Wird China grün?
Die Weltklimakonferenz in Doha endete faktisch so ergebnislos wie die 18 Konferenzen zuvor. Seit es Weltklima-Konferenzen gibt geht es dem Weltklima immer schlechter. In Doha gehörte neben den USA auch China zu den großen Blockierern einer völkerrechtlich verpflichtenden Klimapolitik.
Das hängt vor allem auch damit zusammen, dass das kommunistische Regime sich nicht von außen kontrollieren lassen möchte. Dennoch hat China 2011 zuhause die „saubere industrielle Revolution“ ausgerufen und fördert die erneuerbaren Energien wie zurzeit kein zweites Land.
Das Reich der Mitte produziert seit 2005 etwa sechsmal mehr Sonnenkollektoren zur Wärmegewinnung als alle 27 Staaten der EU zusammen. In einem Fünfjahresplan sollen bis 2015 umgerechnet 370 Milliarden Euro für erneuerbare Energien ausgegeben werden. Zum Vergleich: Die USA haben in den letzten vier Jahren rund 80 Milliarden Dollar dafür aufgewendet. 2012 werden in China neun Prozent des gesamten Energiebedarfs ökologisch erzeugt, 2020 sollen es 20 % sein.
Das Riesenreich konnte oder wollte in den letzten Jahren bei der Rechtsstaatlichkeit und bei Menschenrechten keine Fortschritte erzielen. Allein seit Anfang November verbrannten sich in Tibet über 30 vorwiegend junge Menschen aus Protest gegen die brutalen Unterdrückungsmaßnahmen Pekings gegen seine Minderheiten im Land.
Aber in der Wirtschaftspolitik ist China auf dem Weg in eine grüne Zukunft. Allerdings werden auch heute noch über 70% der Energie aus schmutziger Kohle gewonnen. Die chinesischen Kohlekraftwerke arbeiten jetzt allerdings effizienter als noch vor zehn Jahren. Viele grüne Projekte werden freilich gegen den Willen der Bevölkerung realisiert. Zur Errichtung des Drei-Schluchten-Staudamms in Südchina mussten drei Millionen Menschen zum Teil zwangsumgesiedelt werden. Durch diese ökodiktatorischen Maßnahmen werden jetzt jedes Jahr 23 Milliarden Kilowattstunden Strom erzeugt.
Im Umweltbereich arbeiten kaum zwei Länder so eng zusammen wie China und Deutschland. Schon vor fünf Jahren hat Peking das deutsche Erneuerbare-Energien-Gesetz in der Intention übernommen. Chinas Regierung unterstützte in den letzten Jahren seine Solarindustrie mit etwa 40 Milliarden Euro zinslosen Krediten. Diese Politik ist auch dem Druck von unten geschuldet.
Kaum jemand weiß hierzulande, dass es in China aktive Greenpeace-Gruppen gibt, die oft mit Hilfe der lokalen Bevölkerung erfolgreich für Umweltschutz kämpfen. Allein im Jahr 2010 gab es nach Angaben der Kommunistischen Partei 90.000 lokale Aufstände, hauptsächlich ging es dabei um Umweltschutz-Themen. Auch deshalb müssen die Regierung und die Partei handeln. Hundertausende Chinesen sterben jedes Jahr an Umweltbelastungen, Umweltgiften, Feinstaub und Smog.
Bis zum Jahr 2020 sollen 200.000 Megawatt Windkraftstrom installiert sein. Das ist siebenmal mehr als heute in Deutschland. Schon jetzt ist China vor den USA und Deutschland Windweltmeister. Die Pekinger Tsinghua-Universität hat errechnet, dass China allein mit Windkraft doppelt so viel Strom erzeugen könnte wie heute alle 1,3 Milliarden Chinesen verbrauchen.
In der Inneren Mongolei will die chinesische Regierung bis 2020 das weltgrößte Solarstromkraftwerk errichten mit einer Leistung von zwei Gigawatt. Damit können drei Millionen Menschen versorgt werden. In China herrschen optimale Bedingungen, in vielleicht 30 bis 40 Jahren zu 100 % auf erneuerbare Energien umzusteigen. Das Land will sein altes fossiles Wachstumsmodell der Schwerindustrie auf erneuerbare Energieträger umstellen und setzt dabei hauptsächlich auf die reichlich vorhandene Windkraft und Solarenergie.
Beim Ausbau der Netze für die Energierevolution hängt China freilich ähnlich zurück wie Deutschland. Im Mobilbereich ist das Land Deutschland voraus. Es gibt Millionen Elektro-Fahrräder und Millionen Elektro-Roller auf Chinas Straßen. Bis 2020 sollen fünf Millionen Elektroautos dazu kommen. Na dann, gute Fahrt.
Quelle
© Franz Alt 2012