Planet Erde wird zum Business-Stakeholder
Von der Utopie zum Mainstream – Neun Jahre nach seiner UN-Rede erlebt Felix Finkbeiner den Durchbruch seiner Trillion Tree Campaign als Modell für die weltweite Wiederaufforstung.
Als der Salesforce-Chef Marc Benioff beim Weltwirtschaftsgipfel in Davos am 21. Januar die Elite der Wirtschaftslenker dazu aufrief, weltweit one trillion trees, 1.000 Milliarden Bäume, zu pflanzen, um etwas gegen die Klimakrise zu tun, konnte er auf solide Fakten bauen.
Denn fast genau von neun Jahren, am 2. Februar 2011, hatte schon einmal jemand diesen Aufruf gestartet: Ein Schüler, Felix Finkbeiner, damals 13 Jahre alt und Gründer der Stiftung Plant-for-the-Planet, forderte die Regierungen in einer flammenden UN-Rede dazu auf, genau dies zu tun. Angefangen hatte alles im Jahr 2007 mit einem Schulreferat über die Klimakrise. Inspiriert von Wangari Maathai, die in Afrika in 30 Jahren 30 Millionen Bäume gepflanzt hat, forderte der Viertklässler seine Mitschüler auf ihrem Vorbild zu folgen und einen ersten Baum zu pflanzen.
Seine Idee dahinter: Wenn Kinder in jedem Land der Erde eine Million Bäume pflanzen, könnten diese die Klimakrise abbremsen, indem sie das schädliche Treibhausgas CO2 aus der Atmosphäre binden. Was er nicht ahnen konnte: Seine Initiative löste eine Kettenreaktion aus, die bis heute anhält. Es war der Anfang der Kinder- und Jugendinitiative Plant-for-the-Planet.
Schon ein Jahr später war Felix UNEP Junior Board Member und sprach auf wichtigen Umwelt- und Klimaveranstaltungen, wie beispielsweise vor dem europäischen Parlament, bevor er 2011, mit 13 Jahren, im UN-Waldjahr, seine inzwischen historische Rede im Hauptquartier der Vereinten Nationen hielt, in der er die Regierungen der Welt zum Handeln aufforderte. Die Geburtsstunde der Trillion Tree Campaign. (Link zur Rede am Ende der Meldung)
Felix‘ Idee wanderte um die Welt. Immer mehr Kinder folgten seinem Beispiel und empowerten sich unter dem Dach von Plant-for-the-Planet gegenseitig, die Idee weiterzutragen: Als Botschafter für Klimagerechtigkeit. Bis heute sind es über 88.000 Kinder und Jugendliche, die die Idee rund um den Globus verbreiten.
Mit dem Anspruch an das eigene Tun wuchs auch die Frage nach dem Machbaren. Die inzwischen jugendlichen Klimakämpfer wollten Fakten schaffen und baten die Wissenschaft um Unterstützung. Für ihre erste Frage – wie viele Bäume gibt es überhaupt auf der Welt – konnten die Kinder einen Wissenschaftler gewinnen: Thomas Crowther. Mit einem Team der Universität Yale fand er 2015 heraus, dass 3.04 Billionen Bäume wachsen. Schon damals schätzten die Wissenschaftler, dass one trillion trees, wie von Felix gefordert, Platz haben müssten. 2019 schließlich ermittelte das ein Team rund um Crowther, inzwischen an der ETH Zürich, wo genau auf der Welt all diese Bäume gepflanzt werden können und welchen enormen Beitrag sie im Kampf gegen die Klimakrise leisten können. Ein Viertel des menschgemachten CO2 weltweit würde in all diesen Bäumen dauerhaft gebunden.
Um dieses Ziel umsetzen zu können, entwickelten die Kinder eine App. Basis dafür war der Weltbaumzähler, der aus dem ersten großen Pflanzprojekt von Wangari Maathai hervorgegangen und 2011 von der UNEP an die Kinder- und Jugendinitiative übergeben worden war.
Bäume zu zählen, das war den Kindern klar, bringt wenig. Man muss die Menschen vor allem dazu bewegen, Bäume zu pflanzen. Von 2017 bis 2019 entwickelten sie die App, die genau das ermöglicht. Als Open Source Plattform steht sie weltweit allen Pflanzprojekten offen, die nun über eine einfache Navigation Spenden sammeln können. Und da die App von Jugendlichen erdacht wurde, macht Bäumepflanzen und Klimaschützen hier auch Spaß. Nutzer können ihren personalisierten Wald einrichten und um die Wette pflanzen: Wer hat den größten Wald?
Spätestens hier sind wir wieder bei Salesforce-Chef Marc Benioff, denn in Davos hatte er genau die richtige Klientel vor sich, um diese Trillion Tree Campaign zum unternehmensgetriebenen Wettbewerb auszurufen. Nach einem Jahr Fridays for Future und allgemein akzeptierten Fakten zur Klimakrise, ist auch der Wirtschaft klar geworden: Die Zukunft der Welt liegt in ihren Händen. Rund 300 Unternehmen haben sich spontan zu Benioffs 1t.org-Initiative bekannt. Und selbst Donald Trump will sich beteiligen.
“Mapping tree density at a global scale”