‹ Zurück zur Übersicht
Depositphotos.com | welcomia | Wärmepumpe

© Depositphotos.com | welcomia | Wartung einer Wärmepumpe: Die Wende weg von Öl- und Gasheizungen ist ein politischer Kraftakt.

Wärmewende verrückt

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck ist mit seinem Wärmepumpen-Heizungsgesetz gewaltig unter Druck geraten. Das Gesetz muss verbessert werden, doch es zu verschieben, wäre grundfalsch.

Das ist die Wärmwende verrückt. Die Nachfrage nach Erdgasheizungen boomt, und sogar die Ölheizung erlebt ein Revival. Der Hersteller Bosch meldet so viele Anfragen für Ölkessel, dass die Produktionskapazitäten nicht mehr ausreichen.

Umgekehrt sinkt das Interesse der Hausbesitzer:innen an Wärmepumpen, jenen Wundermaschinen, die dem Klimaschutz im Gebäudesektor einen Push geben sollen. Die Zahl der Förderanträge für Zuschüsse zu den Öko-Heizungen ist dramatisch eingebrochen.

Das zeigt: Die Menschen sind von dem heftigen politischen Streit um das Heizungsgesetz der Ampel-Bundesregierung stark verunsichert. Das Ergebnis ist grotesk. Das CO2-Sparen im Gebäudesektor wird gebremst statt vorangebracht. Die Ampel droht ein Kernelement der Energiewende zu vergeigen.

Eine warme Wohnung im Winter, immer warmes Wasser, wenn man den Hahn aufdreht. Das gehört zu den Annehmlichkeiten des modernen Lebens, und keiner will diese Standards aufgeben.

Gleichzeitig ist der Gebäudesektor ein Klimakiller. Über ein Drittel des Energieverbrauchs in Deutschland geht auf sein Konto, entsprechend hoch ist der CO2-Ausstoß, denn die Versorgung ruht vor allem auf Erdgas und Erdöl. Das ist lange bekannt. Doch die bisherigen Bundesregierungen betrieben die Wärmewende allenfalls halbherzig.

Gerade unter CDU-„Klimakanzlerin“ Angela Merkel wurde die durchgreifende energetische Sanierung des Gebäudebestandes, vor allem der „Energieschleudern“ aus den 1950er bis 1970er Jahren, auf die es besonders ankommt, immer wieder verschleppt. Kaum eine andere europäische Industrienation ist im Wärmesektor so abhängig von fossilen Energien wie Deutschland.

Regierungskunst geht anders

Diese düstere Zeit schien endlich zu Ende zu gehen. Die „Fortschritts-Koalition“ der Ampel hatte sich vorgenommen, endlich in die Spur zu kommen, vor allem durch den sukzessiven Umstieg vom Öl- und Gas-Verbrennen auf zukunftsfähige Heizsysteme.

Wie wichtig das ist, unterstrich dann der fossile Energiepreis-Schock infolge von Putins Ukraine-Krieg. SPD, Grüne und FDP zogen den Start des Projekts gemeinsam deswegen sogar noch ein Jahr vor, auf 2024. Doch dann ging alles schief, was schiefgehen konnte.

Der früher hochgelobte Grünen-Oberkommunikator Robert Habeck schaffte es nicht, seinen geleakten, vom Kampagnen-Fachblatt Bild als „Heizungs-Hammer“ diffamierten Gesetzentwurf richtig darzustellen und die geplante Förderung für die neuen Heizungen zu verbessern, vor allem unter sozialem Gesichtspunkt.

Viele glaubten aufgrund der Desinformationskampagne tatsächlich, ihre existierenden Öl- und Gasheizungen sollten verboten oder dürften nicht mehr repariert werden. Die FDP betätigte sich als Opposition in der Regierung, in dem sie das energetisch unsinnige, weil viel zu verlustreiche Heizen mit Wasserstoff als Zukunftsoption durchsetzte.

Es verfestigte sich der Eindruck, die Ampel habe gar kein klares Konzept für die Wärmewende. Regierungskunst geht anders.

Angstkampagne setzt Klimaziele aufs Spiel

Klar, dass die Opposition aus diesem Wirrwarr jetzt mit ihrer Unterschriftenkampagne „Fair‑Heizen“ Vorteile zu ziehen versucht. Es ist ihr nicht zu verdenken. Doch dass die Union mit Horrorszenarien arbeitet, um im Wahlvolk zu punkten, und dabei die ganze Wärmewende in Misskredit bringt, ist perfide.

Politiker von CDU und CSU überbieten sich mit Hausnummern für die Umbaukosten, die Hauseigentümer angeblich aufzubringen haben. 100.000 Euro, sogar 150.000 Euro, wer bietet mehr? Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) toppt das Ganze, er ruft 300.000 Euro auf.

Dass schon im Ampel-Entwurf Härtefallregelungen vorgesehen sind, unterschlägt die Union. Ebenso, dass eine weitere Verzögerung der Wärmewende alles andere als günstig für alle zu werden droht, die weiter mit Öl und Erdgas heizen. Schon jetzt ist zum Beispiel Gas im Schnitt doppelt so teuer wie vor dem Ukraine-Krieg, und wer weiß, welche Preis-Turbulenzen in Zukunft noch drohen.

Dass die Union Angst und Schrecken wegen der Wärmepumpe verbreitet, darf man ihr nicht durchgehen lassen, denn es führt zu den eingangs erwähnten Panikreaktionen. Wenn Hausbesitzer:innen jetzt noch wegen der „existenziellen Angst vor dem, womit ihnen die Bundesregierung droht“ (O‑Ton Kampagne), Öl- und Gasheizungen einbauen lassen, torpediert das die Ziele Deutschlands, bis 2045 klimaneutral zu werden. Das liegt doch auf der Hand.

In der aufgeheizten Lage ist es schwierig, Vernunft walten zu lassen. Dass die Umstellung von fossilen Heizungen auf effiziente Wärmepumpen funktionieren kann, zeigen andere europäische Länder, wie zum Beispiel das Vorbild Dänemark, wo die Neuinstallation von Öl- und Gasheizungen bereits seit Jahren verboten ist. In Skandinavien werden schon lange Gebäude mit Wärmepumpen beheizt und Fernwärmenetze mit Großwärmepumpen betrieben, ergänzt mit Abwärme-, Biomasse- und Erdwärme-Nutzung.

Deutschland muss hier schnell aufholen, und deswegen muss die Ampel das Gesetz zur Wärmwende zwar besser sozial austarieren, sprich die Förderung einkommensabhängig erhöhen, und möglicherweise Fristen anpassen, bis genügend Wärmepumpen am Markt vorhanden sind. Aber nicht das Gesetz verschieben.

Zum Glück hat sich die SPD jetzt in diesem Sinne positioniert. Das ist immerhin die Kanzlerpartei.

Quelle

Der Bericht wurde von der Redaktion „klimareporter.de“ (Joachim Wille) 2023 verfasst – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung (post@klimareporter.de) weiterverbreitet werden! 

Diese Meldung teilen

‹ Zurück zur Übersicht

Das könnte Sie auch interessieren