Kritiker: Murks-Studie ist selber Murks
Zum Wochenanfang präsentierte das Umweltbundesamt eine viel beachtete Studie zur (nicht) geplanten Obsoleszenz. Nun melden sich die Kritiker zu Wort. Der Ökodesign-Experte Michael Braungart und der Anti-Murks-Aktivist Stefan Schridde werfen den Gutachtern schlampige Arbeit vor.
Seit gut einer Woche wissen wir: Geplante Obsoleszenz ist eine Verschwörungstheorie. Viele Produkte haben zwar eine zu kurze Lebensdauer, das liegt jedoch nicht daran, dass Hersteller Produkte bewusst so konstruieren, damit sie bald kaputt gehen und ersetzt werden müssen. So steht es jedenfalls in der 300-seitigen Studie, die das Freiburger Öko-Institut im Auftrag des Umweltbundesamtes (UBA) angefertigt hat.
Stattdessen, so die Studie, würden Kunden dazu neigen, Moden und Trends zu folgen und daher noch funktionierende Produkte auszumustern. Entsprechend würden die Produkte so designt, dass sie so lange wie nötig, nicht aber so lange wie möglich halten. „Wir müssen über Mindestanforderungen an Produktlebensdauer und Qualität nachdenken – eine Art Mindesthaltbarkeit für Elektro- und Elektronikgeräte“, schlussfolgerte UBA-Präsidentin Maria Krautzberger. Genau so wichtig sei aber ein zweiter Faktor: Verbraucher müssten ihre Produkte länger nutzen.
Doch vier Tage nach der Veröffentlichung gehen zwei Kritiker in die Offensive. „Das ist ein völlig falscher Ansatz: Produkte leben nicht, also sollte man auch keine langlebigen Produkte anstreben“, ärgert sich Professor Michael Braungart, Ko-Schöpfer des Konzepts „Cradle to Cradle“, Unternehmensberater und wissenschaftlicher Leiter des Hamburger Umweltinstituts.
„Langlebigkeit ist eine Katastrophe für Umwelt und Innovation“, ergänzt der Mittfünfziger. Im Laufe des Gesprächs mit klimaretter.info redet sich er sich in Rage und beschimpft die Studie als „Bankrotterklärung“ und „Unverschämtheit“. Das Umweltbundesamt schaue sich nur das Bestehende an. „Wir müssen aber“, betont Braungart, „völlig Neues entwickeln“.
Hier können Sie den Hintergrund weiterlesen
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- Studie: Einfluss der Nutzungsdauer von Produkten auf ihre Umweltwirkung: Schaffung einer Informationsgrundlage und Entwicklung von Strategien gegen „Obsoleszenz“
Quelle
Der Hintergrund wurde von der Redaktion „KLIMARETTER.INFO“ (Marcus Meier) 2016 verfasst – das Nachrichten- und Debattenmagazin zu Klima und Energiewende – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung von „Klimaretter.info“ (post@klimaretter.info) weiterverbreitet werden!