Gefahr für Umwelt und Menschen: EU beschließt Gesetz für kritische Rohstoffe
Das Europäische Parlament will am Dienstag grünes Licht für eine Investitionsoffensive in den Rohstoffsektor geben.
Deutsche Umwelt- und Entwicklungsorganisationen befürchten die Aufweichung von Umweltstandards in Europa und Menschenrechtsverletzungen in rohstoffreichen Ländern durch das geplante „Kritische Rohstoffe Gesetz”. Das EU-Parlament konnte während der Verhandlungen die Recyclingziele zwar erhöhen, jedoch kritisieren die Organisationen, dass das Gesetz keine verbindlichen Ziele zur Reduktion des EU-weiten hohen Rohstoffverbrauchs noch zur verstärkten Kreislaufführung kritischer Rohstoffe enthält. Ebenso wird die Chance vertan, durch das Gesetz die Rechte der Menschen zu stärken, die vom Bergbau betroffen sind.
„In der EU wächst die Nachfrage nach Metallen noch rasanter als die Müllberge. Die EU verpasst mit dem Rohstoffgesetz die Möglichkeit, den eigenen, global ungerechten Rohstoffverbrauch zu adressieren. Es gibt nicht einmal eine Zielsetzung, die Verschwendung von Rohstoffen zu stoppen”, kritisiert Michael Reckordt von PowerShift. “Aus Großbritannien weiß man, dass jährlich fünf Millionen Einweg-Elektrozigaretten auf dem Müll landen. Diese enthalten Kupfer oder Lithium, letzteres wäre genug für 5.000 E-Autos. Ohne Verschwendungen wie diese anzugehen, können wir die Abhängigkeit von Ländern wie China nicht reduzieren.”
„Kritische Rohstoffe, unter anderem für die Energiewende, lassen sich nur mit einer ambitionierten EU-weiten Kreislaufwirtschaft schonen. Unverbindliche Recyclingziele reichen nicht aus. Es braucht konkrete Maßnahmen zur Abfallvermeidung, Wiederverwendung und Ressourceneffizienz, um Materialien wirklich sparsam zu nutzen. Auch Hersteller müssen mehr in die Pflicht genommen werden, um kritische Rohstoffe von Anfang an nachhaltig einzusetzen und am Lebensende zurückzugewinnen. Wir fordern von allen EU-Staaten gezielte Anreize für Reparaturen und – wenn das nicht mehr möglich ist – für ein hochwertiges Recycling,” sagt Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der DUH.
„Die wachsende Nachfrage nach Metallen treibt den Rohstoffabbau in Naturschutzgebieten absehbar voran. Bereits jetzt sind vier von fünf Bergbauprojekten weltweit in oder nah an Naturschutzgebieten, die ökologischen Folgen sind oft verheerend. Die Ökosysteme sind unser Kapital für die Zukunft und dürfen nicht übereilten intransparenten Prozessen zum Opfer fallen “, sagt Tobias Kind-Rieper vom WWF.
„Die Länder des Globalen Südens werden wohl weiterhin auf die Rolle des Rohstofflieferanten reduziert, da die geplanten Rohstoffpartnerschaften vor allem den strategischen und ökonomischen Interessen der EU dienen werden“, erklärt Teresa Hoffmann, Expertin für Rohstoffpolitik bei Brot für die Welt.
„Im Gesetz steht, dass der Aufbau von Wertschöpfung in den rohstoffreichen Ländern selbst unterstützt werden soll. Die EU muss nun Worten Taten folgen lassen und konkrete Umsetzungsinstrumente im Rahmen der Kooperation mit Drittländern verankern.“
- Gemeinsame Position zum Critical Raw Materials Act von 44 europäischen Organisationen
- Gemeinsame Position zu Critical Raw Material Partnerships von elf europäischen Organisationen