Wie bekommen wir die AKW schneller vom Netz?
Herausragendes Ereignis in diesem Jahr war sicherlich die Abschaltung des AKW Grafenrheinfeld ein halbes Jahr vor seinem gesetzlich festgelegten Ende. Dass es dazu kam, hat ganz wesentlich mit der Belastung durch die Brennelementesteuer zu tun.
Dass es dazu kam, hat ganz wesentlich mit der Belastung durch die Brennelementesteuer zu tun. Es hätte sich schlicht nicht rentiert, nochmal neuen Brennstoff einzusetzen. Örtliche Initiativen und .ausgestrahlt haben es gemeinsam verhindert, dass es für den Reaktor bei Schweinfurt eine Ausnahme von der Steuer gab, wie es zwischenzeitlich die bayerische Staatsregierung überlegt hatte.
Das Beispiel Grafenrheinfeld zeigt, welche Bedeutung die Brennelementesteuer für die Profitabilität und damit für die Laufzeit der Atomkraftwerke hat. Deshalb ist es das große Ziel von .ausgestrahlt für 2016 zu verhindern, dass diese Steuer Ende des Jahres abgeschafft wird, wie es CDU/CSU planen.
Was passiert mit den Atomkraftwerken nach dem Abschalten?
Dazu hat die Atommüllkonferenz der Anti-Atom-Initiativen, in der.ausgestrahlt aktiv mitarbeitet, ein ausführliches Positionspapier veröffentlicht: „Abschaltung, Stilllegung und Rückbau von Atomkraftwerken
Wer zahlt am Ende?
Zweites großes Thema des Jahres war die Debatte um die Folgekosten der Atomkraft – und wer dafür bezahlen muss: RWE, Eon, Vattenfall und EnBW oder die SteuerzahlerInnen. Hier hat die Anti-Atom-Bewegung wesentlich dazu beigetragen, dass diese Fragen überhaupt öffentlich diskutiert wurden und dass Wirtschaftsminister Gabriel reagieren musste. .ausgestrahlt konnte mit seinen „Sag mal, Eon“-Materialien und dem Aufruf „Wir zahlen nicht für Euren Müll“ dazu einen Beitrag leisten, weil Tausende mitgemacht haben. Als gemeinsamer Teilerfolg bleibt hier, dass es Eon nicht gelungen ist, seine Atomkraftwerke in eine Art „Bad Bank“ auszulagern. Hier die Chronik der Ereignisse: Kampagnen-Chronik – Keine Bad-Bank für AKW
Die Debatte ist noch lange nicht durch. Derzeit berät in Berlin eine Kommission über eine Neu-Regelung der Finanzierung der Atom-Folgekosten. Dort habe ich neulich die .ausgestrahlt-Position mit deutlichen Worten eingebracht. Hier kannst Du sie nachlesen: https://bit.ly/1Ix5Fr3
Wo bleibt der Ausstieg?
Während sich derzeit – zu Recht – viele darüber aufregen, wie Belgien mit seinen Atomkraftwerken umgeht, sind die in Deutschland immer noch laufenden acht alten Reaktoren viel zu wenig Thema in der öffentlichen Debatte. Dabei ist ein beschlossener Atomausstieg noch lange kein umgesetzter. Auch fast fünf Jahre nach den „Ausstiegs“-Beschlüssen ist Deutschland zweitgrößter Atomstromproduzent in der EU und wird es noch auf Jahre bleiben, wenn es uns nicht gelingt, dem wachsenden Risiko früher ein Ende zu bereiten.
Es ist eine erschreckend erfolgreiche PR-Methode, den Weiterbetrieb von Atomkraftwerken einfach „Ausstieg“ zu nennen. Damit lässt sich zumindest ein Teil der kritischen Öffentlichkeit beruhigen. Dabei ist der Beschluss eben nicht die Tat: Wenn ein guter Freund mir freudestrahlend erklärt, er habe beschlossen, 2022 mit dem Rauchen aufzuhören, dann werde ich ihn nicht beglückwünschen, sondern sagen „Hoffentlich erlebst du das überhaupt noch!“
.ausgestrahlt hat 2015 eine Studie veröffentlicht, die zeigt, dass Deutschland sofort auf alle AKW verzichten kann, selbst unter extremsten Rahmenbedingungen: „Der Sofortausstieg ist möglich Studie zeigt: Alle AKW könnten problemlos abgeschaltet werden“
Was passiert mit dem strahlenden Müll?
Das ungelöste Atommüll-Problem war ein zentrales Thema der .ausgestrahlt-Arbeit im abgelaufenen Jahr: Gemeinsam mit der BI Lüchow-Dannenberg veranstalteten wir dazu im Juni eine Tagung in Berlin. Zusammen mit örtlichen Gruppen haben wir den Film „Die Reise zum sichersten Ort der Erde“ in viele Kinos gebracht. Fortgesetzt haben wir unsere Arbeit im Bündnis gegen die geplanten Castor-Exporte von Jülich in die USA – bisher mit Erfolg.
Weitgehend unter Ausschluss öffentlicher Wahrnehmung hat in diesem Jahr die Atommüll-Kommission weiter gearbeitet. Diskutiert wird dort die Atommüll-Lagerung ab dem 22. Jahrhundert. Doch keine/r spricht darüber, was in diesem Jahrhundert mit den strahlenden Abfällen passieren soll, wenn in den 30er und 40er Jahren die Genehmigungen für die Zwischenlagerung in Castor-Behältern auslaufen. Bis dahin wird es mit Sicherheit keinen Ort für eine langfristige Lagerung geben.
In der Kommission ist weiterhin der völlig ungeeignete Salzstock Gorleben ein Favorit für die Einlagerung hochradioaktiver Abfälle. Manche Mitglieder der Runde, die vor Beginn der Kommissionsarbeit noch versprochen hatten, dass Gorleben spätestens bei der Benennung geologischer Kriterien herausfällt, haben dieses Ziel inzwischen weitgehend aufgegeben. Immer öfter taucht stattdessen die absurde Argumentation auf, man könne die geologischen Tatsachen, die faktisch gegen Gorleben sprechen, nicht zu Kriterien für die Standortauswahl machen, weil das ja sonst eine interessengeleitete Entscheidung sei, nur um Gorleben zu verhindern. Zugespitzt formuliert: Alles, was gegen Gorleben spricht, darf keine Beachtung finden, weil es ja sonst gegen Gorleben spräche.
.ausgestrahlt hat im Sommer beschlossen, die intensive kleinteilige kritische Begleitung der Kommissionsarbeit zu beenden und unsere Kräfte anderweitig einzusetzen. Trotzdem werden wir die Ergebnisse der Kommission (Mitte 2016 soll der Abschlussbericht vorliegen) kritisch kommentieren.
Was bedeuten die kommenden Jahrestage?
Das Frühjahr 2016 wird geprägt sein von den Jahrestagen der andauernden Katastrophen in Fukushima und Tschernobyl. An einigen Atom-Standorten sind deshalb größere Demonstrationen geplant. .ausgestrahlt ruft auf zu Mahnwachen in möglichst vielen Orten und zu „NIE WIEDER-Wochen“ mit Aktionen, Veranstaltungen, Ausstellungen etc.: Frühjahr 2016: „5 Jahre Fukushima – 30 Jahre Tschernobyl – Bundesweite Proteste und Aktionswoche“
Wichtig ist .ausgestrahlt, dass die Jahrestage nicht nur Anlass sind, um zurückzublicken. Zusätzlich wollen wir auch die aktuelle Situation in den betroffenen Gebieten beleuchten und vor allem auch die Debatte über die noch laufenden Atomanlagen hierzulande neu befeuern – bis hin zur Verhinderung des geplanten riesigen Steuergeschenks für die AKW-Betreiber pünktlich zu den Jahrestagen.
Es darf einfach nicht sein, dass in der Ukraine, in Weißrussland und in Japan immer mehr Kinder an Krebs erkranken und gleichzeitig die Bundesregierung denjenigen ein Milliardengeschenk zukommen lässt, die hierzulande weiter mit genau diesem Risiko Geschäfte machen. Das wäre nur noch obszön. Wir hoffen, dass es uns mit Hilfe vieler Aktiver in der ganzen Republik gelingt, die SPD dafür zu gewinnen, diesen Wahnsinn in der Koalition zu verhindern.