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WTO hält am EU-Handelsverbot für Robbenerzeugnisse fest

Das EU-Handelsverbot für Robbenerzeugnisse bleibt bestehen.

Die Entscheidung des Berufungsgremiums der Welthandelsorganisation (WTO) ist ein weiterer schwerer Schlag gegen die kommerzielle Robbenjagd: Der letzte verzweifelte Versuch Kanadas und Norwegens zur Anfechtung der letztjährigen Entscheidung der WTO, die das EU-Handelsverbot für Robbenerzeugnisse aus dem Jahr 2009 bestätigte, ist damit gescheitert.

In seiner Begründung führte das Berufungsgremium erneut aus, dass Bedenken in Tierschutzfragen durchaus Handelsbeschränkungen durch WTO-Mitglieder rechtfertigen und dass die EU das Recht hat, die Einfuhr und den Handel mit Produkten aus der grausamen kommerziellen Robbenjagd zu verbieten. Diese Entscheidung unterstreicht auch die Bedeutung der WTO als Instanz zur Wahrung ethischer und moralischer Grundsätze für Handelsentscheidungen, die künftig zu treffen sein werden.

Für Kanadas Handel mit Europa hat der Verzicht auf Robbenprodukte eher symbolische Bedeutung: In den letzten Jahren vor dem Verbot gingen nur noch weniger als fünf Prozent der kanadischen Erzeugnisse aus der Robbenjagd nach Europa. Doch die Preise für Robbenfelle und die jährlich für die kommerzielle Robbenjagd festgesetzten Abschussquoten sind seit dem Verbot stark rückläufig.

Der IFAW kämpft seit über 40 Jahren gegen die Robbenjagd und konnte die europäische Nachfrage durch gezielte politische Arbeit kontinuierlich reduzieren.

Das EU-Einfuhrverbot entfaltete vor allem durch seine Vorbildfunktion Wirkung: Nach seinem Inkrafttreten schlossen auch andere Länder ihre Märkte. Im Jahr 2011 verbot die Russische Föderation die Einfuhr von Sattelrobbenfellen und legte damit den mit einem Exportanteil von 90 Prozent größten Absatzmarkt Kanadas trocken. Zwei Jahre später erließ auch Taiwan ein Importverbot für Robbenprodukte. Und dass ein Handelsabkommen zwischen Kanada und China über die Lieferung von Robbenfleisch vor kurzem nicht zustande kam, sei nach Aussage der kanadischen Fischereiministerin Gail Shea die Schuld von Tierschutzaktivisten.

Nach der WTO-Entscheidung steht die kommerzielle Robbenjagd vor dem Ende. Offiziellen Angaben zufolge wurden bei der letzten Jagd „nur noch“ 50.000 Tiere getötet. Der letzte verbliebene Hersteller für Robbenerzeugnisse, die Carino Ltd., benötigte nach eigener Aussage das dritte Jahr in Folge einen Kredit, um den Betrieb auch dieses Jahr weiterführen zu können.

Wo überhaupt noch Robbenerzeugnisse abgesetzt werden können, ist unbekannt. In der Presse finden sich höchstens noch Berichte wie der über den Verkauf von Robbenfellen zu Schleuderpreisen von etwa 120 US-Dollar bei einem Konzert von Bryan Adams in St. John‘s, Neufundland – eine Protestaktion gegen den Musiker, der sich öffentlich gegen die kommerzielle Robbenjagd ausspricht.

Ein Aufbegehren der kanadischen Bevölkerung gegen die WTO-Entscheidung ist kaum zu befürchten, da die meisten Kanadier die kommerzielle Robbenjagd ablehnen und es lieber sähen, wenn man ihre Steuergelder für die Erschließung wirtschaftlich tragfähiger Alternativen zu dieser sterbenden Industrie nutzen würde. Und in der Presse sind Proteste allenfalls auf Drängen der Industrie in Kooperation mit der Regierung zu erwarten.

Die Befürworter der Jagd werden behaupten, das Verbot sei unfair, die EU sei falsch informiert und von Tierschutzaktivisten mit millionenschweren Kampagnen hinters Licht geführt worden. Sie werden sagen, das Verbot sei der falsche Weg, weil damit schon bald jede Tiernutzung untersagt würde – und Hummer vielleicht als Nächstes auf der Verbotsliste stehen könnte. Solche Befürchtungen wurden schon nach der ersten WTO-Entscheidung im vergangenen Jahr geäußert. Und mit denselben Warnungen versuchte man auch nach dem ersten EU-Handelsverbot von 1984 für die aus Jungtieren der Sattelrobben und Klappmützen hergestellten Produkte, Einfluss auf die Öffentlichkeit zu nehmen.

Natürlich bestätigten sich die damaligen Befürchtungen nicht. Die Wahrheit ist nicht immer leicht zu akzeptieren. Die Kampagnen-Budgets der Tier- und Umweltschutzorganisationen sind winzig im Vergleich zu den Mitteln, die Ländern wie Kanada oder Norwegen zur Verfügung stehen. Die meisten Verbraucher sind heute über die Grausamkeit in Verbindung mit der Herstellung kommerzieller Robbenprodukte informiert und verzichten bewusst auf solche Erzeugnisse. Drei Jahrzehnte lang hat Kanada mit großem Einsatz von Steuergeldern vergeblich versucht, die kommerzielle Robbenjagd am Leben zu erhalten.

Es ist Zeit, die Realität zu akzeptieren: Eine Subventionierung der Robbenjagd ist kein probates Mittel zur Sicherung von Arbeitsplätzen in den Atlantikküstenregionen Kanadas. Die Lizenzen der wenigen noch verbleibenden Robbenjäger müssen zurückgekauft und es müssen Mittel für sinnvolle Alternativen zur Verfügung gestellt werden, um der Wirtschaft in den kanadischen Atlantikprovinzen neue Impulse und den dort lebenden Menschen eine sinnvolle Perspektive zu geben.

Sheryl Fink

Erfahren Sie mehr über unsere Arbeit zum Schutz der Robben

Quelle

IFAW | Sheryl Fink 2014

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