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© Depositphotos.com | Smileus | Eine Photovoltaik-Anlage verwandelt Sonnenlicht in Strom. Die Verbraucherzentrale erklärt, wie sie funktioniert und was Sie für Planung und Installation wissen müssen.

Verbände-Hinweispapier für Ü20-Betreiber

Das Jahresende 2020 rückt immer näher, die politische Lösung für Ü20-Anlagen durch das EEG 2021 leider noch nicht. Ein Hinweis von Jörg Sutter

Die DGS hat gemeinsam mit anderen Verbänden daher aktuell ein Hinweispapier geschrieben, da viele Betreiber stark verunsichert sind, wie sie sich in den kommenden Wochen bis zum Jahreswechsel verhalten sollen.

EEG 2021 verzögert sich
Nachdem das Wirtschaftsministerium erst im September den Entwurf zum neuen EEG veröffentlicht hatte, erfolgte am 23.09. die Verabschiedung im Bundeskabinett. Derzeit läuft das parlamentarische Verfahren im Deutschen Bundestag, der nach der 1. Lesung das Gesetz in die Ausschüsse verwiesen hat. Die zweite und dritte Lesung ist nach aktuellem Stand wohl erst für Mitte Dezember geplant, wenn sich die Koalitionäre mit ihren unterschiedlichen Forderungen bis dahin noch einigen können. Vorgestern fand noch eine Beratung dazu statt, darin ging es jedoch nur um die Ergänzung der EEG-Umlagebefreiung für Wasserstofferzeugung und ein „Anhängen“ von vergütungsfreier Zeit bei Ausschreibeanlagen – bei negativen Strompreisen – an die reguläre Laufzeit.

Nach Verabschiedung durch den Bundestag muss das neue EEG 2021 noch vom Bundesrat behandelt, vom Bundespräsidenten unterschrieben und im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werden. Selbst wenn das alles sehr rasch geschieht, ist mit einem veröffentlichten Gesetz nicht vor Ende Dezember zu rechnen.

Das ist jedoch definitiv zu spät, um vor dem 01.01. noch Änderungen an der eigenen, alten PV-Anlage vorzunehmen und damit eine der neuen Weiterbetriebsoptionen zu nutzen. So müsste ja z.B. beim Wechsel zu einer Eigenversorgung ein elektrischer Umbau der Anlage erfolgen und nach aktuellem Stand des Gesetzentwurfes auch ein Smart-Meter vom Betreiber organisiert werden, ein Elektriker müsste diesen einbauen.

Auch kann noch nicht abgeschätzt werden, welche der Optionen wirtschaftlich am sinnvollsten sein werden, da ja durchaus noch Änderungen bei den Rahmenbedingungen zu erhoffen sind. In der aktuellen Gestaltung sind alle Optionen für die betroffenen Anlagen mit nur wenigen kW nicht wirtschaftlich (siehe auch DGS-News vom 25.09.20 – Keine wirtschaftliche Perspektive für Ü20)

Im Hinweispapier: Anlage laufen lassen
Im Hinweispapier gehen die Verbände davon aus, dass auch bei einer Verzögerung der Verabschiedung die Ü20-PV-Anlagen weiterlaufen können und nach In-Kraft-Treten dann automatisch in die Weitereinspeise-Option des EEG 2021 fallen. Die Betreiber können sich im neuen Jahr dann in Ruhe mit den anderen Optionen (Eigenverbrauch oder vereinfachte Direktvermarktung) beschäftigen. Hier hatten wir die verschiedenen Möglichkeiten beschrieben.

Das gemeinsame Hinweispapier darf (gerne auch gemeinsam mit dieser DGS-News-Meldung) an betroffene Betreiber und andere mit diesem Thema betraute Personen und Institutionen weitergeleitet werden.

Was wäre, wenn das Gesetz nicht zum 01.01.2021 kommt?
Sollte das EEG 2021 nicht bis zum 31.12.2020 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht sein, tritt es nicht in Kraft. Punkt. Alle Neuregelungen – insbesondere die Lösungen für den Weiterbetrieb von Ü20-Anlagen – sind dann nur Ideen auf Papier und haben noch keine Gültigkeit. In diesem Fall gilt erst einmal das aktuelle EEG (EEG 2017) weiter, das für ausgeförderte Anlagen nach 20 Jahren EEG-Vergütung nur die Möglichkeit des Wechsels in die „sonstige Direktvermarktung“ bietet. Doch dieser Wechsel ist mit unverhältnismäßig hohem Aufwand und Kosten verbunden und damit für Kleinanlagen mit wenigen Kilowatt Leistung nicht geeignet. Darauf haben die DGS und der SFV gemeinsam mit GGSC im Gutachten „Leistungen und Kosten beim Weiterbetrieb von PV-Altanlagen“ schon im März 2020 hingewiesen.

Nachdem der Gesetzgeber die konkreten Neuregelungen des EEG 2021 jedoch schon auf den Weg gebracht hat, gehen wir davon aus, dass betroffene Anlagen auch Anfang 2021 weiterbetrieben werden können, um dann – nach einem eventuell verzögerten Inkrafttreten des EEG 2021 – in der Weiterbetriebsvariante der „Weitereinspeisung“ ohne technische Modifikationen betrieben werden zu können. Eine aufwändige und teure Umrüstung zur Direktvermarktung, um nach wenigen Wochen wieder in den „einfachen“ Weiterbetrieb zurückwechseln zu können, wäre ja völlig unverhältnismäßig und widersinnig.

Wir gehen daher davon aus, dass Stadtwerke und Netzbetreiber die Weitereinspeisung über wenige Tage oder Wochen – und nicht zuletzt aufgrund der sehr geringen Erträge im Januar – gegenüber den Betreibern dulden werden, bis die EEG-Novelle auch formal greift und die Einspeisung dann automatisch in der Möglichkeit der Weitereinspeisung fortgesetzt wird. Intern müssen diese Strommengen bei den Netzbetreibern dann passend bilanzkreistechnisch zugeordnet werden.

Und wenn der Netzbetreiber Druck macht?
Gerade für diesen Fall gibt das Hinweispapier Antworten zum konkreten Verhalten. Falls Ihr Netzbetreiber Ihnen konkrete Sanktionen androht oder anderweitig Druck hinsichtlich Ihrer Ü20-Anlage machen möchte, informieren Sie uns bitte, wir schauen uns das an und werden gegebenenfalls darauf auch als Verband reagieren.

Dazu haben wir die E-Mail-Adresse weiterbetrieb(at)dgs.de eingerichtet, die Sie dazu bitte verwenden, derartige Anschreiben Ihres Netzbetreibers zukommen zu lassen. Bitte senden Sie uns dann (als pdf) das Anschreiben Ihres Netzbetreibers zu, dass wir zur weiteren Bearbeitung selbstverständlich anonymisieren werden. Denkbar ist, dass wir solche Schreiben (ggfs. auch Auszüge davon) veröffentlichen oder auch mit entsprechender Kommentierung an die Aufsichtsbehörden weiterleiten.

Neue Angebote erwartet
Gerade die vereinfachte Direktvermarktung kann für kleine Ü20-Anlagen möglicherweise noch zur interessanten Option werden, wenn z.B. Stadtwerke – wie schon vereinzelt angekündigt – den Solarstrom ihrer Kunden zu etwas höheren Sätzen als den Börsenstrompreis abnehmen. Wir als DGS erwarten, dass nach In-Kraft-Treten des EEG 2021 eine Reihe neuer Angebote auf den Markt kommen wird. Bislang sind es meist nur Ankündigungen, da ja die gesetzliche Grundlage dafür noch fehlt. Und wie immer gilt auch hier: Es müssen die Konditionen und Vertragsbedingungen genau geprüft werden.

Noch ein Problem: Die EU-Freigabe
Für die Anwendbarkeit der Regelungen des neuen EEG 2021 ist nicht nur die Verabschiedung des Gesetzes selbst relevant, sondern auch das OK der EU-Kommission, die den Entwurf laut Wirtschaftsministerium derzeit schon hinsichtlich des europäischen Beihilferechts prüft. Auch dieser Fall ist derzeit denkbar: Das Gesetz „EEG 2021“ tritt rechtzeitig zum Jahreswechsel in Kraft, neue Förderungs-Regelungen (neu im Vergleich zum EEG 2017) dürfen trotzdem noch nicht angewendet werden, denn § 105 EEG 2021 (Entwurf Regierungsbeschluss) besagt:

„Die Bestimmungen dieses Gesetzes für Strom aus Anlagen, für den nach dem 31. Dezember 2020 ein Anspruch nach diesem Gesetz begründet wird, dürfen erst nach der beihilferechtlichen Genehmigung durch die Europäische Kommission und nach Maßgabe dieser Genehmigung angewendet werden. [..]“

Das heißt konkret: In diesem Fall kann für Ü20-Anlagen von der Regelung zur Weitereinspeisung gegen Vergütung ebenfalls in der Praxis kein Gebrauch gemacht werden. Es darf keine Auszahlung einer Weitereinspeise-Vergütung erfolgen. Denkbar ist auch, dass für die Zeit zwischen 01.01.2021 und der beihilferechtlichen Freigabe der EU-Kommission gar keine Vergütung gezahlt wird. Das wäre für die Betreiber im Sinne der Energiewende nicht nachvollziehbar, aber auch das ist aus unserer Sicht aufgrund der geringen Erträge im Januar verschmerzbar, wenn die Freigabe innerhalb weniger Tage oder Wochen erfolgt und dann ein noch viele Jahre andauernder Weiterbetrieb möglich ist.

Gelungene Gemeinschaftsaktion
Die DGS freut sich, dass in ganz kurzer Zeit gemeinsam mit den anderen beteiligten Verbänden eine gemeinsame Klarstellung für Betreiber erstellt werden konnte, um hier Unsicherheiten zu verringern. Es ist nach wie vor völlig unverständlich, warum seitens des Wirtschaftsministeriums/der Regierung die Pioniere der Photovoltaik in Deutschland ohne Not in eine solch chaotische Situation getrieben werden. Wertschätzung sieht anders aus.

Quelle

Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie – Jörg Sutter e.V. 2020

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