Wie geht es weiter mit dem Klimaschutz?
In den USA wird ein Klimawandelleugner Präsident, in Deutschland bricht die Ampelregierung und in China beschleunigt sich der Ausbau einer klimaschützenden Wirtschaft.
Sehr viele Menschen sind wie auch ich entsetzt über die politischen Ereignisse der letzten Woche. Die engagierte Klimaschutzbefürworterin Kamala Harris verlor die US-Präsidentenwahl an Donald Trump, der den menschengemachten Klimawandel leugnet und schon lange verkündet, die Förderung Erneuerbarer Energien abzuschaffen und stattdessen die fossilen Energien, insbesondere die Erdölindustrie, massiv auszubauen.
In Deutschland trieb vor allem FDP-Vizekanzler Christian Lindner die Ampelkoalition zum Bruch. Unter großem grünem Einsatz hatte die Koalition den Ausbau der Solarenergie stark gefördert. Lindner fordert jedoch, ähnlich wie Trump, die Abschaffung der Förderung Erneuerbarer Energien und des EEGs. Stattdessen will er neue fossile Subventionen für Erdgas und/oder CCS-Technologien einführen.
Auch will er das ohnehin schon komplett unzulängliche Klimaneutralitätsziel Deutschlands, das bis 2045 erreicht werden sollte, auf 2050 verschieben und wichtige Klimaschutzregulationen abschaffen. Dabei beruft er sich auf das Verfassungsgerichtsurteil zur Schuldenbremse und ignoriert das Urteil, das auch den Schutz der Freiheitsrechte zukünftiger Generationen fordert – eine Forderung, die mit unzureichendem Klimaschutz nicht erfüllt wird. In der öffentlichen Debatte und in den meisten Medien wird das Verfassungsgericht jedoch oft einseitig auf Finanzierungsfragen reduziert, anstatt den zum Überleben der menschlichen Zivilisation nötigen Klimaschutz zu betonen.
Diese einseitige Fixierung auf finanzielle Themen, wie sie nicht nur von Lindner, sondern auch von CDU-Vorsitzendem Merz und CSU-Chef Söder vorangetrieben wird, führt letztlich zu einer unverantwortlichen Verlängerung der Nutzung fossiler Rohstoffe – in dieser Hinsicht sind sich Trump und Lindner völlig einig. Klimaschutzminister Robert Habeck von den Grünen bezeichnete die Forderungen der FDP nach einer Verlängerung der fossilen Energienutzung zu Recht als inakzeptabel.
Rekord-CO2-Emissionen 2023: Das Scheitern des Pariser Klimaabkommens
Der jüngste „Emission Gap Report“ der UN für die Klimakonferenz in Aserbaidschan zeigt: Die globalen Emissionen erreichten 2023 mit 57,1 Gigatonnen CO2-Äquivalenten einen Rekordwert. Die UN beschreibt die Situation der Welt drastisch: „Einige Teile der Welt stehen in Flammen, andere ertrinken, und überall kämpfen Menschen ums Überleben.“
Im gefeierten Pariser Abkommen von 2015 verpflichtete sich die Weltgemeinschaft, die jährlichen globalen Treibhausgasemissionen zu senken. Stattdessen sind die Emissionen von etwa 54 Gigatonnen 2015 auf 57,1 Gigatonnen CO2e gestiegen. Die globalen Klimaschutzabkommen, einschließlich des Pariser Abkommens, erweisen sich also als völlig wirkungslos. Dramatischer kann das Versagen des globalen Klimaschutzes nicht mehr dokumentiert werden.
Doch Lindner, Trump und andere scheint das nicht zu berühren. Sie haben kein Mitgefühl dafür, dass kürzlich in Spanien oder Florida hunderte Tote durch Extremwetter ums Leben kamen.
Gnadenlos gehen sie über die Opfer der Klimakatstrophe hinweg und verursachen mit der weiteren Unterstützung der fossilen Wirtschaft immer höhere Erdtemperaturen und damit immer mehr Katastrophen.
Müssen wir angesichts der Klimakrise und der Machtübernahme von Klimawandelleugnern kapitulieren? – Nein!
Trump hat angekündigt, mit den USA aus dem Pariser Klimaabkommen auszutreten. Angesichts des bisherigen Versagens des Abkommens scheint dieser Austritt jedoch eher symbolisch.
Bereits vor zwei Jahrzehnten betonten Hermann Scheer, ich selbst und andere, dass Weltklimakonferenzen keine wirksame Lösung für den Klimaschutz bieten können. Wenn der größte Bremser mitentscheiden muss, bestimmt er auch das Tempo.
Klimaschutz hat nur dann eine Chance, wenn starke Vorreiternationen vorangehen und eine technologische und ökonomische Revolution für eine emissionsfreie Wirtschaft vorantreiben. Sobald klimafreundliche Technologien günstiger und zugänglicher werden als fossile Alternativen, können sie sich weltweit durchsetzen – sofern die fossilen Energien nicht durch Subventionen künstlich gestützt werden.
Aktuell ist allein China auf dem Weg, den globalen Klimaschutz voranzubringen
China ist aktuell die einzige Nation, die tatsächlich eine Klimaschutz-Technologierevolution anführt. Die Entwicklung, die ich auf meiner Chinareise beobachte, ist beeindruckend: PV-Anlagen, Windräder, E-Mobilität (E-Autos, E-Roller, E-Busse, E-Bahnen, E-LKW u.a.), Batterien und Biokunststoffproduktion wachsen mit enormer Geschwindigkeit, und die Preise sinken kontinuierlich. Es gibt bereits komfortable, platzsparende E-Autos unter 20.000 Euro, die mehrere hundert Kilometer Reichweite bieten. China hat kürzlich sogar eine unglaubliche 26-Megawatt-Windturbine vorgestellt.
Mit einer Reisegeschwindigkeit von 350 km/h bin ich schnell, sicher, bequem und pünktlich etwa 1400 km mit dem Zug von Peking über Bengbu nach Qingdao gefahren. Die chinesische Regierung hat gerade angeordnet, dass die Stahlproduktion in den kommenden Jahren zunehmend sauberer und umweltfreundlicher werden muss – neue kohlebetriebene Stahlwerke sind bereits verboten. Es ist zu erwarten, dass China ähnlich zügig eine klimafreundliche Stahlproduktion aufbauen wird, wie es bereits bei Photovoltaik, Batterietechnologien und E-Mobilität geschehen ist.
Trump wird die geopolitischen Machtverhältnisse verändern
Trump wird mit den USA weitreichende schmerzhafte geopolitischen Veränderungen schaffen. Mit seiner Politik des Antiklimaschutzes und Ausländerhasses werden Fluchtbewegungen verstärkt, großflächige Zerstörungen in vielen Ländern durch Wetterextreme beschleunigt, Kriege um Erdöl angeheizt. Nationale Egoismen werden verstärkt, anstatt einer notwendigen globalen Zusammenarbeit, die die Menschheit angesichts der drohenden Klimakatastrophe so dringend braucht.
Neue Kooperationen auch mit China sind jetzt nötig
Die kommende deutsche Regierung und die EU müssen auf dem von Trump vorgezeichneten Weg neue Initiativen für globale Kooperationen starten. Entscheidend wird dabei eine China-Politik sein, die auf Zusammenarbeit statt Konfrontation setzt. Europa und China sollten gemeinsam agieren, anstatt durch Marktabschottungen die Spannungen weiter zu schüren.
Die neue Bundesregierung sollte die Haltung der Scholz-Regierung beibehalten und in der EU darauf hinwirken, die Konfrontation mit China zu beenden, insbesondere im Hinblick auf die Zölle auf E-Autos. Diese Zölle werden nur die chinesischen E-Autohersteller dazu anspornen, noch schneller, effizienter und günstiger zu werden, wodurch sie sich verstärkt den bevölkerungsreichen BRICS-Staaten (Indien, Brasilien, Südafrika, Indonesien u.a.) zuwenden werden. Die E-Auto-Zölle werden den Niedergang von VW und der gesamten europäischen Automobilindustrie beschleunigen, da diese zwar noch einige Jahre im EU-Raum Verbrenner verkaufen kann, aber weiterhin keine echten klimafreundlichen Innovationen vorantreibt. Ein ähnlicher Fehler wurde mit den Solarzöllen auf chinesische PV-Anlagen gemacht: Letztlich führte dies dazu, dass China eine Solarindustrie aufbaute, die nun 90% des Weltmarktes beliefert. Lindner und seine FDP, gemeinsam mit der CDU/CSU und später der SPD, hatten die Solarwirtschaft nach China verdrängt und setzen weiterhin auf diese falschen Denkmuster.
Am Ende einer Politik der Abschottung und der fossilen/atomaren Subventionierung wird Europa einen Großteil seines industriellen Fundaments verlieren, da China in seinem riesigen Binnenmarkt und den BRICS-Staaten rasch saubere Technologien hochskaliert. Dies wird das geopolitische Gewicht der BRICS-Staaten stark steigern und die EU wird geopolitisch zwischen einer Trump-USA und den BRICS an Bedeutung verlieren.
Chinesische Firmen, Forscher und Politiker wollen Kooperationen mit Deutschland
Chinesische Firmen suchen die Kooperation mit Deutschland und der EU. Sie möchten mit ihren Klimaschutztechnologien unsere Märkte erschließen, gemeinsam mit unserer starken Forschungslandschaft Innovationen vorantreiben und hier Fabriken errichten.
Dies eröffnet Chancen für deutsche Unternehmen, sich an neuen Fabriken zu beteiligen, Arbeitsplätze zu sichern, Steuereinnahmen zu generieren und die logistischen Wege zu verkürzen. Vor allem jedoch werden China und Europa den globalen Klimaschutz gemeinsam vorantreiben und über die BRICS-Staaten weiter stärken. Am Ende wird die USA unter dem Klimawandelleugner Trump sowohl wirtschaftlich als auch geopolitisch als Verlierer dastehen, während der Klimaschutz dennoch vorangetrieben wird.
Zusammenarbeit und Völkerfreundschaften führen zum Frieden; Abschottung und Konfrontationen aber eher zum Krieg
Wenn wir in der EU den Klimaschutztechnologieriesen China also einladen, gemeinsam eine klare Klimaschutzwirtschaft zu schaffen, können wir vielleicht das drohende Ende der menschlichen Zivilisation noch abwenden und bekommen zudem eine wiederauflebende starke Völkerfreundschaft.
Trotz des Scheiterns der UN-Klimakonferenzen besteht noch Hoffnung. Laden wir China ein, gemeinsam eine emissionsfreie Wirtschaft mit starken Kohlenstoffsenken zu schaffen. Verstärken wir den aktuellen Turbo Chinas in den Nullemissionstechnologien und beteiligen wir uns mit fairen Kooperationen.
Völkerfreundschaften und Kooperationen führen zu Frieden, Wohlstand und Klimaschutz. Abschottung und Konfrontation führen zum Niedergang der Wirtschaft, erzeugen Armut und vielfach auch Kriege.
Quelle
Hans-Josef Fell 2024 | Präsident der Energy Watch Group (EWG) und Autor des EEG