Zukunft für alle
Franz Alt und Peter Spiegel stellen in „Gerechtigkeit – Zukunft für alle“ Alternativen zur gegenwärtigen Politik in Deutschland vor. Das Publik-Forum-Buch des Monats, rezensiert von Norbert Copray.
Die Wahlkämpfe in diesem Jahr kennen ein zentrales Thema: Gerechtigkeit. Doch vermutlich werden die politischen Akteure nicht liefern, was sich gerade jene darunter vorstellen, die der Gerechtigkeit am meisten bedürfen: die Abgehängten, die finanziell Schwachen ohne die Chance auf Rücklagen für Notzeiten, chronisch Kranke, Menschen, die auf sicherere Arbeitsplätze angewiesen sind, sowie Menschen, die für ein Arbeitseinkommen unzureichend ausgerüstet sind.
Hilft da eine „Grundsatzerklärung“ zur „Gerechtigkeit“ weiter, wie sie Franz Alt und Peter Spiegel unter dem Motto „Zukunft für alle“ vorstellen? Sicher ist: Es braucht eine noch viel weiter gehende Debatte darüber, was unter Gerechtigkeit zu verstehen ist, um den politischen Akteuren so weit wie möglich die Ausflüchte, Tricks und Winkelzüge zu verstellen. Und ein möglichst breites Interesse an einer Gerechtigkeit, die nicht im parteipolitischen Gezänk versandet, bei dem sich dann die Superreichen und Wohlhabenden Steuersenkungen organisieren bei gleichzeitiger Absenkung sozialer Leistungen und Umweltanforderungen.
Im ersten Buchteil skizziert der Journalist und vielfache Bestsellerautor Franz Alt Gerechtigkeit im Kontext einer Globalisierung mit komplexer wechselseitiger Abhängigkeit aller Menschen, Länder sowie der Menschen und der Natur. Statt eines „Nationalismus“, der Krieg heißt, und statt eines „Weltkriegs gegen die Natur“ bedarf es der Liebe, der Aufklärung, eines tieferen politischen Bewusstseins. So benennt Alt überzeugende „Alternativen für Deutschland“ anstelle der „Alternative für Deutschland“ (AfD), in denen viele seiner bisherigen Erkenntnisse, Thesen und Aufrufe zusammenfließen. Mit guten Argumenten wirbt er für eine konsequentere Energie-, Verkehrs- und Agrarwende, für eine andere Arbeitskultur, für eine „reife, ethische Marktwirtschaft“.
Die Autoren haben neben der ausgleichenden Gerechtigkeit eine „systemische Entfaltungsgerechtigkeit“ im Blick. Es bedarf einer „gesamtsystemischen Verantwortung“ für alles Leben auf dem Planeten. Damit ist laut Peter Spiegel, Gründer und Leiter des Genisis-Instituts, Gerechtigkeit eine „Kunst, der optimalen Potenzialentfaltung jedes Menschen immer besser gerecht zu werden“. Er legt den Schwerpunkt auf die „Revolution des Bildungswohlstands“ sowie des Sozial-, Demokratie- und Gemein-Wohlstands. Zusammen mit Alts ökologisch akzentuierter Gerechtigkeit ergibt das exzellent ein Ganzes und damit „Zukunft für alle“.
Die Grundsatzerklärung hat den Charakter eines Manifests, weshalb hier nicht diskutiert, sondern überwiegend deklamiert und thetisch begründet wird sowie Handlungsperspektiven beschrieben werden. Die Grundsatzerklärung ist Teil eines vom Genisis-Institut gemeinsam mit anderen NGOs betriebenen Prozesses, der unter futureforall.net im Internet verfolgt werden und in den man sich einklinken kann. Wer Demokratien erhalten und befördern will, muss Gerechtigkeit für alle erstreiten. Denn, wie es im Vorwort heißt: „Niemand kann mehr die Hoffnung haben, dass die Welt wieder zur Ruhe kommen kann, bevor wir nicht ein völlig neues Niveau an Gerechtigkeit erreichen.“
Quelle
Norbert Copray 2017 | Die Rezension ist in PUBLIK FORUM Nr. 11/2017 erschienen!