Die Energiewende als Billigmacher
Ein Vergleich der Energiekosten von „fossilen“ und „grünen“ Haushalten zeigt deutliche Kostenvorteile für letztere. Mieter sind hier allerdings noch stark im Nachteil.
Die Energiewende mit dem Ziel Klimaneutralität wird von der Mehrheit der Deutschen befürwortet, das zeigen Umfragen immer wieder. Vor allem Hauseigentümer, aber auch immer mehr Mieter werden hier auch selbst aktiv, wie zum Beispiel der aktuelle Boom der Balkon-Solaranlagen zeigt.
Umstritten ist jedoch, ob sich die Umstellung der Energieversorgung und ‑nutzung auf „Grün“ auch finanziell lohnt. Stichworte sind hier: Photovoltaik plus Speicher- statt Normalstrom, Wärmepumpe statt Gas oder Öl, Elektroauto statt Verbrenner.
Eine neue Untersuchung zeigt nun, dass in der Gesamtkostenrechnung Haushalte, die Energie aus nachhaltigen Quellen intelligent nutzen, langfristig tatsächlich günstiger wegkommen als vergleichbare Haushalte, die vor allem fossile Energie beziehen.
Einen Energieversorger zu wählen, der 100 Prozent Ökostrom liefert, ist einfach und oft auch nicht teurer, als beim „Normalstrom“ zu bleiben. Auch die Beteiligung an einer Solar- oder Windstrom-Genossenschaft ist schon für ein paar hundert Euro möglich.
Doch wer die Energiewende im eigenen Haus oder der Wohnung aktiv betreiben will, hat oft hohe Anfangsinvestitionen zu schultern. Photovoltaik-Anlagen mit Stromspeicher kosten 10.000 Euro aufwärts, Wärmepumpen auch nach Förderung noch doppelt so viel wie Erdgas-Thermen, und E‑Autos sind deutlich teurer als Verbrenner und Diesel.
Diese nötigen Anfangsinvestitionen lassen viele glauben, dass der Umstieg auf Öko-Energien zwar moralisch richtig, aber eben zu teuer ist. Die neue Studie des Beratungsunternehmens DIW Econ liefert einen Langfrist-Kostenvergleich, und dieser zeigt laut der Auswertung, dass das Gegenteil zutrifft.
Dafür wurden in einem statischen Modell die finanziellen Aufwendungen für die Bereiche Grundbedarf, Heizen und Mobilität über 25 Jahre berechnet. DIW Econ ist eine Tochter des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin. Auftraggeber der Studie war das Berliner Solarstrom-Unternehmen Enpal.
Höhere Investitionskosten ermöglichen niedrigere laufende Kosten
Ein typischer Haushalt mit Einfamilienhaus kann nach der Untersuchung in den 25 Jahren durchschnittlich mehr als 100.000 Euro durch die Komplettumstellung auf Ökoenergien einsparen, was 19 Prozent der Gesamtkosten entspricht.
Dabei ging DIW Econ davon aus, dass der Haushalt eine Solaranlage mit Stromspeicher installiert, die Erdgas-Heizung durch eine Wärmepumpe ersetzt und auf E‑Mobilität umsteigt, wobei Heizung und Fahrzeug soweit möglich mit dem selbst produzierten, vergleichsweise günstigen Strom betrieben werden, und ein intelligentes Energiemanagement genutzt wird.
Die höheren Investitionskosten ermöglichen niedrigere laufende Kosten, etwa durch die eigene Nutzung und vergütete Netzeinspeisung des erzeugten Stroms. Allein die Wärmepumpe bringt hier im Mittel Einsparungen von 73.000 Euro, die Elektromobilität steuert 26.500 Euro bei. Unter dem Strich gleichen die geringen laufenden Kosten die Zusatzinvestitionen aus, und nach der Amortisation der Anlagen spart die „Energiewende zu Hause“ also Geld ein.
Die Modellannahmen wurden laut DIW Econ „tendenziell konservativ getroffen“, damit ist gemeint, dass die Kostenvorteile der Haushalte mit Ökoenergie in der Berechnung eher unter- als überschätzt werden. Dadurch bleibe das Ergebnis auch dann robust, wenn bestimmte Annahmen verändert werden.
DIW-Projektleiterin Anne-Christin Winkler bilanziert: „Der Kostenvergleich lässt darauf schließen, dass die Klimawende im Eigenheim aus finanzieller Perspektive attraktiv ist.“ Und die Ökonomin betont, es profitierten nicht nur Haushalte, die viel Geld in eine nachhaltige Ausstattung investieren. Tatsächlich könnten die unterschiedlichsten Haushalte einen finanziellen Vorteil erwarten.
Vattenfall-Umfrage kommt zu ähnlichen Ergebnissen
Drei Haushaltstypen wurden dafür untersucht. Typ 1 tätigt nur kleinere Investitionen und konsumiert sparsam, Typ 2 entspricht in seinen Konsummustern in etwa einem typischen deutschen Haushalt, während Typ 3 ein ausgeprägteres Investitionsverhalten aufweist.
Am höchsten fallen die Einsparungen mit 104.000 Euro bei Typ 2 aus, am geringsten bei Typ 1. Interessant: Auch Typ 3, der überdurchschnittlich viel Geld investiert, schneidet schlechter als der Normalo-Haushalt ab.
Die DIW-Untersuchung passt übrigens gut zu einer Umfrage, die der Energiekonzern Vattenfall Ende 2023 veröffentlicht hat. Danach sichern sich die Menschen in Deutschland zunehmend mit Anschaffungen in den eigenen vier Wänden gegen die Folgen der Energiekrise ab – oder planen, hier aktiv zu werden.
Danach haben bereits 36 Prozent der Hauseigentümer in eine Solaranlage investiert, und weitere 45 Prozent können sich das vorstellen. Auch E‑Autos gewinnen laut der Umfrage an Beliebtheit, 39 Prozent der Befragten planen eine Anschaffung.
Relativ gering ist hingegen die Neigung, auf Wärmepumpen umzusteigen. 58 Prozent der Hauseigentümer wollten hier nicht investieren.
Ein Problem bleibt weiterhin, dass Mieter bisher nur wenig Möglichkeiten haben, vergleichbar aktiv wie Eigenheimbesitzer in die Energiewende zu investieren. Hier bliebt für den Staat und die Vermieter noch einiges zu tun.
Immerhin plant die Ampel-Bundesregierung in ihrem „Solarpaket eins“, die Nutzung von solarem „Mieterstrom“, der auf Mehrfamilienhäusern oder Gewerbeimmobilien produziert wird, zu vereinfachen, ebenso die Installation von Balkon-Solaranlagen durch Mieter. Die Verabschiedung dieses Pakets hat sich lange verzögert, steht aber nun offenbar kurz bevor.
Quelle
Der Bericht wurde von der Redaktion „klimareporter.de“ (Joachim Wille) 2024 verfasst – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung (post@klimareporter.de) weiterverbreitet werden!