COP28-Ziel der Verdreifachung der Erneuerbaren nur mit globaler Kurskorrektur erreichbar
Trotz eines Rekordwachstums bei den erneuerbaren Energien im Jahr 2023 ist die Energiewende aufgrund bestehender struktureller Hindernisse und eines beträchtlichen Investitionsdefizits nach wie vor ab vom Kurs.
Ob wir das auf der COP28 vereinbarte globale Ziel einer Verdreifachung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien bis 2030 erreichen, hängt weitgehend von der Schaffung förderlicher Bedingungen für ein derartiges Wachstum ab. Eine Verdreifachung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien bis 2030 ist technisch machbar und wirtschaftlich tragfähig, die Umsetzung erfordert jedoch Entschlossenheit, politische Maßnahmen zur Unterstützung und Investitionen in der benötigten Größenordnung.
„Tracking COP28 outcomes: Tripling renewable power capacity by 2030“ führt vor Augen, dass 2023 ein Rekordjahr für die Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen war: 473 Gigawatt (GW) kamen zum globalen Energiemix hinzu. Die Internationale Agentur für Erneuerbare Energien (IRENA) kommt jedoch zu dem Schluss, dass es systemische und strukturelle Barrieren für die Energiewende zu überwinden gilt, um die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien verdreifachen zu können.
Die sich verändernden politischen Rahmenbedingungen, geopolitische Verschiebungen und sinkende Kosten haben Impulse für den raschen Ausbau der erneuerbaren Energien auf den Märkten weltweit gesetzt. Eine Verdreifachung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien setzt jedoch gemeinsame Anstrengungen zur Optimierung der Infrastruktur, der politischen Maßnahmen und personellen Kapazitäten voraus, die mit einer Mittelaufstockung und engeren internationalen Zusammenarbeit einhergehen müssen, so der heute beim Berlin Energy Transition Dialogue präsentierte World Energy Transitions Outlook der IRENA.
Bis 2030 ist ein jährlicher Kapazitätszuwachs erneuerbarer Energien von nahezu 1.100 GW im Schnitt erforderlich, d. h. der Rekordwert von 2023 muss sich mehr als verdoppeln. Die jährlichen Investitionen in die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien müssen sich zwischen 2024 und 2030 im Durchschnitt von 570 Mrd. USD im Jahr 2023 auf 1550 Mrd. USD erhöhen.
Francesco La Camera, Generaldirektor von IRENA, dazu: „Nach dem historischen Konsens der VAE auf der COP28 über die Verdreifachung der erneuerbaren Energien führt diese Kapazitätserweiterung – trotz des Rekordwertes – klar vor Augen, dass wir noch weit vom Ziel entfernt sind. In ihrer Funktion als Überwachungsagentur verfolgt die IRENA jedes Jahr den Fortschritt bestimmter Schlüsselindikatoren. Unsere Daten bestätigen, dass es an Fortschritt mangelt und die Energiewende nach wie vor stagniert. Wir brauchen unbedingt einen systemischen Wandel weg von fossilen Brennstoffen, um wieder auf den richtigen Kurs zu kommen und das Ziel der Verdreifachung in Reichweite zu halten.“
Derzeit sind wir noch weit von diesem Ziel entfernt: Weitere 7,2 Terrawatt (TW) an erneuerbaren Energien müssten bis 2030 zugebaut werden, um die erforderlichen 11 TW zu erreichen. Laut aktuellen Prognosen bleibt das Ziel jedoch ohne politische Sofortmaßnahmen unerreichbar. So müssen etwa die G20-Staaten ihre Kapazität an erneuerbaren Energien von weniger als 3 TW im Jahr 2022 auf 9,4 TW im Jahr 2030 erhöhen – das entspricht mehr als 80 % der weltweiten Gesamtkapazität.
Investitionsschübe bei Infrastruktur und Systembetrieb (z. B. Stromnetze, Speicher), überarbeitete politische Strategien und Vorschriften (z. B. Gestaltung des Strommarktes und einfachere Genehmigungsverfahren), Maßnahmen zur Stärkung der Lieferketten und zur Förderung der nötigen Kompetenzen sowie eine erhebliche Mittelaufstockung – auch öffentlicher Mittel durch internationale Zusammenarbeit – sind unerlässlich.
Trotz des beträchtlichen Potenzials erneuerbarer Energien entfallen auf Entwicklungsländer unverhältnismäßig wenig Investitionen. Die weltweiten Investitionen in die Energiewende erreichten im Jahr 2023 zwar ein Rekordhoch von über 2 Billionen USD, aber nur etwas mehr als die Hälfte davon kam Schwellen- und Entwicklungsländern zugute. Lediglich 15 % der weltweiten Investitionen in erneuerbare Energien entfielen auf 120 Entwicklungsländer, davon auf Subsahara-Afrika weniger als 1,5 %, obwohl es den höchsten Bevölkerungsanteil ohne Zugang zu Energie aufweist.
Im Gegensatz dazu wurden fossile Brennstoffe im Jahr 2022 mit rund 1,3 Billionen USD subventioniert. Dies entspricht dem jährlichen Investitionsbedarf für die Erzeugungskapazität aus erneuerbaren Energien, um das Ziel einer Verdreifachung bis 2030 zu erreichen. Ein wesentlicher Aspekt des 1,5°C-Szenarios der IRENA ist, dass die verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien mit einer entsprechenden Abnahme der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen einhergehen muss. Wir sind bei beiden im Rückstand. Allein die G20-Staaten gaben im Jahr 2022 eine Rekordsumme von 1,4 Billionen USD an öffentlichen Geldern für die Förderung fossiler Brennstoffe aus – ein direkter Widerspruch zur Zusage auf der COP28, sich zum schrittweisen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen zu verpflichten.
Eine stärkere internationale Zusammenarbeit ist Voraussetzung, um den Ländern des Südens Mittel zuzusichern und das vereinbarte Ziel einer Verdreifachung einzuhalten. Die Länder in Subsahara-Afrika leiden unter den höchsten Finanzierungskosten der Welt. Es bedarf daher unbedingt einer verstärkten internationalen Zusammenarbeit, auch mit der Beteiligung multilateraler Entwicklungsbanken, in der öffentlichen Mitteln einer gewichtigere Rolle zukommt.
Der strategische Einsatz öffentlicher Mittel ist ein wesentlicher Faktor, um entsprechende Investitionen anzuziehen und eine inklusive Energiewende zu ermöglichen, die sozioökonomische Vorteile für alle bringt. Hierzu sind strukturelle Reformen vonnöten, auch bei multilateralen Finanzierungsmechanismen, um die Energiewende in den Entwicklungsländern wirksam zu unterstützen.
- Lesen Sie Tracking COP28 outcomes: Tripling renewable power capacity by 2030
- Lesen Sie World Energy Transitions Outlook 2023: 1.5°C Pathway
Quelle
Internationale Agentur für Erneuerbare Energien (IRENA) 2024