von ihnen gekauften Gütern verursachen

Einzelne Länder wie die Schweiz können ihre CO2-Emissionen schönfärberisch darstellen, indem sie nur diejenigen Emissionen berücksichtigen, die von der Produktion von Gütern im eigenen Land stammen. Die Schweiz etwa konnte im Jahr 2015 einen «Erfolg» in Richtung Klimaziele angeben, weil die Emissionen pro Kopf innerhalb von einem Jahrzehnt um einen Viertel abgenommen haben, nämlich von 7,2 auf 5,4 Tonnen pro Kopf. Allerdings stellt die Schweiz viele energieintensive Güter einfach nicht mehr im eigenen Land her, sondern importiert sie vom Ausland. [In Deutschland ist die Bilanz ausgeglichener, weil es dort u.a. eine Kohlen- und Automobilindustrie gibt.]

Wenn man die CO2-Emissionen nicht an der Produktion im Inland misst, sondern an den Gütern – auch den importierten –, die im Land konsumiert werden, dann haben die Pro-Kopf-Emissionen im Zeitraum zwischen 2005 und 2015 nicht um 25 Prozent, sondern lediglich um 8,5 Prozent abgenommen, nämlich von 12,4 auf 11,4 Tonnen. 

Allerdings: Weil die Bevölkerung in der Schweiz in diesen zehn Jahren um 12 Prozent zunahm, haben die absoluten CO2-Emissionen der Schweiz – gemessen an den konsumierten Gütern – um rund zwei Prozent zugenommen. 

Diese Zunahme ist noch stärker als 2 Prozent, wenn man auch berücksichtigen würde, dass die Einwohner der Schweiz im Jahr 2015 deutlich mehr Flugkilometer zurücklegten als im Jahr 2005. Die obigen Zahlen berücksichtigen weder den Luftverkehr noch die Kreuzfahrtschiffe. (Quellen: OECD; IEA).

Beschönigende und verzerrende Darstellungen
Weltweite Vergleiche des CO2-Ausstosses werden häufig so dargestellt, dass die USA und Europa besser dastehen als es in der Realität der Fall ist:
* Die Emissionen werden nicht pro Kopf ausgewiesen, so dass große Länder wie China oder Indien schlecht wegkommen.
* Die Emissionen werden auf der Produktionsseite gemessen und nicht auf der Konsumseite. Deshalb kommen Länder, die energieintensive Produkte aus dem Ausland beziehen und damit graue CO2-Emissionen importieren, zu gut weg. 


© oekom verlag
  • *Stephan Buhofer: „Treibhausgasemissionen verstehen – Der Klimawandel im Kontext von Wissenschaft und Politik“, oekom-Verlag München, 2021
  • Aus der Verlagsmitteilung: „Stephan Buhofer erläutert die klimawissenschaftlichen Grundlagen, analysiert den Ausstoss von Treibhausgasen und untersucht die weltweiten Anstrengungen zu deren Reduktion. Im Sinne eines Leitfadens bietet das Buch einen umfassenden Einblick in die technischen Aspekte des Themas – für alle, die sich eingehend informieren möchten. Ein gutes Verständnis der Zusammenhänge sollte aber nicht nur bei den Experten in Wissenschaft und Politik vorhanden sein – sondern auch bei den einzelnen Menschen als den Verursachern. Denn diese haben einen großen Spielraum, Treibhausgasemissionen im persönlichen Handlungsbereich zu reduzieren. Voraussetzung dafür ist eine eigene Überzeugung.“
Quelle

Der Bericht wurde von der Redaktion „INFOsperber.ch“ (Urs P. Gasche) 2021 verfasst – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung weiterverbreitet werden! 

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